Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
Vom Netzwerk:
Mädchen, Sylvie.«
    »Lieben Sie Ihre Frau nicht mehr?«
    »Nein«, antwortete Marcel ruhig. »Wir leben in Scheidung. Sie will es nicht akzeptieren, aber es ist besser so.«
    Nadja beugte sich zu ihm herüber.
    »Sie dürfen Ihre Frau nicht verlassen.«
    Marcel beugte sich zu ihr und küsste sie. Momo, ganz damit beschäftigt, einen Ameisenhaufen zu zerstören, sah nicht zu ihnen.
    Die Augen fest an sein Fernglas gepresst, wippte der kleine Mann mit der Fußspitze.
    »Kein Kind von Traurigkeit, unser Marcel, ein richtiger Draufgänger, jawohl! Madeleine wird sich freuen, wenn sie das erfährt .«
    An den schwarzen Geländewagen gelehnt, den er sich in der Werkstatt ausgeliehen hatte, trank er sein lauwarmes Bier, dann zerdrückte er die Dose in einer Hand.
    Marcel würde weniger lachen, wenn er seine Tussi in Scheiben geschnitten vorfände, und auch das Kind würde hübsch zugerichtet sein, dafür verbürgte er sich.
    In seinem stetig wachsenden Hass, wünschte sich der kleine Mann für einen Augenblick, in das Fleisch all seiner Freunde zu schneiden, all derer, die sich um ihn kümmerten, ihm zulächelten, ihm freundschaftlich auf die Schulter klopften. Er würde ihnen mit ihrer Freundlichkeit das Maul stopfen, und zwar mit Hammerschlägen.
    Ich weiß, dass mein Äußeres täuscht. Dass mein kleiner Wuchs sie zu freundlicher Nachsicht treibt. Aber sie wissen nicht, wie stark ich bin. Muskelkraft und Geisteskraft, völlig durchtrainiert, Schnelligkeit und Tatendrang. Euer Lächeln ist wie eine Ohrfeige. Wenn Maman da wäre, würde sie es nicht zulassen, dass sich irgendjemand über mich lustig macht. Niemals.
    Als er an seine Mutter dachte, fröstelte ihn kurz. Er schüttelte den Kopf und griff wieder zum Fernglas. Sie räumten die Picknickreste ein. Momo hüpfte lachend um sie herum. Nadja kämmte ihre langen dunklen Locken. Marcel schnäuzte sich. Man musste schon so blöd sein wie der arme Marcel, um sich mitten im August einen Schnupfen einzufangen. Der durchdringende Lärm der Zikaden ging ihm auf die Nerven. Er träumte kurz von einer Napalmwolke, die die Olivenbäume in Brand setzen würde. Dann stieg er wieder in seinen Geländewagen und hielt sich zum Losfahren bereit.
    »Komm, Momo, wir gehen …«
    »Jaaa, ich komme … Warum hast du dasselbe hässliche Auto?«
    »Dasselbe hässliche Auto wie wer?«
    »Wie der Wolf .«
    »Was sagst du da, Momo?«
    »Ich habe gesagt: Warum hast du dasselbe hässliche Auto, warum willst du meine Mutter heiraten?«
    »Momo, das reicht!«
    Nadja wollte ihm eine Ohrfeige verpassen, doch er wich geschickt aus. Marcel machte eine beschwichtigende Geste.
    »Habe ich dasselbe Auto wie er?« »Ja. Und warum hast du einen Schnauzbart wie Asterique?«
    »Asterique?«
    »Er meint Asterix. Momo, du kriegst gleich Prügel .«
    »Mir egal, ich erzähle Großvater, dass du den Polizisten geküsst hast .«
    »Momo!«
    Nadja versuchte sich an einer weiteren Ohrfeige, verfehlte ihn aber. Marcel fuhr los. Endlich ein konkreter Hinweis. Was auch immer Jean-Jean davon halten mochte, er spürte, dass die beiden Fälle miteinander zu tun hatten. Davon musste er ihn überzeugen.
    Auch der kleine Mann fuhr los, folgte ihnen im Abstand von etwa dreihundert Meter; sein Gesicht war durch die getönte Scheibe und die verspiegelte Sonnenbrille geschützt. Der Zorn nagte an ihm wie Säure. Er hatte den metallischen Geschmack von Blut im Mund. Sobald sie die Stadt erreicht hatten, bog er ab, um nach Hause zu fahren.
    Nachdem er Nadja und Momo abgesetzt hatte, fuhr Marcel pfeifend zu dem kleinen Mann, um ihm den Lieferwagen zurückzubringen. Anschließend wollte er auf dem Revier vorbeigehen, um zu sehen, ob Jean-Jean da war. Madeleine und die Kinder würden nicht vor neun oder zehn Uhr abends zurückkommen, er hatte also Zeit. Er musste Jean-Jean über den Wagen des Verdächtigen informieren.
    Der kleine Mann öffnete ihm sofort. Auch er schwitzte.
    »Komm rein, Marcel, willst du ein Bier?«
    »Ja, gerne, ich komme um vor Durst.«
    »Na, wie war die Spazierfahrt?«
    »Geruhsam . Und was hast du gemacht?«
    »Siesta!«
    Der kleine Mann warf ihm eine gut gekühlte Bierdose zu, die Marcel im Flug auffing. Sie tranken schweigend. Es war angenehm in dem Zimmer mit den geschlossenen Fensterläden. Im Hintergrund lief der Fernseher. Marcel trank sein Bier aus und wischte sich den Mund ab.
    »Gut, ich muss los …«
    »Willst du noch eines?«
    »Keine Zeit, ich muss auf dem Revier vorbei …«
    »Arbeitest du

Weitere Kostenlose Bücher