Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
Vom Netzwerk:
der am Fußende?«
    Marcel hob drohend die Faust, der kleine Mann zog unterwürfig den Kopf ein.
    Rühr mich an, Marcel, rühr mich nur an, und du bist ein toter Mann.
    »Entschuldige, war nur so dahingesagt .«
    Marcel zuckte die Schultern und ging mit großen Schritten davon. Als er die Grünanlage erreichte, zupfte ihn eine alte Frau am Ärmel; sie trug einen Nylonponcho und schob einen Einkaufswagen voller Tüten vor sich her.
    »He.«
    »Was? Ach Sie sind es. Ich hab's eilig.«
    Marcel kannte sie vom Sehen. Eine alte, schwarze Prostituierte, die auf der Straße lebte. Sie arbeitete in den Kinos. Schnelle, gute Arbeit. Mit ihrer bunten Wollmütze, die sie sommers wie winters trug, ihrem Einkaufswagen und ihrem Poncho war sie stadtbekannt. Letzte Woche hatte er sie aus den Fängen einer Bande aggressiver Herumtreiber befreit, die ihr ans Zeug wollten. Es war das erste Mal, dass er sie wirklich ansah, und er fand sie nicht hässlich. Schöne graue Augen hinter den runden Brillengläsern. Man hätte nie gedacht, dass sie auf den Strich ging. Hinter seinem Rücken schlug die Tür zum Haus des kleinen Mannes zu.
    »Haben Sie sich wegen der Dame gestritten?«, flüsterte sie.
    »Ja, aber .«
    »Er hat gelogen, sie war da, ich habe sie gesehen .«
    »Was?«
    »Sie ist gestern Nachmittag gekommen. Er war nicht zu Hause. Ich habe auf der Bank in der Grünanlage geschlafen. Und dann bin ich vom Höllenlärm dieses Lastwagens aufgewacht. Da habe ich sie gesehen. Vor dem Fenster.«
    »Und dann?«
    Unbewusst hatte auch Marcel die Stimme gesenkt. Sie flüsterten in der Dunkelheit.
    »Dann ist der Lastwagen vorbeigefahren, und ich habe gesehen, wie sie ins Haus geklettert ist, sie hat eine Scheibe eingeschlagen.«
    Das zerbrochene Küchenfenster!
    »Ist sie wieder rausgekommen?«
    »Ich habe sie nicht herauskommen sehen.«
    »Wie sah sie aus?«
    »Etwas füllig, blond, mit einem rosafarbenen Bolero.«
    »Madeleine! Der Mistkerl!«
    In seiner Erregung hatte er ihren Arm ergriffen und schüttelte ihn. Sie machte sich vorsichtig frei. Marcel drehte sich zu dem Haus des kleinen Mannes um, dessen Fenster in der Nacht leuchtete wie das böse Auge einer einäugigen Katze.
    »Viel Glück«, flüsterte die Alte, als er sich zum Gehen umwandte.
    Sie mochte den kleinen Mann mit seinem Blick, der so kalt war wie Raureif, nicht.
    »Danke«, antwortete Marcel automatisch.
    Schon war er am Tor, stieß es auf und klingelte an der Tür, bemüht, seine Wut zu beherrschen.
    Der kleine Mann öffnete ihm langsam, seine Brillengläser funkelten auf dem schweißglänzenden Gesicht.
    »Was ist denn nun schon wieder?«
    Noch ehe er ausgesprochen hatte, hatte Marcel ihn zu Boden geworfen und stand jetzt über ihm, bereit, zuzuschlagen.
    »Du bist verrückt, du bist verrückt, Marcel!«, protestierte der kleine Mann.
    »Du dreckiger Lügner, sie war gestern Nachmittag hier, sie wurde gesehen! Ich schlage dir die Fresse ein!«
    »Und woher soll ich wissen, wann sie hier war? Ich war gestern Nachmittag nicht da, ich war in der Werkstatt! Ich war in der Werkstatt, hörst du?«
    Marcel, der ihn an der Kehle gepackt hatte, ließ ihn los.
    Der kleine Mann rieb sich den Hals. Die Wunde, die ihm Madeleine zugefügt hatte, war wieder aufgeplatzt und blutete. Im Auto lag Georges . Er musste eine glaubhafte Geschichte erfinden, und zwar schnell. Marcels Atem ging heftig, seine Fäuste waren geballt. Gefahr.
    Plötzlich stürzte Marcel in die Küche. Dem kleinen Mann stockte der Atem, er sprang auf und folgte Marcel, der anklagend vor der zerbrochenen Fensterscheibe stand:
    »Und warum ist sie durch das Fenster eingestiegen, warum? Was wollte sie?«
    Die breiten Hände wie zum Angriff vorgestreckt, rannte er wieder auf den kleinen Mann zu.
    Ist das ein Albtraum oder was?
    »Hör zu, Marcel, ich werde es dir erklären.«
    Hätte ich nur daran gedacht, das Springmesser einzustecken, ehe ich die Tür geöffnet habe. Das Fleischmesser liegt zwar im Spülbecken, aber dieser Idiot von Marcel steht genau davor. Andererseits, einen Bullen bei mir zu Haus umlegen …
    »Ich werde es dir erklären, beruhige dich .«
    Etwas erfinden, etwas Gutes, an dem er lange zu beißen hätte.
    »Madeleine hatte einen Liebhaber.«
    »Lügner!«
    Oh, sein Gesicht, nein, dieses Gesicht! Das war köstlich! Schreien:
    »Ich schwöre es dir! Ich schwöre es dir, Marcel, schlag mich nicht!«
    »Woher weißt du das? Los, raus mit der Sprache!«
    »Ich habe ein Foto gefunden, von ihm und ihr. In

Weitere Kostenlose Bücher