Der Puppendoktor
Leiche seiner Mutter, und er halb tot vor Hunger und Kälte. Es war Winter, ich erinnere mich . Aber dann .«
»Aber dann, was?«, fragte Marron, der ganz offensichtlich nicht mehr mitkam.
Georges hatte immer schon zu denjenigen gehört, die sich zu viele Fragen stellten.
»Der Bursche, den ich heute Nachmittag verhört habe, das ist vielleicht dieser Junge, vom Alter her würde es hinkommen.«
»Es ist vielleicht nur derselbe Name. Und der verkohlte Mann, wer war der?«
»Ein Nachbar, wenn ich mich recht entsinne, ein guter Freund der Mutter, so der Junge, du weißt, worauf ich hinaus will. Er hat es nicht mehr aus dem Schlafzimmer geschafft, der Blitz ist durchs Fenster gekommen, und zack bumm!«, schloss Georges mit einer tragischen Geste.
»So ein Blitz ist was Heimtückisches«, stimmte Marron zu. »Gut, spielen wir die Partie nun zu Ende oder nicht?«
»Nein, ich muss nach Hause. Ich glaube, ich habe irgendwo noch die alten Notizbücher aus der Zeit. Ciao, Marron.«
Der alte und gewissenhafte Georges trat hinaus ins milde Dämmerlicht.
KAPITEL 12
Im milden Dämmerlicht legte der kleine Mann den ersten Gang ein und folgte ihm. Der alte Georges hatte an diesem Abend eine Verabredung. Seine letzte.
Georges ging an der Brücke vorbei und bog in die ruhige Straße ein. Es wurde langsam dunkel. Abseits vom belebten Stadtzentrum schien dieses Viertel wie ausgestorben. Der Duft nach Jasmin war wie eine letzte Liebkosung.
Georges hörte das Auto hinter sich bremsen. Er wandte sich um, wie immer bereit, einem Touristen eine Auskunft zu geben. Die Tür öffnete sich, und er beugte sich vor. Die große Schere wurde kraftvoll in seinen Adamsapfel gestoßen. Georges fiel vornüber, und die spitzen Klingen bohrten sich noch tiefer in sein Fleisch. Blut quoll aus seinem Mund auf die Plastikplane, die der kleine Mann auf dem Beifahrersitz ausgebreitet hatte. Er zerrte Georges ins Auto und zog die Tür mit einem kräftigen Schlag zu. Er warf seinen Blouson über den Sterbenden und drehte das Radio auf, um sein Röcheln zu übertönen.
Der alte Georges zuckte mehrmals und gab gurgelnde Laute von sich. Der kleine Mann schlug ihm zwei-, dreimal mit der Faust auf den Kopf, bis die Spitze der Schere im Nacken des alten Polizisten wieder heraustrat. Er rührte sich nicht mehr. Jetzt kam der kritische Teil. Wenn er in eine Polizeikontrolle geriete oder in einen Unfall verwickelt würde, wäre er geliefert. Er fuhr langsam und achtete sorgfältig auf den Verkehr, die Passanten, die Schatten …
Diese dumme Kuh von Madeleine hatte die Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt. Jetzt ging es nicht mehr ums Vergnügen, sondern ums Überleben. Und falls man ihn wegen dieses Idioten von Marcel und seinem Ehegespons schnappen sollte, würde er vorher das Gör fertig machen. Er liebte Repressalien.
Zu Hause angekommen, wollte er gerade den alten Georges ausladen, als ihm plötzlich das Blut in den Adern gefror. Vom Gartentor löste sich eine Gestalt und kam auf ihn zu. Marcel! Er durfte sich nicht nähern. Er stieg eilig aus und ging ihm entgegen.
Verdammt, die Schere steckt noch in dem Hals des Alten! Sich devot geben. Beunruhigt und überrascht, ihn mit ausgestreckten Armen begrüßen.
»Was machst du denn hier, Marcel?«
»Ich habe auf dich gewartet. Ich habe die Kinder zu Madeleines Schwester gebracht. Hör zu, ich bin sicher, dass ihr etwas passiert ist.«
Hat dieser Idiot es doch erraten! Die Augen aufreißen als Zeichen der Aufrichtigkeit.
»Aber nein, das bildest du dir nur ein .«
»Du bist der Letzte, der mit ihr gesprochen hat, hat sie dir etwas erzählt?«
Was hätte sie mir schon erzählen sollen?
»Nein, das habe ich dir doch schon gesagt! Los, komm rein, willst du was trinken?«
»Nein, nein, ich bin mit Nadja verabredet. Ich habe keine Zeit.«
»Und wenn Madeleine zurückkommt? Die wird sich freuen, dass du mit Nadja zusammen bist.«
Rums! Das saß!
»Wenn du ihr nichts gesagt hättest, hätte sie es nie erfahren, und sie wäre noch da«, knurrte Marcel.
Überzeugend protestieren.
»Marcel!«
»Halt mich doch nicht für blöd, ich habe nachgedacht und bin sicher, dass du ihr alles erzählt hast. Übrigens warst du ja auch der Einzige, der Bescheid wusste. Du bist ein Drecksack!«
Provozier mich nicht, Junge. Schon gar nicht heute Abend.
»Du spinnst ja.«
Das Thema wechseln.
»Wo triffst du dich mit Nadja?«
»Sie kommt zu mir. Ich will zu Hause sein, falls Madeleine anruft.«
»Und der Kleine? Sitzt
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