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Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Lukka verschwieg allerdings, dass Britta Lässler in Bens Begleitung gewesen war und er sie ins Haus gerufen hatte, weil Ben auf dem Weg tobte.
    Der Dienststellenleiter persönlich machte sich sofort auf den Weg zum Lässler-Hof. Er traf nur Antonia und Tanja Schlösser an. Von Antonia hörte er, dass seit dem vergangenen Abend das halbe Dorf auf den Beinen war und man bisher keine Spur von ihrer Tochter gefunden hatte. Tanja Schlösser erklärte, sie habe Britta bis zur Abzweigung begleitet. Dass damit die Abzweigung zum Schlösser-Hof gemeint war, erfuhr er nicht. So musste er davon ausgehen, Britta Lässler sei auf den letzten achthundert Metern zwischen Lukkas Bungalow und ihrem Elternhaus verschwunden. Und da gab es theoretisch nur eine Möglichkeit – ein Auto.
    Kurz vor drei am Montagnachmittag wurde ich verständigt.
    Von Ben war dabei mit keinem Wort die Rede. Ich habe Jahre gebraucht, um alle Fakten zusammenzutragen.
     
    Als ich die Ermittlungen aufnahm, lag Ben hinter verschlossener Tür auf seinem Bett, müde und zerschlagen, verwirrt und verängstigt. Trude saß in der Küche, aß nicht, trank nicht, dachte nicht, schwebte nur haltlos über dem Abgrund. Antonia hatte dafür gesorgt, dass sie von der Polizei unbehelligt blieb. Der Dienststellenleiter hatte Antonia so verstanden, dass Tanja Schlösser nur deshalb auf dem Lässler-Hof war, weil ihre Mutter – alsoTrude – einen Herzanfall erlitten hatte, als sie von Brittas Verschwinden hörte. Man ging davon aus, Trude sei im Krankenhaus.
    Und Jakob war draußen. Er war vom Lässler-Hof aus nicht zurück nach Hause gefahren, hatte nicht getan, worum Antonia ihn gebeten hatte. Es waren zu viele Leute unterwegs, um Ben das Fahrrad durch die Gegend schieben zu lassen. Aber das war nur einer von vielen Gründen. Bis zum frühen Nachmittag beteiligte Jakob sich noch an der Suche. Als die ersten Uniformen im Gelände auftauchten, fuhr er zum Baumarkt Wilmrod. Den Dienstag hätte er gerne freigenommen. Das ginge nur am Nachmittag, wurde ihm gesagt.
    Am Montagabend fuhr er mit steifem Herzen zuerst heim, schaute kurz nach Trude, sah sie reglos am Tisch sitzen, überzeugte sich, dass Ben in seinem Zimmer war, und fuhr zum Lässler-Hof. Immer noch seltsam berührt von Antonias Haltung, erhoffte er sich ein ähnliches Entgegenkommen von Paul. Aber mit Paul war nicht zu reden.
    Jakob streichelte seine Tochter, die neben Paul auf der Couch saß, mit Blicken. «Ich möchte sie gerne wieder mitnehmen», sagte er. «Damit Trude jetzt nicht alleine ist. Es geht ihr nicht gut. Und ich muss morgen früh zur Arbeit.»
    Paul legte einen Arm um Tanjas Schultern und zog sie an sich. «Sie bleibt hier, bis meine Kleine wieder da ist. Das ist gerecht, oder?»
    «Das kannst du nicht machen», sagte Jakob.
    «Ich kann noch viel mehr machen», erklärte Paul. «Ich mache dir einen Vorschlag. Wenn du dafür sorgst, dass Ben in eine Anstalt kommt, können wir weiterreden. Heinz war am Nachmittag hier und hat die Hand für ihn gehoben. Wenn Ben nicht mehr hier ist und es weitergeht,kann ich auch schwören, dass er keinem Menschen etwas antut. Aber wenn es dann aufhört, haben wir getan, was schon viel früher hätte getan werden müssen.»
    «Hör nicht auf ihn, Jakob», sagte Antonia. «Ich glaube, Heinz hat recht. Wer uns das antut, muss einen furchtbaren Hass auf uns haben. Und Ben weiß nicht, was Hass ist. Hat er dir gezeigt, wo er das Rad gefunden hat?»
    Jakob konnte ihr darauf nicht antworten, er schüttelte nur den Kopf und ging.

ANTONIAS SÜNDEN
    Wäre Britta Lässler vier Jahre früher etwas zugestoßen, hätte kaum einer im Dorf Mitleid mit Paul und Antonia gehabt. Es war das Jahr, in dem Jakob das Vieh verkaufte, seine Ländereien verpachtete und auf den Gabelstapler in Wilmrods Baumarkt stieg.
    Es war ein schlimmes Jahr für Jakob. Die Arbeitsgemeinschaft mit Paul und Bruno, die sich lange Zeit bewährt hatte, war aufgelöst worden. Toni von Burgs Beispiel hatte Schule gemacht. Spezialisierung hieß das Zauberwort. Sogar Richard Kreßmann war auf den Geschmack gekommen, schaffte den kompletten Viehbestand ab und widmete sich nur noch dem Ackerbau. Da hatten seine Arbeiter wenigstens am Wochenende frei.
    Paul konzentrierte sich auf die Schweinemast, nur den Futtermais baute er noch selbst an. Bruno verlegte den Schwerpunkt auf Milchwirtschaft und Zuckerrüben. Nur Jakob tat noch von allem etwas. Für teure Investitionen fehlte das Geld. Und auch ein hochmoderner

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