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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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verschwunden, in einer Minute sollte, so war es verabredet, Tom aufsteigen und sich melden. Aber die Zeit verstrich, kein Ruf kam.
    Michael wartete fünf Minuten. Gerade wollte er Erich bitten, die Flugschwingen anzulegen und nachzusehen, ob den beiden etwas zugestoßen sei, da ertönte Toms Stimme.
    „Wir sind schon auf dem Rückweg“, meldete er, „wir haben die Zeit verpaßt. Mara hat eine wichtige Entdeckung gemacht – das heißt, sie glaubt es, sie muß es erst noch nachprüfen. Bis gleich.“
    Michael war unsicher, wie er sich verhalten sollte. Er merkte plötzlich, daß es ihm neuerdings peinlich war, anderen etwas Unangenehmes zu sagen, und er entdeckte bei dieser Gelegenheit, welch großer Unterschied es ist, ob man als Gleichgestellter im Kollektiv eine sachliche Kritik äußert oder ob man als, nun ja, als Vorgesetzter, jemanden zurechtweist. Er hatte das bedrückende Gefühl, er wirke dabei komisch. Kein Wunder, er übte ja zum erstenmal so etwas wie eine Leitungsfunktion aus. Ach was, dachte er und verwarf seine Hemmungen, wenn man etwas wohlüberlegt tut, kann es nicht ganz falsch sein. Was täte der Kommandant in einem solchen Fall? Er würde die Dinge nach ihrer Wichtigkeit ordnen – also zuerst die Entdeckung, dann den Vorstoß. Und vor allem nicht persönlich werden! Wer den Gekränkten spielt, kränkt andere…
    Michael war noch nicht mit seinen Überlegungen zu Rande gekommen, als die beiden Säumigen eintrafen.
    „Ich muß nur schnell drei Dinge überprüfen, dann berichte ich euch!“ sagte Mara und stürzte an ihren Arbeitsplatz. Fünf Minuten lang hantierte sie mit Mikroskop und chemischen Reagenzien. Dann lehnte sie sich zurück und atmete tief. Alle sahen sie gespannt an.
    „Die Spritzflaschen dort in jenem Tal unterscheiden sich äußerlich etwas von denen, die wir bisher untersucht haben. Es sind nur Kleinigkeiten in der Form der Blätter, in ihrem Ansatz und so weiter, aber sie fielen mir sofort auf. Das brachte mich auf einen Gedanken. Mein Vater hat bekanntlich drei Varianten errechnet für die Mutationsketten, die zum Riesenwuchs geführt haben könnten. Alle bisher untersuchten Pflanzen entsprachen den Varianten B und C, und zwar traten beide stets zusammen auf. Die wir heute gefunden haben, entsprechen der Variante A, und zwar alle.“
    „Sie hat mich ganz schön gescheucht“, warf Tom ein, „mindestens ein Dutzend Flaschen hab ich angeschnippelt!“
    „Weiter“, sagte Mara ungeduldig. „Die Böden, auf denen B und C wuchsen, waren, wie zu erwarten, tote Böden, frei von biologischer Substanz, wenn man die Verwesungsprodukte der Spritzflaschen nicht rechnet. Dieser Boden hier enthält Bakterien.“ Erich Braune stieß einen Pfiff aus.
    „Wo kommen die her?“ fragte Michael überrascht. So viel hatte er von der Problematik des Unternehmens RELAIS schon begriffen, um die Bedeutung dieser Entdeckung zu verstehen.
    „Aus unserer Produktion stammen sie nicht“, sagte Mara, „ich glaube auch nicht, daß es Abkömmlinge der bei uns gezüchteten Bakterien sind. Die Kernfrage ist also wirklich, woher sie kommen.“
    „Ich hätte eine Vermutung“, sagte Erich. „Bisher haben wir jenseits des Gebirges gearbeitet. Der Wind weht in der Hauptsache von hier nach drüben, die niedrigen Wolken regnen sich hier ab. Zwischen unserem Standort und dem Meer liegt kein Hochgebirge. Im Meer gibt es aber Leben. Also können Keime jenes Lebens bis hierher getragen worden sein, die dann mit dem Regen in den Boden gelangten.“
    Mara wiegte den Kopf so, wie es manchmal ihr Vater tat. „Da könnte etwas dran sein. Das würde aber bedeuten…“ Sie sah Michael nachdenklich an.
    „Ja?“ fragte er.
    „Dürfen wir unsere Expedition verlängern? Ich meine so, daß wir mit einigen Zwischenstationen von hier bis zum Meer vorstoßen?“
    Michael warf einen Blick auf die Armaturen. „Wenn die Station einverstanden ist, durchaus!“ sagte er. „Aber unter einer Bedingung.“
    „Welche?“ fragte Mara erregt.
    Michael merkte, daß das nicht der richtige Anknüpfungspunkt war. Er lächelte. „Unsinn, natürlich keine Bedingung, nur – versteht mich bitte nicht falsch, ich muß euch etwas sagen. Es werden immer zwei an Bord des Raumschiffs zurückbleiben, so wie wir es festgelegt haben. Und diese zwei müssen sicher sein, daß die andern beiden wirklich nur dann nicht die zeitlich vereinbarte Verbindung aufnehmen, wenn sie dazu nicht in der Lage sind. Nicht nur ihr habt fahrlässig gehandelt,

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