Der purpurne Planet
biologische Labor.
„Was mich schon immer interessiert“, sagte Uwe, „ist eine ganz einfache, vielleicht sogar dumme Frage: Wie lange wird es denn dauern, bis die Atmosphäre umgewandelt ist, also atembar?“
Klaus Rudloff lachte. „Dumm ist die Frage schon, aber nicht einfach“, sagte er mit grobianischer Offenheit. „Die Frage kann heute kein Mensch beantworten. Zehn Jahre? Hundert Jahre? Tausend Jahre? Na, tausend wohl nicht – aber was ist das alles gegen die Zeiträume, in denen sich biologische Entwicklungen unbeeinflußt vollziehen!“
„Die Antworten, die du vorhin bekommen hast“, mahnte Sibyl, „waren weitaus sachlicher.“
„Ja eben“, schloß sich Uwe an, „ich fürchte, wenn du mir das nicht erklärst, werde ich noch dumm sterben.“ Er lachte versöhnlich, um zu zeigen, daß er ihm nichts übelgenommen hatte.
„Das habe ich sowieso vor“, meinte der Biologe, „im Zusammenhang mit dem, was ich euch zeigen will.“ Er führte sie in das Labor und an seinen Arbeitstisch und legte ihnen drei Blätter vor, die mit unverständlichen Formeln und Blockschaltbildern bedeckt waren.
„Errechnet, nicht durch Erfahrungswerte ermittelt“, sagte er, und es klang etwas Ärger mit. „Drei Varianten für die Mutationskette, die zur Riesenform der Spritzflaschen führt.“
„Sind das nicht einfach Vergrößerungen, sagen wir, auf Grund besonders günstiger Bedingungen?“
„Nein. Keine Pflanze kann ihre Größe verhundertfachen, ohne ihre Struktur wesentlich zu verändern. Mal sehr vereinfacht: Die Wasserlast zum Beispiel wächst im Kubik – wenn wir annehmen, die Struktur verändere sich nicht. Sie wächst also auf das Millionenfache. Wächst die Dicke der Haut, die das Wasser zusammenhält, auch auf das Millionenfache? Etwa von fünf Millimeter – auf fünf Kilometer? Unsinn, nicht wahr? Nein, die Mutationen, die dazu notwendig waren, würden bei einer entwickelteren Pflanze mindestens ein Dutzend Sorten hervorgebracht haben, die sich ziemlich weitgehend voneinander unterscheiden. Es scheint so, als ob sich die Entwicklung unter den jetzigen Bedingungen auf die Stabilisierung einer einzigen Art richtet, und das wäre schlimm.“
„Warum?“ fragte Uwe.
„Weil damit die biologische Explosion schon im ersten Stadium zum Stillstand käme. Je mehr sie sich stabilisiert, um so unangreifbarer wird sie – vor allem, wenn man keine Möglichkeit hat, sie genau zu erforschen.“
„Ich beginne zu verstehen.“
„Sehr erfreulich. Aber weiter: Diese Art ist schon an und für sich nicht sehr effektiv, was die Assimilation des Kohlendioxids betrifft. Wenn sie aber die Kontinente beherrscht, wird sie bald in ein Gleichgewicht kommen – sie wird ebensoviel Kohlendioxid verbrauchen, wie durch die Verwesung der absterbenden Pflanzen erzeugt wird. Wir müssen sie also angreifen. Aber das ist nur gezielt möglich. Deshalb soll eine Expedition in die tropischen Gebiete ausgerüstet werden.“
„Klar“, sagte Uwe, „und wie geht das dann weiter?“
„Klar?“ fragte Klaus Rudloff überrascht.
„Hattest du größeren Widerstand erwartet?“ fragte Uwe spöttisch. Der Biologe ging nicht darauf ein, sondern erklärte: „Wir werden dann auf der Grundlage des biologischen Materials, das bei der Zerstörung dieser ersten Vegetation entsteht, echte Biozönosen aufbauen, also Systeme von Arten für jeden Landschaftstyp, die in einem selbstregulierenden Gleichgewicht stehen. Sie werden die Eigenschaft haben, sich selbst zu optimieren, und zwar dank der hohen Mutationsrate in vertretbaren Zeiträumen. Das ist dann die zweite Stufe. Im Gebirgsvorland auf der anderen Seite haben wir den ersten Versuch in dieser Richtung gestartet. Aber daran ist noch viel Hypothetisches, und im Grunde genommen brauchten wir die Möglichkeit zu Expeditionen in weit entfernte Räume auch später, wie ihr seht.“
Uwe lächelte. Das war natürlich die denkbar ungeschickteste Bemühung, ihn zum Hierbleiben zu bewegen, wenn man ihm zeigte, daß es gar nicht um ihn, sondern um das Raumschiff ging. Er sagte: „Ich werde die Techniker beauftragen, darüber nachzudenken – sicherlich wird sich auch für später eine Möglichkeit finden lassen. Nun zu der Expedition – was sollte sie noch für Aufgaben haben?“
„Genügt das nicht?“ fragte Klaus Rudloff entrüstet.
„Nein. Ein solches Unternehmen muß einen ganzen Komplex von Aufgaben lösen, sonst verpufft es.“
Jetzt schaltete sich Sibyl ein. „Es wäre sicherlich
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