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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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waren sehr nachdenklich geworden, besonders Uwe; war ihm doch Sibyl bisher im Vergleich zu den anderen etwas farblos und unbedeutend erschienen. Jetzt aber begriff er, welche geistige Kraft und Aktivität in dieser Frau steckten und welche Hilfe sie nicht nur für die Neu-Rostocker Mannschaft, sondern auch für seinen Vater darstellte. Freilich kannte er, Uwe, seine Mutter nur aus der Zeit, als sie schon durch die Folgen ihrer Entscheidung unglücklich und passiv geworden war. Vielleicht war sie vorher anders gewesen, hätte sich hier anders entwickelt – aber er vermochte sich nicht vorzustellen, daß sie Vergleichbares hätte geben können. Sicher, er schloß die Möglichkeit ein, daß dieses Urteil ungerecht war. Aber es ging ihm ja gar nicht um dieses Urteil, es ging ihm auch nicht etwa darum, Vorbehalte gegenüber der zweiten Frau seines Vaters abzubauen – er hatte keine. Er wollte sich darüber klarwerden, welche unabsehbaren Folgen eine Entscheidung haben konnte, die unwiderruflich war…

    Die TERRA hatte ihren Standort weiter zur Küste verlegt. Nach einigen Zwischenstationen war sie jetzt auf den Ausläufern eines Mittelgebirges gelandet, etwa zweihundert Kilometer vom Meer entfernt. Während des Fluges hatte Michael das Raumschiff auf Anweisung Uwes in die Stratosphäre aufsteigen lassen und dort festgestellt, daß die gleich anfangs ausgestreuten Schwebpflanzen sich munter entwickelten und nicht die geringste Tendenz zeigten, in Massen auszufallen.
    Je näher sie dem Ozean rückten, je mehr Tage der Expeditionszeit verstrichen, um so unzufriedener wurde Michael. Die anderen hatten alle ihre Arbeit, ihre speziellen Aufgaben: Mara, die Biologin – sie erntete täglich Entdeckungen. Tom betrieb seine Funk- und Radarmessungen – schon zweimal war es ihm gelungen, kurzfristig direkten Funkkontakt mit Neu-Rostock aufzunehmen. Erich hatte die Meteorologie, die mit der Station synchronisierten seismischen Messungen, das Magnetfeld, Bodenproben… Er, Michael, lenkte nur das Raumschiff, und das stand ja meistens am Boden. Er half hier und da aus – und mußte im übrigen organisieren, planen, leiten. Nein, er war wohl nicht zum Leiter geboren, das machte ihm keine Freude. Nicht, daß es irgendwelche Schwierigkeiten gegeben hätte – die kleine Disziplinlosigkeit neulich war ein Einzelfall geblieben. Aber diese Art von Tätigkeit füllte ihn einfach nicht aus, er kam sich den anderen gegenüber immer etwas – nun ja, primitiv gesprochen: etwas faul vor.
    Nein, das war wohl Unsinn. Jedenfalls tat er ja jetzt mehr, als er je an Bord eines Raumschiffs getan hatte. Der wirkliche Grund für seine Unruhe war wohl diese Unentschiedenheit, dieses innere Schwanken, das ihn befallen hatte, seit er wieder das Raumschiff steuerte. Er hatte noch nie schnell Entschlüsse gefaßt, aber er war sich seiner Entschlüsse, wenn er sie einmal gefaßt hatte, stets sicher gewesen. Es gab für ihn keinen Zweifel mehr: was er Uwe gesagt hatte, stimmte: Mit Eileen war es anders als früher mit den Mädchen, er liebte sie, und bevor das Raumschiff zur Expedition startete, war er entschlossen, hier zu bleiben. Oder fast entschlossen. Ja, eben leider nur fast entschlossen, denn seit er wieder auf seinem Pilotensitz saß, wußte er nicht mehr, ob dieser Entschluß richtig war. Oder richtig wäre, wenn er ihn fassen würde. Einerseits, andererseits – verflucht noch mal, warum kann nicht alles einfach und glatt sein wie sein ganzes bisheriges Leben, warum kann nicht beispielsweise Eileen mitkommen oder, andersherum, Uwe und das Raumschiff hierbleiben!
    Fromme Wünsche, verspottete er sich selbst. Man müßte einfach, dachte er, den Satz laut aussprechen: Ich bleibe hier. Und sich dann daran klammern, ganz gleich, was kommt. Oder sollte er besser den Satz sagen: Ich bleibe nicht hier…
    Da siehst du, welchen Unsinn du zusammengrübelst, dachte er. Aber eins, mein Lieber, verlange ich von dir, und das können auch die andern verlangen: Mit dem Ende dieser Expedition fällt deine Entscheidung, unwiderruflich. Das ist ein Entschluß, verstanden? Verstanden! Na also. Und jetzt diskutier nicht mehr mit dir selbst herum, sondern mach dich an deine Arbeit!
    Während Michael die Diskussion mit sich selbst geführt hatte, waren Mara und Tom in einem Spritzflaschenwald der Umgebung herumgeklettert.
    „Schau mal hier!“ sagte Mara und zeigte auf die Blätter einer der Pflanzen.
    „Ich weiß nicht, wie du das machst“, sagte Tom hilflos,

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