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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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mehr. Flüchtig dachte sie an das, was Irina ihr gestern gesagt hatte, und sie glaubte plötzlich, sie verstände nun: Die Ärztin hatte sich als Ältere, Erfahrenere aufspielen, ihre Autorität festigen wollen, genau wie der Kommandant und sogar Michael. Nein, das ging doch zu weit, wenn man schon in Gedanken schimpft, denkt man bestimmt falsch, auch Ärger muß sich in Argumente verwandeln, sonst taugt er nichts…
    „Das ist nicht stichhaltig. Wir haben alle unsere Beobachtungen ausgetauscht, Irina, Erich, sogar Michael…“, rief sie.
    „Was heißt: sogar Michael?“ warf der junge Kosmonaut scharf ein.
    Aber Erika ließ sich nicht mehr bremsen. „Nur der Kommandant hat geglaubt, daß er das nicht nötig hat. Wenn er uns immer wieder beweisen muß, daß er mehr sieht, mehr weiß, schneller denkt und überhaupt ein besserer Mensch ist als wir andern, dann… dann muß er das doch wohl nötig haben!“ Erschöpft sank sie zurück.
    Uwe spürte, wie Ärger in ihm aufstieg: Er bemühte sich, dieses Gefühl zu unterdrücken, und fragte knapp: „Was meinen die anderen dazu?“
    „Ich hab meine Meinung gesagt“, brummte Michael verdrossen. Erich räusperte sich verlegen. „Na ja“, sagte er zögernd, „die feine englische Art war das nicht…“
    „Was? Mein Verhalten oder Erikas Benehmen?“
    Plötzlich wurde auch Erich wütend. „Vielleicht beides, was weiß ich. Ich lasse mich hier nicht zwingen, entweder gegen meine Frau oder gegen den Kommandanten Stellung zu nehmen!“
    „Der geborene Diplomat!“ erwiderte Erika. Ihre Augen funkelten böse.
    „Irina?“ fragte Uwe.
    „Ich bin mir noch nicht klar über alles“, antwortete sie sachlich.
    „Ich auch nicht“, sagte Uwe. „Dann verschieben wir das zugunsten einer dringenderen Sache – nämlich, wie wir dorthin kommen. Das Problem“, fuhr er schnell fort, „besteht darin, daß uns nichts über die meteorologischen Verhältnisse, die Bodenbeschaffenheit und den Pflanzenwuchs am Zielort bekannt ist. Was wir wissen, ist nur, daß in diesen Breiten, wo wir uns jetzt befinden, das Wetter offenbar in Perioden von zwei bis drei Stunden wechselt…“
    Unter dem Einfluß von Uwes nüchternen Ausführungen schien sich die Stimmung allmählich zu entspannen. Uwe begründete, daß man sich ein Zielgebiet suchen müsse, das erstens in zwei bis drei Stunden erreichbar sei, das zweitens nahe genug bei den von Erich schraffierten Gebieten gelegen sei, das drittens mit einiger Wahrscheinlichkeit vegetationsfreie, für die Landung günstige Flächen biete und das viertens groß genug sei, unterschiedliche Wetterbedingungen aufzuweisen, damit man die Möglichkeit habe, Gewittern auszuweichen und bei Bodensicht zu landen.
    Sie entschieden sich für eine Hochebene unter dem 45. Breitengrad, von der es zum einen Zielgebiet zweihundert, zum anderen dreihundert Kilometer waren.
    „Alles klar?“ fragte Uwe, nachdem er die Aufträge für den Flug verteilt hatte.
    Die anderen nickten.
    „Dann noch eine Bemerkung zu unserem Streit vorhin. Im Prinzip hatte Michael recht: Alle eure Berechnungen gingen von der Position aus, die seinerzeit auch die RELAIS-Leute erreicht hatten, soweit das überhaupt vergleichbar ist, Erich hat das ja in seinem Vortrag richtig bemerkt. Meine Schlußfolgerungen hatten einen prinzipiell anderen Ausgangspunkt: Informationen, die die RELAIS-Leute uns hinterlassen hatten. In dieser Hinsicht war es richtig und notwendig, daß auf beiden Seiten die Schlußfolgerungen unbeeinflußt und unabhängig voneinander gezogen wurden. Trotzdem ist der sachliche Gehalt von Erikas Kritik nicht unberechtigt. Wenn mir etwas zugestoßen wäre, hätte die Besatzung wichtige Informationen verloren. Ich hätte meine Entdeckung also sofort speichern müssen. Deshalb wird Erika, sobald wir gelandet sind, in die Helme unserer Schutzanzüge kleine Diktiergeräte einbauen und an das Helmmikrofon anschließen.“

    Der Flug mit dem Raumschiff – zwei Stunden dauerte er – war für alle mit Arbeit angefüllt. Sie entdeckten – teils mit dem Infrarotschirm, teils mit Radar und in einem Falle durch direkte Beobachtung – mehrere neue Vulkangruppen, dann einen großen Binnensee, schließlich noch einen Strom, der einen Teil des angeflogenen Hochlands umfloß, und kartographierten das wichtigste.
    Als sie ihr Zielgebiet erreicht hatten, lag der größte Teil der Hochebene rotgelb schimmernd unter ihnen. Fern im Nordosten war die Mittelgebirgskette zu sehen, hinter der das

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