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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Gewächse.“
    „Ich hab aber keine Ehrfurcht vor Irdischem“, entgegnete Erika mit spaßhaft verstellter Stimme.
    „Laß doch mal“, sagte Erich unwillig. „Das hier beweist, daß das irdische und das hiesige Leben auf dem gleichen Chemismus beruhen, und wenn die RELAIS 1 weiter nichts geleistet hätte, als diesen Beweis zu führen, so wäre sie schon damit unsterblich.“ Nun wurde auch Erika ernst. „Erklär es mir bitte“, sagte sie kurz.
    „Das Leben beruht auf der Wechselwirkung zwischen Nukleinsäuren und Eiweißen, und zwar ganz bestimmten. Sie sind auf der Erde bei allen Lebewesen, von der Amöbe bis zum Menschen, gleichen Typs, beruhen auf dem gleichen Chemismus, sind nur unterschiedlich kompliziert. Das muß zum Zeitpunkt der Entstehung des Lebens nicht so gewesen sein, nein, es ist sogar sehr unwahrscheinlich, daß es so gewesen war.“
    „Sondern?“ fragte Erika.
    „Das Leben entstand, als die für seinen Chemismus notwendigen Bruchstücke, vor allem Aminosäuren, in ungeheurer Menge und großer Konzentration vorlagen. Daß Wissenschaftler auch Humor haben, erkennst du an der Bezeichnung, die für dieses Milieu eingeführt wurde: die Urbouillon. Wahrscheinlich entstanden die Keime des Lebens, die ersten Lebewesen, mehrfach gleichzeitig, in unterschiedlichen Varianten, was die grundlegenden chemischen Prozesse betraf. Als die Bouillon verzehrt war, fielen sie übereinander her. Die mit dem leistungsfähigsten Chemismus überlebten, differenzierten sich, entwickelten sich. Hast du alles mal in der Schule gelernt.“
    „Stimmt, ich erinnere mich dunkel. Und weiter?“
    „Nun ist es ganz und gar nicht selbstverständlich, daß unter verschiedenen Bedingungen, also etwa auf verschiedenen Planeten, der gleiche grundlegende Chemismus der leistungsfähigste sein muß. Hier aber ist nun zunächst der Beweis, daß er auf zwei Planeten gleich ist, der Erde und dem ‚Relais‘, denn sonst könnten irdische und hiesige Pflanzen nicht in einer wenn auch noch unentwickelten Biozönose nebeneinander existieren.“ Er wies auf die Farne, die Wiese und eine Spritzflaschengruppe, die unweit davon stand. „Ich bin kein Biologe, und vielleicht sehe ich das alles auch ein bißchen zu vereinfacht, aber im Prinzip verhält es sich so.“
    „Ich höre und lerne!“ sprach Erika feierlich-formelhaft.
    „Komm, wir fliegen weiter, ganz tief, ich bin überzeugt, wir finden noch mehr!“ rief Erich.
    Sie strichen über die steppenartige Landschaft, die immer häufiger von Farnhainen unterbrochen wurde.
    Nach einer weiteren Stunde meldete Erich: „Da – Schachtelhalme!“
    Sie überflogen die Stelle.
    Am Ufer eines kleinen Sees wogten riesige grasähnliche Pflanzen im Wind, vier bis fünf Meter hoch, im Innern des Dickichts mochten sie noch größer sein.
    Die beiden landeten an einer Stelle, die nur wenig bewachsen war, so daß der Wasserspiegel des Sees durch die Halme schimmerte. Der Boden war hier morastig.
    „I! Da krabbelt was“, rief Erika.
    Erich bückte sich. Dann richtete er sich wieder auf und verbeugte sich mit komischer Ehrerbietung.
    „Wir begrüßen den ersten Vertreter der hiesigen Fauna“, sagte er. „Ein Lungenfisch mit Laufflossen – halb Wasser- und halb Landtier, und als solches ein recht bedenkliches Zeichen.“
    „Bedenklich?“
    „Wenn er hier schon herumkrabbelt, dann läßt das darauf schließen, daß dieses Gebiet wenigstens zeitweise mit dem Meer in Verbindung steht oder stand – vielleicht bei Hochwasser oder bei Springfluten. Und dieser See weist darauf hin, daß das Wasser hier normalerweise keinen Abfluß hat. Und das wiederum bedeutet, daß wir wahrscheinlich Seen und Moore vor uns haben, zwischen denen nur schwer ein Landeplatz für unseren Riesenvogel zu finden sein wird. Hm. Am besten wird es sein, wir kehren in die Steppe zurück und suchen dort etwas Passendes.“
    „Umkehren?“ entrüstete sich Erika. „Kommt gar nicht in Frage! Wir haben noch mindestens zwei Stunden Zeit!“
    „Und wenn sich das Wetter zum Abend verschlechtert? Ich habe zwar für morgens und abends Aufheiterung prophezeit, aber ich hab ja auch für den Tag schlechtes Wetter befürchtet, und es ist nicht eingetroffen.“
    „Dann warten wir eben bis morgen früh! In dem Fall haben wir sogar drei Stunden Zeit.“
    „Ich weiß nicht“, meinte Erich skeptisch, „du bist mir zu sicher, du bewegst dich hier zu selbstverständlich, das gefällt mir nicht, nein, das gefällt mir gar nicht.“
    „Reden

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