Der purpurne Planet
Luftzusammensetzung und Temperatur nichts geändert haben konnte.
„Wir sind alle schon überempfindlich“, sagte Irina und erschrak – sie hatte es gar nicht sagen wollen, sie hatte laut gedacht.
„Das gleiche hab ich eben auch empfunden“, sagte Uwe verwundert.
„Ich nicht!“ rief Michael empört. Irina lachte. „Du bist ja auch ein richtiger Bär!“ Michael nahm es als Kompliment und knurrte zustimmend.
„Hörst du, wie er brummt?“ fragte Irina ihren Mann demonstrativ. Aber Uwe winkte ab.
Von der geschlossenen Wolkendecke, die sie den ganzen Tag lang über sich gehabt hatten, war nur ein schmaler Streifen am rückwärtigen Horizont übriggeblieben, aber in diesen schmalen Streifen tauchte nun schon die Proxima ein.
Vor ihnen wurden Seen sichtbar. „Wir sind ganz nahe dran“, sagte Michael und ging tiefer. Das Radarbild des Funkfeuers lag schon unter dem Horizont.
Ein heller Fleck im schwarzen Boden wurde sichtbar. Uwe legte auf seinem Schirm Radar- und optisches Bild übereinander. „Dort ist es“, wies er Michael ein.
Minuten später senkte sich der große, golden glänzende Vogel schaukelnd auf die Kuppe hinunter und setzte auf. Die beiden Braunes kamen vom Rand des Hügels angelaufen, wo sie Deckung genommen hatten.
Später, nach dem Abendessen, berichtete Erika begeistert von ihren Erlebnissen, Erich war wie auch sonst schweigsam.
Im irdischen Licht des Cockpits sah Erika ungewöhnlich bleich aus, aber ihre Augen funkelten und glänzten. Sie gestikulierte lebhaft wie sonst, aber trotzdem war irgend etwas anders. Die Bewegungen ihrer Hände wirkten schleppend, obwohl sie es gar nicht waren, sie kamen nur, wie Irina plötzlich klar wurde, immer etwas zu spät im Vergleich zu den Worten, denen sie zugeordnet waren. Auch ihre Stimme klang leicht exaltiert, wie bei jemandem, der überanstrengt und zugleich hellwach ist…
„Na, was sagt ihr nun?“ beendete Erika ihren Bericht.
„Das müssen wir alles morgen gründlich aufarbeiten“, antwortete Uwe, „so viel kann man auf einmal gar nicht verdauen. Aber jetzt müßt ihr ins Bett, du siehst ziemlich mitgenommen aus, und Erich, guck mal, der schläft schon. Ihr hättet vielleicht doch vor der Seenplatte bleiben sollen.“
Erika zuckte bei dem letzten Satz Uwes zusammen und starrte ihn mit einem irren Blick an.
„Seid ihr noch nicht zufrieden?“ schrie sie plötzlich. „Was wollt ihr denn noch? Müßt ihr immer auf uns herumhacken?“ Die anderen sahen sich erschrocken an.
„Mir ist so schlecht“, stöhnte Erika. Plötzlich schrie sie auf wie unter einem ungeheurem Schmerz und sackte dann in ihrem Sitz zusammen.
Irina stand schon neben ihr und hielt sie fest. Schnell untersuchte die Ärztin Puls und Atmung. Dann trugen die beiden Männer Erika vorsichtig in ihre Kammer.
Irina versuchte inzwischen, Erich zu wecken, aber es gelang ihr nicht. Auch er mußte zu Bett getragen werden.
„Ich werde Nachtwache halten bei ihnen“, sagte Irina bedrückt, als sie zu dritt wieder im Cockpit saßen.
„Weck mich um Mitternacht, ich löse dich ab“, brummte Uwe.
„Du bist kein Arzt“, wies Irina sein Angebot zurück.
„Möchte wissen, wozu man da einen Arzt braucht“, schimpfte Uwe, „sie sind einfach überanstrengt. Ihr Planet, ihr geliebter Planet! Wie die Kinder – die Augen immer größer als der Magen. Oder in dem Fall die Kraft. Und im Endeffekt halten sie uns bloß auf!“
„Wenn du gestattest“, sagte Irina ernst, „ich glaube nicht, daß sie sich nur einfach übernommen haben, da steckt mehr dahinter!“
„Glaub, was du willst!“ sagte Uwe so gereizt, daß Michael entsetzt von einem zum andern blickte.
Unter diesem Blick kam Uwe wieder zu sich und sagte gequält: „Entschuldige bitte… Ich verstehe schon gar nichts mehr. Was ist denn bloß los mit uns?“
Uwe hatte doch Irina abgelöst, und sie hatte sich ablösen lassen, weil die beiden ganz ruhig schliefen. Am Vormittag hatte Michael Frühstück zubereitet, und nun saßen die drei wieder im Cockpit.
„Ich weiß, daß da irgendein Zusammenhang besteht, aber ich komme nicht dahinter“, sagte Irina. „Fest steht, wir sind alle ganz normale Menschen, und wir sind auch im Prinzip nicht überbeansprucht, aber wir benehmen uns in unterschiedlichem Grade wie Neurotiker vergangener Zeiten, vielleicht mit Ausnahme von Michael.“
„Natürlich kränkt mich das als Kommandant genauso wie dich als Ärztin, denn bis jetzt kann ja niemand sagen, ob es sich um ein
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