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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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russische Ärztin, die ihn mal behandelt hat, und dann, na ja – dann hat sie ihn geheiratet. Ich heiße Michael Kolk, bin Pilot und Navigator und arbeite schon fünf Jahre mit dem Kommandanten zusammen – die jetzige Flugzeit nicht mitgerechnet. Und ich hoffe, daß wir noch viele gemeinsame Flüge haben werden.“
    Michael hielt inne, denn er sah, daß die Neu-Rostocker etwas verwirrte Gesichter machten, aber er kam nicht darauf, daß sie wahrscheinlich erwartet hatten, die gesamte Besatzung der TERRA stelle eine Verstärkung für ihre Station dar.
    Jochen Laurentz, der Stationsleiter, half ihm. „Wie lautete denn euer Auftrag?“ fragte er. *
    Michael setzte sich nun doch. „Unser Auftrag war“, sagte er, „hier zu landen und nach euch zu suchen. Und dann sollte der Kommandant je nach der vorgefundenen Situation entscheiden, was weiter zu geschehen habe. Das kann er nun aber erst tun, wenn er wieder bei Bewußtsein ist.“
    Michael sah von einem zum andern. Er fühlte, daß besonders die Rudloffs und die jüngeren Neu-Rostocker etwas verstimmt waren, und schrieb das in seiner Naivität der Art seines Vortrags zu. Nur Jochen Laurentz und seine Frau lächelten ihm aufmunternd zu, und dadurch fiel ihm ein, daß es vielleicht angebracht wäre, den anderen etwas Freundliches über ihre Arbeit zu sagen.
    Er fuhr deshalb fort: „Wir waren natürlich sehr erfreut und erstaunt, sofort auf die Spuren eurer Arbeit zu stoßen. Ich als Laie muß ja sagen, für mich waren diese Riesenpflanzen mitten auf einem Kontinent, der vor einem halben Jahrhundert noch unbewachsen war, ein kleines Wunder – aber für euch, nehme ich an, ist das eben ganz normale Arbeit.“
    „Riesenpflanzen?“ fragte Uta Rudloff überrascht. Auch Klaus Rudloff, ihr Mann, blickte plötzlich wieder interessiert herüber.
    „Bis zu zehn Meter hoch!“ sagte Erika stolz, als wäre es ihr Verdienst. „Wir haben sie Spritzflaschen getauft, weil sie ihre Samen mit einem Wasserstrahl in die Luft spritzen.“
    „Sie haben uns den Hubschrauber regelrecht abgeschossen!“ fiel Erich Braune ein.
    „Das freut mich mehr als alles andere!“ brummte Klaus Rudloff.
    Michael faßte das als Flachserei auf und hatte schon eine entsprechende Entgegnung auf der Zunge, aber Sibyl kam ihm zuvor.
    „Ihm dürft ihr nichts übelnehmen“, sagte sie, „Klaus ist ein Genie und nimmt von seiner Umgebung nur das wahr, was seine Arbeit direkt betrifft. Das mit dem Hubschrauber hat er gar nicht gehört.“
    Die drei TERRA-Leute mochten wohl etwas zweifelnd gucken, denn Uta bestätigte Sibyls Worte.
    „Ich kann euch sagen, worüber er jetzt nachdenkt. Er sucht die Kette von Mutationen, die zu dieser enormen Vergrößerung geführt haben, die Dinger waren nämlich ursprünglich nur zehn Zentimeter hoch. Daß wir jetzt über ihn sprechen, merkt er gar nicht.“
    Tatsächlich sah man dem Biologen an, daß er in Gedanken weit von der Festtafel entfernt war – vielleicht bei jenen Riesenspritzflaschen am Landeplatz, vielleicht auch kletterte er in den Chromosomen ihrer Zellen umher, die Doppelhelix irgendeines DNS-Moleküls Stufe für Stufe hinaufsteigend…
    „Laßt uns essen!“ sagte Jochen Laurentz. „Unsere Freunde werden hungrig sein.“ Er wandte sich direkt an die drei. „Wie ihr seht, sind wir zu den Sitten unserer Vorfahren zurückgekehrt. Wir nehmen keine Bestecke, sondern essen alles mit den Händen, ihr müßt das ein bißchen bei uns abgucken. Selbst die Teller werden am Schluß aufgegessen, sie sind eine Art Gebäck. Ihr werdet euch ja denken können, daß wir Zeit und Kraft für wichtigere Arbeiten brauchen als für den Haushalt. Nur einmal im Jahr, immer am Jahrestag unserer Landung, verspeisen wir auf irdische Art die Produkte unserer Nahrungsmittelbiologie. Unsere Eßkultur besteht ansonsten in der richtigen Zusammensetzung und in der geschickten Handhabung der Speisen. Paßt auf, ich führe euch das jetzt vor.“
    Er brach von einer Art Brotlaib etwas Weißes ab und tunkte es in etwas Braunes, das seinen gewölbten Tellerfladen füllte, drehte es leicht und steckte es in den Mund. Der ganze Vorgang sah nicht im geringsten primitiv aus, die Bewegungen waren flüssig und geschickt, offenbar, weil sie zweckmäßig waren und lange Übung verrieten.
    Natürlich stellten sich die drei von der TERRA anfangs ziemlich ungeschickt an und mußten eine Reihe von Ratschlägen entgegennehmen, wie man dies und das anfassen, brechen, handhaben solle. Die Tafel war aber

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