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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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Zeitpunkt«, sagte ich, nachdem ich beschlossen hatte, daß es kindisch und selbstsüchtig wäre, Ben zu stören, »warte ich, bis Ben wieder zuhause ist.«
»So ist’s recht.« Freddy gab dem Wagen nicht direkt einen Schubs, aber doch so etwas in der Art. Als ich den Kopf an der Ampel noch einmal nach hinten drehte, sah ich, wie er sich mit fliegendem Pferdeschwanz geschickt durch die Autos auf die andere Straßenseite manövrierte und an der Ecke Market Street und Spittle Lane verschwand. Da ich in die entgegengesetzte Richtung unterwegs war, entgingen mir leider auch die Menschen, die vor der Tür des Abigail’s Schlange standen. Ich war immer noch nicht ganz beisammen, als ich überlegte, ob ich die Zwillinge bei Frizzy abholen sollte. Dann entschied ich mich jedoch dagegen. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn ich mich selbst erst einmal wieder in den Griff bekäme. Nachdem ich gerade noch über die rote Ampel geflutscht war, entdeckte ich einen Parkplatz, direkt vor Bellingham’s. Bellingham’s ist unsere Version von Harrods. Normalerweise muß man die Autos übereinander parken, um auch nur in die Nähe des Eingangs zu kommen. Ein Parkplatz vor der Tür muß so etwas wie ein Zeichen des Himmels gewesen sein. Mein Magen fand das auch und knurrte zustimmend. Bellingham’s beherbergt im zweiten Stock eine Cafeteria, in der man zu kleinen Preisen riesige Portionen guter englischer Hausmannskost bekommt. Als ich auf dem Weg zum Aufzug die Parfüm- und Kosmetikabteilung durchquerte, nahm eine der Verkäuferinnen Blickkontakt mit mir auf. Ich nickte ihr freundlich zu. Das war unfair. Wahrscheinlich hatte sie ihre ganze Hoffnung daran gesetzt, mir einen Lippenstift zu verkaufen. In der Möbelabteilung wurden meine Schritte langsamer. Plötzlich hielt ich ein Samtkissen mit Fransenrand in der Hand und betrachtete es nachdenklich. Ob es den Millers jemals gelingen würde, das düstere Arbeitszimmer in Tall Chimneys mit bunten Kissen und Decken so aufzuheitern, daß der Geist von Mrs. Large gebannt würde? Konnte Vienna selbst mit größtem Renovierungsaufwand die Erinnerung an den perplexen Gesichtsausdruck der Toten, die hervorquellenden Augen und den erschlafften Unterkiefer überdecken? Konnte sie jemals den Eindruck loswerden, daß in dem leblosen Körper von Mrs. Large nicht noch ein Restchen Verstand gehaust hatte, das sich verzweifelt an die Oberfläche kämpfen wollte, damit die Tote sich aufsetzen und erklären konnte, wieso sie von der Leiter gefallen war?
Im Weitergehen wurde mir bewußt, daß das eigentlich Viennas Sorgen sein sollten und nicht meine. Und der letzte Gedanke war ja nun wirklich Unfug gewesen. Warum sollte es für Mrs. Large wichtig sein, noch eine letzte Stellungnahme abzugeben? Es sei denn – ich blieb abrupt auf der Stelle stehen –, es sei denn, sie hätte gar keinen falschen Schritt getan, oder ihr wäre gar nicht schwindlig geworden, als sie die Bücherregale abstaubte. Es sei denn – hierbei wurde mir allmählich schwindlig –, der Grund für ihren verhängnisvollen Sturz sei der gewesen, daß irgend jemand der Leiter einen Stoß versetzt hätte. Gleich neben mir hörte eine der Verkäuferinnen auf, die Badetücher zusammenzufalten, und wollte wissen, ob ich vielleicht Hilfe brauchte. Ich kaufte schnell ein paar Gästetücher und fragte mich, was um alles in der Welt nur in mich gefahren war. Unfälle gab es alle Tage. Genau wie Herzanfälle. Der plötzliche Tod von Mrs. Large war zwar traurig, aber unheimlich war er eigentlich nicht. Oder doch? Ich brauchte jetzt erst einmal etwas in den Magen. Aber als ich das Besteck aufgenommen hatte und das braune Plastiktablett über die Chromschiene vor der Theke schob, konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich lieber die Fleischpastete oder den Truthahn mit Salbei- und Zwiebelsoße wollte. Die Bedienung hinter der Theke setzte ihre Duldermiene auf und ließ die riesige Schöpfkelle wie ein Pendel zwischen den Metalltöpfen hin und herschwingen.
Plötzlich tippte mir jemand an die Schulter. »Mrs. Haskell?« Ich fuhr herum. Mir gegenüber stand eine kleine ältere Frau, die eine große Handtasche an sich gepreßt hielt. »Ich habe die schreckliche Nachricht gehört.« Ihr Gesicht war gramverzerrt. »Ich meine, von der armen Gertrude Large.« »Oh«, war alles, was ich hervorbrachte. Die Bedienung gab im Hintergrund ein Schnauben von sich.
»Wissen Sie, ich putze bei Mrs. Taffer und war gerade bei ihr, als sie angerufen haben. Ich und

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