Der Putzteufel geht um
die Landschaft oft wie selbstverständlich hin, außer an Tagen wie diesem, wo die Freude auf ein Picknick in der Sonne das Kind in mir wieder wachrief und ich alles noch einmal neu entdeckte. Ich kurbelte das Seitenfenster herunter, sog die Luft ein, schmeckte den salzigen Tanggeschmack, der vom Meer zu uns geweht wurde, und ließ mir die Sonne auf die Nase scheinen.
Zu unserer Rechten stürzten die Klippen jäh ins Meer. Es war ein Paradies für Kletterer – aber eine Problem für normale Wanderer, wenn sie zu den kleinen Buchten hinuntersteigen wollten. Ben sagte den Kindern, wir würden sie in den Picknickkorb setzen und an einem Seil hinunterlassen, woraufhin die beiden anfingen zu kichern. Jonas meinte jedoch, von der Idee hielte er nichts, weil sie dabei nur seinen Eiersandwich zermatschen würden. Ich sah mich derweil nach der Stelle um, an der wir immer parkten, wenn wir zu unserer Bucht fuhren. Als das Haus, das Tom Tingle kürzlich gekauft hatte, in Sichtweite kam, wußte ich, daß es nicht mehr weit sein konnte.
In der ganzen Ecke befanden sich höchstens drei oder vier Häuser. Toms Haus war aus rotem Backstein und stammte noch aus der Zeit der Jahrhundertwende. Es war ein wundervolles kleines Anwesen, mit efeubewachsenen Mauern, kleinen unterteilten Fenstern und vielen Giebeln und Erkern. Es lag ein gutes Stück von der Straße weg und war von einem Steingarten umgeben, den ich selbst auch ganz gern gehabt hätte. Ich fragte mich, ob Tom in den kommenden Monaten wohl auch einmal die Salongesellschaft bewirten würde, oder ob er von dem, was sich beim letzten Mal zugetragen hatte, so abgeschreckt war, daß er in Zukunft nicht mehr daran teilnehmen würde. Ben hielt auf einem grasbewachsenen Parkplatz unter Bäumen, die aussahen, als wüßten sie, was man von ihnen erwartete, da sie ihren Job schon seit ein paar Jährchen erledigten.
An dieser Stelle waren die Klippen weniger steil. Es gab auch einen Fußpfad, den Ben und ich manchmal hinabstiegen, aber da er recht überwachsen war und an einer Stelle von einem Bach überspült wurde, nahmen wir mit den Kindern lieber die Treppenstufen hinunter zum Meer. Ben bildete die Vorhut der Gruppe, und ich ging als Schlußlicht hinterdrein. Am Strand befand sich außer uns keine Menschenseele. Die Bucht war wie ein Sofa geformt, wobei die mit Seegras überwucherten Felsbrocken die herumliegenden Zierkissen bildeten. Das Meer rollte uns in sanften schaumbekränzten Wellen entgegen. Über uns kreisten Möwen und stießen heisere Schreie aus, und die Sonne lächelte auf uns herab, als freue sie sich, uns zu sehen. Abbey und Tarn zerrten bereits an den Verschlüssen ihrer Sandalen, um so bald wie möglich die Füße in den hellbraunen Sand graben zu können, Ich reichte den Kindern Eimer und Schaufel, versprach, eine Burg zu bauen, sobald wir gegessen hätten, und erklärte ihnen, daß sie erst im Wasser planschen dürften, wenn Daddy und ich es getestet hätten. Dann sah ich ihnen nach, wie sie davonsprangen, um sich an ihrem Lieblingsfelsen niederzulassen. Um ihn herum zog sich eine flache Wasserrinne, so daß die Sandkuchen, die sie aus den Eimern stürzten, befeuchtet und mit Seegras geschmückt werden konnten. Ihre fröhlichen Stimmchen flatterten zu uns herüber, während ich Jonas’ Strandstuhl aufklappte, die alte karierte Reisewolldecke auf dem Boden ausbreitete und ihre Ecken mit den schweren Steinen befestigte, die ich am Fuß der Klippen zusammengesucht hatte.
Ben machte sich gleich anschließend daran, unseren Picknicktisch zu decken. Mir lief schon beim Zusehen das Wasser im Mund zusammen. Außer den Eiersandwiches, die er speziell für Jonas zubereitet hatte, gab es andere mit Schinken und Käse auf frischem braunen Krustenbrot, dazu Spinatsalat mit Walnüssen, Pilzpastetchen, köstlichen Eiersalat, einen großen Obstteller und den Schokoladenkuchen mit Abbeys und Tams Namen obendrauf. Für die Kinder stand Limonade bereit und für die Erwachsenen gab es Kaffee und eine Flasche Wein. Jonas gab zu, daß es ihm beim Anblick der Leckereien schon fast nicht mehr leid täte, mit uns gekommen zu sein. »Wir sollten das viel öfter machen«, sagte ich. »Die Seele baumeln lassen. Ich fühle mich wie der Maulwurf in Der Wind in den Weiden, wenn er sagt, ›zum Henker mit dem Frühjahrsputz‹ oder so was in der Art, und dann aus seinem kleinen dunklen Bau ins Sonnenlicht klettert.«
Ben steckte noch ein Sträußchen Petersilie auf den Eiersalat und meinte:
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