Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
Vom Netzwerk:
Meergeist.« Abbeys Gesichtchen glühte. Sie ging auf Zehenspitzen weiter, ganz vorsichtig, um ihn nicht zu verscheuchen.
»Die Kinder glauben, daß sie alles auf den Strand gezaubert haben.« Ben fuhr sich mit den Fingern durch das dunkle Haar, wahrscheinlich um sein Gehirn durch Massage wieder in Gang zu bringen. »Doch im Ernst – wie haben Sie den Tisch und das ganze Geschirr mit dem Essen hierhergeschafft? Ich nehme an, Sie sind über den Fußpfad gekommen, und nicht über die Stufen, aber dennoch – ein schönes Stück Arbeit.« »Ich habe den Handkarren genommen«, erwiderte Tom. »Er steht dort hinter den Felsen.« Er deutete auf ein paar besonders große Felsblöcke. Ich ertappte mich dabei, daß ich rätselte, was sie früher einmal gewesen waren, bevor die böse Hexe sie zu Gestein verwandelt hatte.
Gleich darauf mußte ich jedoch Abbey zurückziehen, die sich hinter Tom aufgebaut hatte und seine Ohren betrachtete. »Na, dann wollen wir Sie mal nicht weiter beim Essen stören, sonst wird ja noch alles kalt.«
»Vor allem der Salat und der geräucherte Lachs.« Er lachte etwas gequält. »Aber keine Sorge, selbst die Suppe muß kalt gegessen werden. Es ist eine Kartoffel-Lauch-Suppe, obwohl sie einen neumodischen französischen Namen hat.« »Vichyssoise«, soufflierte Ben. Tams Augen wurden zu Riesenrädern – kein Wunder, denn bis zu diesem Moment hatte er geglaubt, daß »Abrakadabra« das einzige Zauberwort war, das sein Vater kannte.
»Sie kommt aus der Dose.« Tom mühte sich eindeutig, so etwas wie Konversation auf die Beine zu bringen. »Das ist aber das einzige, bei dem ich gemogelt habe. Alles andere habe ich selbst zubereitet.«
»Hast du Geburtstag?« fragten Tarn und Abbey wie aus einem Munde. »Ganz genau.« Tom wirkte verlegen. Er wich unseren Blicken aus und schaute aufs Meer, das etwas von seinem weichen Schimmer verloren hatte und nun geräuschvoll auf den Sand klatschte, wo es beim Zurückfluten weiße Schaumränder hinterließ. Der Himmel war an einigen Stellen dunkelgrau geworden, und es hatte den Anschein, als wolle sich die Sonne nun endgültig hinter den Wolken aufs Ohr legen. Irgendwie war der Glanz von diesem Tag abgeblättert. Mit einem Mal schien uns allen bewußt zu werden, daß Tom ein trauriger und einsamer Mann war. Abbey und Tarn fragten ihn, ob er Lust hätte mitzukommen, um etwas von Jonas’ Geburtstagskuchen zu essen. Toms Miene hellte sich kurz auf, doch dann schüttelte er den Kopf.
»Vielen Dank, aber ich fürchte, es fängt gleich an zu regnen.« »Das fürchte ich auch«, sagte ich. Danach verabschiedeten wir uns und traten den Rückweg an, wobei ich mir vorkam wie eine Verräterin.
Ben, die Kinder und ich zogen im erneuten Gänsemarsch über den schmalen Sandstreifen, der die beiden Buchten miteinander verband, und bekamen nasse Füße von den Wellen, die mit Schaumlippen nach uns haschten.
»Ich glaube, der Meergeist ist traurig.« Abbey schaute über die Schulter nach hinten, obwohl man Tom bereits nicht mehr sehen konnte. Wir waren wieder auf unserem kleinen Strand angelangt. Jonas döste auf seinem Stuhl vor sich hin. Er hatte sich zum Schutz gegen die Sonne ein Taschentuch über den Kopf gelegt, obwohl dies mittlerweile gänzlich überflüssig geworden war. Als wir näher kamen, schrak er hoch. Im selben Augenblick hob der Wind das Taschentuch in die Luft – es wedelte kurz und flog dann davon. Die Kinder sprangen ausgelassen hinterher.
Ihre Stimmung wurde allerdings etwas gedämpfter, als wir anschließend die Steinstufen zum Wagen hochkraxelten. Abbey fing an zu jammern, weil sie eine ihrer Muscheln verloren hatte, und Tarn fragte bei jedem zweiten Schritt, wieso er nicht hatte planschen dürfen. Ich mußte mich zwingen, die Ruhe zu bewahren. Dazu kam noch, daß mein Sohn pausenlos stehenblieb und ich jedesmal Gefahr lief, ihn über den Haufen zu rennen, da ich mit Eimern, Schaufeln und Wolldecke bewaffnet hinter ihm das Ende der Prozession bildete. Außerdem rutschte mir die Wolldecke so häufig vom Arm, daß ich vermutete, sie legte Wert darauf, daß man auf ihr herumtrampelte. Gerade als ich mich zum wievielten Mal darin verheddert hatte und einen lauten Wutschrei ausstieß, hatten wir die Straße erreicht. Ben setzte den Klappstuhl und den Picknickkorb ab, schlug das Heck des Wagens hoch und räumte unsere Sachen ein. Der Wind zerrte an meinen Haaren und ließ mir ein paar Haarsträhnen in die Augen stechen. Aber es tat trotzdem gut, oben angelangt

Weitere Kostenlose Bücher