Der Putzteufel geht um
»Unterm Strich bedeutet das, Mrs. H., daß ich Ihnen vertraue. Zumindest«, setzte sie hinzu, »mehr als den meisten Leuten.«
»Sie können mir so viel Honig um den Bart schmieren, wie Sie wollen«, erwiderte ich standhaft, »aber Sie bekommen keinen Tropfen Gin, bis Sie ausgepackt haben.« »Also, was soll’s!« Sie stieß einen erbarmungswürdigen Seufzer hervor. »Ich komme allein sowieso nicht damit klar! Aber, Mrs. H., Sie müssen schwören, daß Sie nicht zur Polizei laufen!« »Das kann ich nicht schwören. Nicht, solange ich nicht weiß, um was es sich handelt.«
»Also dann – ich habe Ihnen ja sowieso schon das meiste verraten. Ich hoffe nur, daß Sie die Sache genauso sehen wie ich. Sie haben recht – die Tasche gehört mir nicht, und Trinas Tasche ist es auch nicht. Sie gehört Winifred Smalley, und sie lag auch nicht neben dem Telefon, als ich gekommen bin. Sie lag direkt neben der Leiche.«
»Und dann sind Sie schreiend auf die Straße gelaufen?« »So was Bescheuertes würde ich nie tun.« Mrs. Malloy plusterte ihr Gefieder auf wie ein Huhn. »Ich bin keine von der hysterischen Sorte, und das wissen Sie ganz genau, Mrs. H.!« »Dann muß Trina geschrien haben, als sie das Messer auf sich zukommen sah. Obwohl ich ganz sicher war, daß der Schrei von der Straße kam.«
»Es könnte auch Winifred gewesen sein. Sie ist ja nicht gerade die Tapferste. Was vielleicht von Vorteil ist. Denn wenn sie es getan hätte, dann hätte sie doch hinterher nicht angefangen zu schreien und die Nachbarn alarmiert, oder was meinen Sie?« »Menschen benehmen sich nicht immer vernünftig, wenn sie gerade jemanden ermordet haben, Mrs. Malloy. Denken Sie doch mal nach. Wenn Mrs. Smalley auf Trinas Leiche gestoßen ist, warum ist sie denn dann nicht hiergeblieben und hat die Polizei angerufen?«
»Sie müssen einem aber auch immer Knüppel zwischen die Beine werfen, Mrs. H.! Glauben Sie mir, ich kenne Winifred Smalley. Die Frau könnte keiner Fliege was zuleide tun, geschweige denn Trina. Die waren doch wie Mutter und Tochter. Außerdem, wo ist das Motiv? Beantworten Sie mir erst mal diese Frage, Mrs. Besserwisser!«
»Vielleicht haben sie sich wegen der Erbschaft gestritten.« An Mrs. Malloys verständnislosem Blick erkannte ich, daß sie keine Ahnung hatte, wovon die Rede war. »Sie wissen noch gar nichts von dem Testament, nicht wahr? Na dann – warum mache ich uns nicht eine schöne Kanne Tee, und wir setzen uns eine Weile zusammen ins Wohnzimmer?«
Es zeigte das Ausmaß ihres Kummers an, daß Mrs. Malloy mich in der Küche hantieren ließ, ohne zu sagen, ich solle die Augen aufmachen, wenn ich die Teekanne suche, oder den Wasserkessel abwischen, ehe ich ihn auf die Herdplatte setzte. Sie zuckte lediglich zusammen, als ich die Tassen und Untertassen laut klappernd auf das Blechtablett mit dem aufgemalten Bauernhäuschen stellte. Dann folgte sie mir sanft wie ein Lamm ins Wohnzimmer, wo ihr Mantel noch auf einem Sessel lag, der mit einem Leopardenmuster bezogen war und der einen dazugehörigen gelben Fußhocker mit feuerrotem Fransenbesatz besaß. Das ganze Zimmer sah aus wie das Liebesnest eines Scheichs. Auf dem Boden lagen Sitzkissen, in den Vasen standen Räucherstäbchen, mittendrin ragte die Statue eines nackten griechischen Gotts mitsamt dem Feigenblatt auf, und dazwischen standen Messingschalen, Messingteller und Elefanten voller Glitzersteine mit goldenen Schwänzen und Rüsseln. Letztere erinnerten mich an die Elefantenschar, die ich bei meinem Putzanfall ausgekramt hatte. Wahrscheinlich würde ich Mrs. Malloy sogar eine Freude machen, wenn ich sie ihr zum nächsten Geburtstag überreichte.
Die Umgebung verleitete mich beinahe dazu, an die schönen Dinge des Lebens zu denken, und den Mord erst einmal zu vergessen. Aber leider können wir nicht immer in Traumwelten verweilen, und deshalb gab ich mir einen Ruck, schenkte Tee in eine Tasse, rührte Milch und Zucker hinein und reichte sie Mrs. Malloy.
»Was haben Sie eben von einer Erbschaft gesagt?« Sie legte die Füße auf den gelben Fußhocker und streifte die Schuhe ab. »Und ich will jetzt nichts hören, wie, daß ich nicht fragen müßte, wenn ich auf der Beerdigung gewesen wäre.« »An dem Tag hat das sowieso noch kaum jemand gewußt.« Ich setzte mich auf das Sofa mit dem Eidechsenmuster. »Die Töchter von Mrs. Large haben mir nach dem Trauergottesdienst gesagt, daß sie auf dem Weg zu ihrem Anwalt seien. Erst dort blühte ihnen die Überraschung ihres
Weitere Kostenlose Bücher