Der Putzteufel geht um
oder zur Not – da es schwarz war – auch zu einer Beerdigung. Sie teilte jedoch weder mir noch dem Brigadegeneral mit, worüber sie und der Detective geredet hatten. Etwa eine halbe Stunde später wurde Trinas Leiche abgeholt, und dann war das Haus schlagartig wieder leer. »Verdammt und zugenäht!« Mrs. Malloy schüttete sich Gin in ein Glas und stürzte ihn die Kehle hinunter. »Ich bin wirklich zu alt, um noch als Mörderin durchzugehen.« »Die Polizei kann unmöglich glauben, daß Sie es getan haben«, sagte ich. »Dann hätte man Sie doch gebeten, mit aufs Revier zu kommen.«
»Ich habe gehört, wie der Arzt gesagt hat, daß Trina seit mehr als einer Stunde tot sei«, warf der Brigadegeneral ein. »Vielleicht wäre man sonst anders verfahren.«
»Bestimmt haben sie das ganze Haus auf den Kopf gestellt, während ich mit dem Detective zusammengesessen habe – um nachzusehen, ob ich mich fix umgezogen und die blutverschmierten Kleider versteckt habe.« Mrs. Malloy schnaubte in der üblichen Art, ehe sie sich noch einen Gin eingoß. »Eine Frechheit! Was hätten die Dummköpfe schon finden sollen? Ich weiß von nichts.«
Mit einem Mal wurde ihr unerschrockenes Gehabe von einem entsetzten Gesichtsausdruck abgelöst. Der burgunderrote und bronzefarbene Lidstrich, den sie aufgelegt hatte, verschwand, so sehr riß sie die Augen auf, während sie zu ihrem kleinen Telefontischchen hinüberstarrte. Ich folgte ihren Blicken. Neben dem Telefon befand sich eine schwarze Handtasche aus einfachem, glatten Lederimitat. Mrs. Malloys Handtasche lag auf dem Küchentisch – imitiertes Krokodilleder mit riesiger verschnörkelter Goldschnalle. Die andere Tasche entsprach ganz und gar nicht ihrem Geschmack. Sie war zu praktisch. Ob es die von Trina McKinnley war? Irgendwo hatte ich sie jedenfalls schon einmal gesehen. »Wem gehört diese Tasche?« fragte ich.
»Welche Tasche?« Mrs. Malloy wußte genau, welche ich meinte. »Wieso – darf eine Frau etwa keine zwei Handtaschen besitzen, ohne daß sich gleich jeder was dabei denkt?« Ihre Hände zitterten, als sie sich ein weiteres Glas Gin eingoß. »Entschuldigung«, sagte ich rasch. »Ich kann offensichtlich nicht mehr klar denken.« Mit Sicherheit würde sie keinen Ton von sich geben, solange der Brigadegeneral noch bei uns war. Ich mußte mir etwas einfallen lassen, wie ich ihn aus der Wohnung bugsieren konnte, ohne seinen Verdacht zu erregen. Aber das würde nicht schwer sein, denn zum Glück wirkte er immer noch ein wenig in sich gekehrt – kein Wunder nach dem, was er hinter sich hatte. Dann lud er uns jedoch ein, mit zu ihm zu kommen und uns bei einer Tasse Tee und einem kleinen Häppchen zu stärken.
»Ganz herzlichen Dank, General.« Mrs. Malloy brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Aber im Moment bleibe ich lieber mit Mrs. H. hier und flenne mich erst mal in Ruhe aus. Vor einem Mann macht man das ja nicht so gern, oder? Sonst verliere ich am Ende noch meine sexuelle Anziehungskraft und dann wäre ich hinterher nicht mehr dieselbe für Sie.« Damit hatte sie genau ins Schwarze getroffen. Mit einem letztmaligen Zupfen am Bademantel steuerte Brigadegeneral Lester-Smith geradewegs auf die Tür zu und murmelte, daß er uns keine Sekunde länger stören wolle.
»Kann sein, daß ich später noch mal auf ein Täßchen vorbeikomme«, gab Mrs. Malloy ihm als Trost mit auf den Weg. Er verschwand. Das fleckige Handtuch hatte er sich um die Schultern gelegt. Er sah aus wie ein Boxer, der geschlagen den Ring verläßt. Die Tür hatte sich noch nicht richtig hinter ihm geschlossen, da fiel ich über Mrs. Malloy her. »So – und nun erzählen Sie mir alles über die Handtasche, die Ihnen nicht gehört.«
»Seit wann sind Sie bei Scotland Yard?« Sie griff erneut nach der Ginflasche, aber ich war schneller und stellte die Flasche an das andere Ende des Küchentischs. »Kein Tropfen mehr, bevor Sie nicht geredet haben.« »Na gut, von mir aus, ich sag es Ihnen.« Sie gab schneller auf, als ich gedacht hatte. »Wir zwei, Mrs. H., wir haben doch schon einiges zusammen durchgemacht, oder nicht? Man könnte sogar sagen, wir sind verwandt, jetzt wo mein George Ihre – Cousine Vanessa – geheiratet hat.« Der Name schien ihr im Hals steckenzubleiben, aber sie bekam ihn schließlich doch herausgewürgt. Irgendwann würde ich Mrs. Malloy fragen müssen, warum sie sich so lange von der Außenwelt abgekapselt hatte, aber in diesem Moment wollte ich sie unter keinen Umständen ablenken.
Weitere Kostenlose Bücher