Der Puzzlemoerder von Zons
gewesen wäre und im letzten Augenblick die Sicht auf die Leiche für die kleine Agnes verstellt hätte. Josef liebte seine kleine Tochter über alles und so wollte er um jeden Preis Schlechtes von ihr abwenden. Wenn die Kleine nicht im Haus war, hatten er und Bastian jedenfalls genug Zeit, um die Leiche ausgiebig zu untersuchen.
Bastian sah blass aus. Wie Josef ihn kannte, hatte er wieder die ganze Nacht gegrübelt und kein Auge zugedrückt. Er konnte schon verdammt hartnäckig sein. Bis auf Bastian hatten alle gedacht, dass Dietrich Hellenbroich längst über alle Berge geflohen war. Auch er selbst wäre niemals auf die Idee gekommen, dass dieser Mörder noch einmal in Zons zuschlagen würde. Er hielt immer große Stücke auf Bastian und er glaubte ihm eigentlich immer. Doch auch er konnte Bastians ungute Vorahnungen, was Dietrich Hellenbroich anging, am Ende nicht mehr ertragen. Er hatte ihm einfach nicht mehr zugehört und leider behielt Bastian Recht.
Er konnte ihm regelrecht ansehen, wie sehr es ihn quälte, dass er den erneuten Mord zwar erahnt, jedoch nicht verhindert hatte. Bastian war ein junger und ehrgeiziger Kerl und noch nie hatte es in Zons zwei solche Morde innerhalb nur eine s Monats gegeben. Das machte Bastian sehr zu schaffen. Josef sah Bastian an. Sein blondes Haar war noch strubbliger als sonst und unter seinen dunkelbraunen Augen machten sich dunkle Ringe bemerkbar. Er war unrasiert und seine Lippen wirkten blutleer. Nur seine hohen Wangenknochen waren rosig. Josef wusste von seiner Cousine, dass wohl neben seinen braunen Augen diese hohen, sehr edel wirkenden, Wangenknochen der Grund für seine starke Anziehungskraft auf Frauen aus jeder Gesellschaftsschicht waren. Doch Bastian war sich trotz seines Alters dieser Anziehungskraft wohl nicht bewusst und war stets seiner einen Liebe treu geblieben. Josef lächelte in sich hinein. Er wäre als junger Kerl sicherlich anders gewesen, wenn Gott ihn mit einem solchen Aussehen bedacht hätte. Er hatte sich als junger Bursche die verrücktesten Tricks ausdenken müssen, um einem Mädchen näher kommen zu können. Er schüttelte den Kopf. Und Bastian liefen die Frauen in Scharen hinterher und er merkte es nicht einmal. Das Leben war schon manchmal verrückt.
Sie betrachteten Gertruds Leiche. Es war wirklich eine Schande! Gertrud war ein wunderschönes, lebhaftes Mädchen mit leuchtend blauen Augen und goldig glänzendem, blondem Haar. So, wie sie jetzt hier vor den beiden lag, war von dieser Schönheit nichts mehr zu erkennen. Ihre Augen waren stumpf und grauenvoll nach oben verdreht. Von ihren langen, blonden Haaren war nichts übrig geblieben. Der Mörder hatte sie ihr, genau wie der ersten Toten, sorgfältig vom Kopf geschoren. Ihr Schädel war blutverschmiert.
„Ich möchte zuerst nach eingeritzten Zeichen auf ihrem Schädel suchen“, sagte Bastian und begann vorsichtig mit einem feuchten Leinentuch das verkrustete Blut aufzuweichen.
Nach ein paar Minuten konnten sie das Blut mühelos vom Schädel entfernen. Bastian pfiff durch die Zähne.
„Hier haben wir es wieder, Josef! Er hat auch Gertrud Zeichen in die Kopfhaut geritzt. Ich habe es gewusst! Vielleicht können wir ihn aufspüren, wenn wir herausfinden, wer sein nächstes Opfer sein könnte!“
Auf Gertruds Kopfhaut waren wieder zwei Ziffern und ein Buchstabe eingeritzt. Diesmal waren es die Zeichen „1-7-M“. Bastian war sich sicher, dass der Buchstabe „M“ für Gertruds Nachnamen stand. Sie hieß Gertrud Minkenberg. Der Buchstabe „M“ war der erste Buchstabe ihres Nachnamens. Bei Elisabeth waren die Zeichen „1-6-K“ in die Kopfhaut eingeritzt worden und Elisabeth hieß mit Nachnamen Kreuzer. So musste es sein. Der Mörder suchte sich für jede Stadtmauer ein Mädchen als Opfer heraus. Die Buchstaben verrieten den Nachnamen der Mädchen. Bastian suchte in seinem Notizbuch die Skizze von der Gefängnistür im Juddeturm heraus. Hier hatte der Mörder Dietrich Hellenbroich in der Nacht, in der er aus dem Juddeturm fliehen konnte, ebenfalls Zeichen in die dicke Holztür geritzt.
„1-6-K-1-7-M-1-8-Z“, las Bastian laut vor.
„Ich verstehe zwar immer noch nicht, in welcher Reihenfolge er seine Opfer aussucht, aber wenn die Buchstaben für den Nachnamen der Mädchen stehen, dann müssen wir jetzt alle Mädchen von Zons, deren Nachname mit einem ‚Z’ beginnt, unter den Schutz der Stadtwache stellen!“, atemlos blickte Bastian zu Josef auf.
„Josef, macht hier weiter und
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