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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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lautstark, wenn auch nicht durchaus melodisch. In der Küche im Oberstock sagte Rosella Barker, Sally Levitts Dienstmädchen, mit verklärtem Blick und breitem Grinsen zu ihrem vierzehnjährigen Bruder Mervin, der am Küchentisch Kaffee trank und darauf wartete, seine Schwester nach Hause zu begleiten:
    »Diesen Leuten ist der Rhythmus angeboren, Honey. Weiße, gewiß -
    aber sie haben Musik in sich, und die kommt heraus in allem, was sie tun
    - schon in ihrem Gang.« Und sie freute sich im stillen über den Ausdruck auf dem Gesicht des jungen.
    Dave Schoenfeld wurde vor seiner Entlassung noch in den Oberstenrang erhoben und rüstete 1945 ab. Die Armee hatte ihn um seine besten Jahre gebracht. Sein Körper hatte an Spannkraft, sein Schritt an Jugendlichkeit verloren. Sein Haar war schütter und grau und sein Prostataleiden schlimmer geworden, so daß er dauernde Pflege brauchte; die bekam er auch - bezeichnenderweise auf dem Weg über ein Verhältnis mit der attraktivsten Krankenschwester des Stützpunkts.
     
    Zwei Wochen nach seiner Rückkehr ins Zivilleben teilte ihm ein ehemaliger Offizierskamerad mit, das Mädchen habe eine Überdosis Schlafmittel genommen und sei nach einer Magenauspumpung in die Staaten geflogen worden; sie befinde sich im Walter Reed Hospital zur psychiatrischen Beobachtung. Schoenfeld hatte den Brief in den Papierkorb geworfen, zusammen mit einem umfangreichen Bündel unbrauchbarer Bürstenabzüge und Einladungen zu sozialen Ereignissen, an denen er nicht teilzunehmen wünschte.
    Cypress war um fast tausend Einwohner gewachsen. Bei seiner Rückkehr besaß die Stadt eine Sägemühle, eine kleine Fabrik, die im Lizenzverfahren Funkgeräte erzeugte, und die Zusage einer mittelgroßen Textilfirma aus Fall River, Massachusetts, demnächst mit Sack, Pack und Webstühlen hierher zu übersiedeln. Und Dave war ein reicher, gutaussehender Junggeselle von achtundvierzig Jahren, der herzlich empfangen wurde von den vielen Frauen, mit denen er in all den Jahren zu tun gehabt hatte, und den vielen Männern, denen sein politischer Einfluß ein oder das andere Mal von Nutzen gewesen war. All das trug dazu bei, daß er sich glücklich fühlte, zu Hause zu sein. Er investierte 119.000 Dollar, um die News und ihre Lohndruckerei von Buchdruck auf Offset umzustellen, ein Verfahren, dessen Vorzüge er beim Militär schätzengelernt hatte. Er änderte den Erscheinungstermin der Zeitung von wöchentlich auf zweimal wöchentlich, um von der zu erwartenden höheren Auflage entsprechend zu profitieren, und stellte einen agilen jungen Mann an, der direkt von der Henry W. Grady School of Journalism kam und den Großteil der redaktionellen Arbeit übernahm; dann zog er sich aus dem Betrieb zurück und widmete sich wieder dem Pokerspiel, zweimal die Woche, mit Richter Boswell, Nance Grant, Sunshine Janes und Sheriff Nate White.
    Seit zwanzig Jahren waren diese fünf Männer dem Pokern leidenschaftlich verfallen. Insgesamt kontrollierten sie die Baumwolle, die Erdnüsse, das Gesetz, die Macht und die öffentliche Meinung in Cypress. Ihr stetig sich mehrender Aktienbesitz hatte sie schon längst zu wohlhabenden Männern gemacht.
    Sie hießen den heimgekehrten Dave in ihrer Mitte willkommen. »Na, wie hat's dir da droben gefallen in Grön-Land?« fragte der Sheriff, wobei er Grönland betonte, als schriebe man es in zwei Wörtern.
    »Es war zum Arschabfrieren«, sagte Dave und mischte die Karten.
    Sunshine hob ab. »Genug von dem Eskimo-Kaff, wie? Muß ganz schön nach Lebertran stinken.«
    »Meinst du mich?«
    Sunshine platzte heraus, und auch die andern grinsten.
    »Na, dann wollen wir mal sehen, wie es jetzt mit meinem Glück steht«, sagte Dave und begann zu geben.
    Er hatte sehr viel photographiert, und so erhielt er sieben Wochen nach seiner Heimkehr eine Einladung, im Männerverein der Methodisten einen Lichtbildervortrag zu halten. Die Farbdias von den Gletschern und Schneeabstürzen waren ein großer Erfolg, und ebenso seine Geschichten und Anekdoten über das Zusammenleben von Eskimos und amerikanischen Soldaten. Am nächsten Tag rief ihn Ronnie Levitt an und fragte, ob er den Vortrag am Freitagabend anschließend an den oneg schabat in Levitts Wohnung wiederholen wollte. Der Andachtsraum war gedrängt voll mit frommen Juden, die er aber zum Teil nicht kannte, wie er am Freitagabend überrascht feststellte. Trotz Ronnies mangelhafter Stimmführung fielen alle begeistert in die Gesänge ein. Predigt gab es keine,

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