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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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sprang er auf und öffnete. Aber sogleich legte er sich wieder hin. »Hey«, sagte er, »für dich.«
    Sie trug einen roten Regenmantel, einen verbeulten Regenhut und Gummistiefel. Ihre Wangen waren naß vom Regen, und an ihren Wimpern und Brauen hingen winzige Tropfen.
    »Ich hab gewartet und gewartet«, sagte sie.
    »Wird ziemlich naß sein am Strand.« Er kam sich vor wie ein Idiot, aber er war sehr glücklich, daß sie zu ihm gekommen war. »Wir könnten einen Spaziergang machen. Haben Sie einen Regenmantel?«
    Er nickte.
    »Dann ziehen Sie ihn an.«
    Er tat, wie sie gesagt hatte, und griff im Hinausgehen nach dem Lunchpaket. Schweigend gingen sie dahin.
    »Sind Sie böse?« fragte sie. »Nein, ich bin nicht böse.« Sie bogen in den Fußpfad ein, der durch ein Gehölz in den Wald führte. Er konnte es nicht lassen, zu fragen: »Fürchten Sie sich gar nicht?«
    »Wovor?«
    »In den Wald zu gehen. Allein. Mit mir.«
    Sie sah ihn traurig an. »Nicht böse sein, bitte. Versuchen Sie doch, zu verstehen, wie das alles ist...«
    Sie waren mitten auf dem Weg stehengeblieben. Von den überhängenden Ästen tropfte es auf ihre Köpfe. »Ich werde Sie jetzt küssen«, sagte er.
    »Das möchte ich.«
     
    Es war seltsam. Ihr Gesicht war feucht und ein wenig kühl, die Haut roch frisch und sauber, als er den Mund auf ihre Wange drückte. Ihr Mund war weich und leicht geöffnet. Sie erwiderte seinen Kuß.
    »Vielleicht liebe ich dich«, sagte er. Noch nie zuvor hatte er das zu einem Mädchen gesagt.
    »Weißt du das nicht sicher?«
    »Nein. Aber - es erschreckt mich ein wenig. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Ich kenne dich doch kaum.«
    »Ich weiß. Mir geht es genauso.« Sie legte ihre Hand in die seine, als wollte sie ihm etwas geben, und er hielt sie fest, selbst als der Pfad so schmal wurde, daß sie hintereinander gehen mußten.
    So kamen sie zu einer riesigen Föhre, deren Zweige einen Schirm bildeten. Darunter war der Boden trocken und dicht mit Nadeln bedeckt. Dort setzten sie sich und aßen ihren Lunch. Sie redeten sehr wenig. Nach dem Essen lehnte sie sich zurück und schloß die Augen.
    »Ich möchte so gern meinen Kopf in deinen Schoß legen.«
    Sie hakte ihren Regenmantel auf und schlug ihn auseinander.
    Darunter trug sie Shorts und eine Strickjacke.
    »Bin ich dir zu schwer?«
    »Nein.« Ihre Hand streichelte sein Haar. Ihr Schoß war warm und gewährend. Rund um die beiden tropfte der Regen von den Zweigen. Michael wandte den Kopf, und seine Wange lag auf ihren erträumten nackten Schenkeln.
    »Ist dir nicht kalt?« fragte er schuldbewußt. Die Hand, die sein Haar gestreichelt hatte, verschloß ihm sanft den Mund. Sie schmeckte ein wenig salzig, als seine Lippen sie berührten. Am nächsten Vormittag, beim Saftpressen und Gemüseschneiden, behielt Michael dauernd die Schwingtür im Blick, um Ellen wenigstens kurz sehen zu können. Als sie zum erstenmal durch die Tür kam, lächelte sie, lächelte nur für ihn. Später hatte sie keine Zeit mehr, ihn anzusehen. Die Kellnerinnen arbeiteten wie die Sklaven, kamen eilends wie auf Rollschuhen mit ihren Bestellungen durch die Schwingtüren und mußten dann, das Tablett auf den Fingerspitzen einer Hand hoch über den Köpfen balancierend und mit den Hüften die Türen aufstoßend, denselben Weg wieder in den Saal zurückeilen.
    Von Zeit zu Zeit kam sie in den Anrichteraum, und während sie Salat und Grapefruits holte, konnte er ein paar Worte mit ihr wechseln.
    »Heute abend?«
    »Unmöglich«, sagte sie. »Ich geh gleich nach dem Abendessen zu Bett.« Sie rannte weg und ließ ihn stehen wie einen Topf auf dem Herd.
    Er begann zu kochen. Was ist los, zum Teufel, dachte er. Gestern haben wir von Liebe geredet, und heute ist ihr nichts wichtiger als ihr Schlaf.
    Er machte ein finsteres Gesicht, als sie das nächstemal hereinkam.
    Sie beugte sich über ihn, der verdrossen seine ZitronenScheiben schnitt. Ihr Kinn war weich und rund, fast noch ein wenig kindlich.
     
    »Ich geh so zeitig zu Bett, damit ich vor Morgengrauen aufwachen und am Hotelstrand schwimmen kann. Magst du kommen?«
    Ihre Augen glänzten vor Erregung und Geheimnis.
    Er verschlang sie mit den Blicken.
    »Sicher mag ich«, sagte er.
    Ein Insekt summte an seinem Ohr und ließ sich nicht verscheuchen, wie immer er den Kopf auch drehte. Er öffnete die Augen. In der Unterkunft war es finster. Seine Hand tastete unter das Kissen. Er hatte den Wecker in zwei Unterhemden und ein Handtuch gewickelt, und ein

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