Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Raben Speise

Der Raben Speise

Titel: Der Raben Speise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
Vom Netzwerk:
Gesicht seiner Opfer trägt? Es gibt ihn seit vielen Jahren, und der Doge und die Gilden versichern sich immer wieder seiner Dienste. Er tut, was sie wollen, doch weiß ich sicher, dass selbst sie, die Mächtigsten, Angst vor ihm haben.«
    Beatrice pflichtete ihm mit einem heftigen Nicken bei. »Er stiehlt dein Gesicht, dann deinen Verstand. Dann tötet er dich. Und danach stiehlt er deine Seele.«
    »Und er hat eine Ewigkeit Zeit. Er wird da draußen auf uns warten, um den Auftrag der Glasbläsergilde zu erfüllen. Wir können nicht auf immer hier bleiben. Und dann ist es um meine Frau und um mich geschehen.«
    Das genügte nicht, um meine Skepsis zu beseitigen. »Und den kleinen Jungen, den Dietrich, hat er den auch im Auftrag irgendeiner Gilde getötet, oder hat er den nur so am Rande erledigt, weil es ihn nach einer frischen Seele gelüstete?«
    In das Gesicht des Italieners schlich ein Hauch von Traurigkeit. »Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass meine geliebte Frau und ich keine Zukunft haben werden, solange es ihn gibt.« Dann versagte ihm die Stimme, während er Beatrice fester an sich drückte, in deren Augen Tränen stiegen.
    So viel Fatalismus war dazu angetan, mich krank zu machen. »Ihr werdet gut genährt und habt eine trockene Unterkunft. Also wird es nicht allzu viel verlangt sein, wenn ihr noch ein paar Tage hier bleiben müsst. Der alte Frederik wird derweil versuchen, eurem Dämon die gestohlenen Seelen wieder abzujagen. – Und wenn es soweit ist, vergesst nie, in wessen Schuld ihr dann steht!«
    Damit schlug ich die Tür hinter mir zu.
    Wenn Ihr nun meint, meine schwer zu täuschenden Freunde, Euer Frederik sei ein sentimentaler Hund und durch die Tränen einer schönen Frau leicht zu erweichen, so habt Ihr nur zum Teil Recht. Denn erstens hatte ich mich bereits dem Herrn von Crange verpflichtet, den Kindesmörder zu fassen, und zweitens hatte mich mehr der Zorn über die Schicksalsergebenheit dieses Paares als das Mitleid mit ihnen hingerissen. Drittens aber bin ich der Überzeugung, dass mir im Falle meines Erfolges diese beiden noch sehr nützlich sein könnten.
    Ich war schon einige Schritte über den Gang gelaufen, als Beatrice mich einholte. »Egal, was Ihr vorhabt, aber kommt nicht in seine Nähe und seht ihm nicht ins Gesicht, sonst wird es Euch ergehen wie allen anderen. Versucht es aus der Ferne.«

    »Primo, wir haben einen Assassinen von jenseits der Alpen, den man losgeschickt hat, um einen abtrünnigen Glasmeister und dessen Frau zu töten. Secundo, dieser anscheinend unfehlbare Mörder soll über die Gabe verfügen, das Aussehen seines jeweiligen Opfers anzunehmen. Et terzio, eben dieses Wesen tötet hier in Crange einen kleinen Jungen, der mit überhaupt nichts in Verbindung gebracht werden kann. – Wie reimt sich das zusammen? Aber vor allem: Wie verhält sich dies zum Tod des armen Conrad?
Das
herauszufinden ist doch unsere vordringliche Aufgabe, und der Bischof wird es uns übel ankreiden, wenn wir sie vernachlässigen.«
    Mein braver Ossenstert liebte es bisweilen, in dieser magisterhaften Art zu dozieren. Ich traf ihn im Gesindehaus zusammen mit Hillink in ihrer gemeinsamen Kammer beim Schachspielen an, und nachdem ich sie über meine Unterhaltung informiert hatte, wurde das Spiel sogleich zur Nebensache.
    »Es reimt sich so, dass der Junge nur versehentlich getötet worden ist. Vergleicht seine Gestalt mit der Beatrices, eingehüllt in einen Umhang mit Kapuze. Doch davon ab, sei gewiss, dass ich nicht vorhabe, meinen Auftrag zu vernachlässigen. Und genau deshalb kann ich es mir nicht leisten, dass mir jetzt ein gefährlicher Mörder in die Quere kommt, weil er sich vielleicht ein zweites Mal irrt und meint, wir seien nun für den Schutz der Italiener verantwortlich. Hier habe ich noch die besten Chancen, selbst die Regeln zu bestimmen. Aber wie wird das aussehen, wenn er uns hier entwischt und später aus dem Hinterhalt zuschlägt? – Bedenke außerdem Folgendes: Wir haben auf der einen Seite bei Conrad eine Mordmethode, die uns gänzlich schleierhaft ist. Auf der anderen Seite treibt da ein Mörder sein Unwesen, dessen Spezialität es ist, seine Opfer auf beinahe gespenstische Art in den Tod zu schicken. Und dieses Wesen ist hier vor Ort, hier, wo Conrad umgebracht wurde. Willst du da eine Verbindung ausschließen? Nein, ich muss seiner habhaft werden, sei es, um ihn als Täter zu überführen oder ihn als solchen auszuschließen. Letztenfalls hätten wir zumindest

Weitere Kostenlose Bücher