Der Rache Suesser Klang
entführt worden, die einen unschuldigen Mann ermordet haben. Wenn wir zur Polizei gehen, bringen sie ihn auch noch um.« Zweifel schlichen sich in Clays Blick, und Ethan schluckte, als er vergeblich versuchte, das Bild von Alec in den Händen dieser Schweine zu verdrängen.
»Er ist doch nur ein Kind, Clay«, flüsterte er heiser. »Er muss furchtbare Angst haben.«
Und er kann nicht einmal um Hilfe rufen.
Clays Augen verhärteten sich wieder. »Falls er noch lebt.«
Alec könnte inzwischen schon tot sein.
Das war ein Gedanke, den er aus seinem Kopf halten musste. »Er lebt. Es kann nicht anders sein. Hör zu, wenn irgendjemand das Haus hier beobachtet, dann bieten wir ihm eine richtig gute Show. Entweder du gehst jetzt oder du bleibst, aber hier draußen sollten wir nicht länger miteinander reden.«
Clay sah ihn einen langen Moment an, dann seufzte er und holte seine Sporttasche und Ethans Laptop vom Beifahrersitz. »Verdammt. Sag bitte, dass die eine Klimaanlage haben.«
»Drinnen ist es besser.« Ethans Nerven beruhigten sich ein wenig. Clay war dabei. Er führte seinen Freund direkt in die Küche, wo Randi wieder das Telefon festhielt und Stan mit einem Glas Whisky in der Hand unruhig auf und ab ging.
Randi schaute auf, als sie eintraten. Sie war leichenblass. »Sie sind Ethans Partner. Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.«
»Ich habe mit Richard gedient«, erwiderte Clay schlicht. Und mehr brauchte er auch nicht zu sagen. Marines kümmerten sich umeinander. Auch dann noch, wenn sie keine Uniform mehr trugen.
»Richard und ich dienten mit Clay, als wir in Somalia stationiert waren. Wir kamen direkt von der Akademie«, erklärte Ethan. Stan versteifte sich. Stan hatte niemals verstanden, wieso Richard sich den Marines verschrieben hatte, und es war stets ein Streitpunkt zwischen den beiden Brüdern gewesen. Dass Ethan und Richard dies miteinander geteilt hatten, hatte die Kluft zwischen Stan und Richard nur noch breiter gemacht. Und Richards Tod hatte sie letztlich in eine tiefe Schlucht verwandelt.
»Ja, natürlich – gutes, altes
Semper fi«,
sagte Stan bitter und trank den Rest Whisky in einem Zug. »All das Getue mit Brüderschaft und ewiger Treue hat ihm verdammt viel genützt.« Er knallte das Glas auf die Arbeitsplatte und verließ steif die Küche.
Randi schloss die Augen. »Es tut mir leid.«
Ethan drückte ihre Schulter. »Schon gut.«
Clay ging vor ihrem Stuhl in die Hocke. »Randi. Wer wusste davon, dass Sie nicht hier sein würden?«
Randi schlug die Augen auf, als ihr klar wurde, was er damit sagte. »Oh Gott, es könnte jemand sein, den wir kennen.« Unwillkürlich legte sie sich die Hand vor den Mund. »Ich weiß es nicht. Ich kann nicht denken.«
Ethan rieb ihr tröstend die Hand über den Rücken. »Bleib hier sitzen und überleg, wer davon wusste, dass ihr im Strandhaus sein würdet. Und dann wird dir auch einfallen, wer außerdem wusste, dass ihr nach Annapolis fahren wolltet. Ich bringe Clay nach draußen, dann sehe ich zu, ob ich die E-Mail zurückverfolgen kann.«
Sie zuckte bei dem Wort »draußen« zusammen, nickte aber. »Gut.«
Clay wartete, bis sie auf dem Weg zum Schuppen waren. »Sie haben eine E-Mail bekommen? Wann?«
»Donnerstagmorgen um Viertel vor acht von Rickmans E-Mail-Adresse. Alec sei am Leben, und sie sollten daran denken, nicht die Polizei zu rufen. Und es gab einen Anhang.«
»Von Rickmans Adresse?«
»Ja. Der Laptop war nicht mehr in ihrem Zimmer. Die Kamera auch nicht.«
Clay warf ihm einen raschen Seitenblick zu. »Und der Anhang? Foto von Alec, gefesselt, geknebelt?«
»Genau. Nachts aufgenommen, im Hintergrund etwas, das nach Wald aussieht.«
»Ethan, ich weiß, dass der Junge dir etwas bedeutet, aber das ist ein Fall fürs FBI . Du weißt das.«
Er wusste es. Er wusste auch, was sich im Schuppen befand. »Warte noch eine Minute.«
Einen Augenblick später waren sie am Schuppen angelangt. »Drinnen ist kein Licht.« Ethan bückte sich und hob eine Taschenlampe auf, die er neben dem Schuppen hatte liegen lassen. »Nimm die.«
Clay öffnete die Tür, und einen Moment lang war nur der Nachtwind und das sanfte Platschen der Wellen gegen Stans Boot zu hören, das am Steg befestigt war. Sein Partner lenkte den Lichtstrahl über die Leiche im Schuppen.
»Sein Name ist Paul McMillan. Er war Architekt in Baltimore. Er und Cheryl Rickman wollten am nächsten Valentinstag heiraten.«
Clay schaltete die Lampe ab. »Wie sieht es aus mit der Idee,
Weitere Kostenlose Bücher