Der Rache Suesser Klang
und war …« Er zog die Brauen zusammen. »Enttäuscht von mir. Hat mir die Hölle heiß gemacht. Meinte, ich sei jetzt lange genug herumgestreunt und sollte endlich mal zur Ruhe kommen. Eine Familie gründen.« Er blinzelte angestrengt. »Einen Erben in die Welt setzen«, fuhr er mit unsicherer Stimme fort. »Das war das Letzte, was er zu mir sagte.«
Der Schimmer in seinen Augen ließ sie erneut einknicken. »Letzten Worten wie diesen kann man selten gerecht werden«, sagte sie leise.
»Also habe ich aufgehört, herumzustreunen, Dana. Ich habe angefangen, auf jemand Besonderen zu warten.«
Panik drückte ihr gegen die Brust. »Sie können mich nicht für etwas Besonderes halten«, sagte sie. »Das bin ich nicht.«
Er hob die Schultern. »Vielleicht nicht. Aber ich würde das verdammt gerne selbst herausfinden.« Er warf ihr einen harten Blick zu. »Du etwa nicht? Kannst du mir sagen, dass du es nicht auch fühlst, wenn ich dich berühre?«
»Das ist nur Lust, Ethan. Ich habe trotzdem noch Prioritäten, und du lebst immer noch woanders.«
»Kleinigkeiten, Dana. Im großen Plan des Lebens sind deine Arbeit und mein Wohnort nur Kleinigkeiten.« Sie schwieg, und er seufzte. »Es ist spät, und wir sind beide müde. Warum warten wir nicht einfach ab, wie … wie es weitergeht? Frühstücke morgen mit mir, und wir können uns noch ein bisschen unterhalten.« Er strich ihr mit einem Zeigefinger über die Wange. »Sieh es positiv«, sagte er mit rauchiger Stimme. »Du lernst mich besser kennen und stellst vielleicht fest, dass ich doch ein mieser Schuft bin, und dann kannst du dich ganz und mit Wonne auf den One-Night-Stand einlassen.«
Sie musste grinsen. »Frühstück ist nur noch ein paar Stunden entfernt.«
»Dann sieh zu, dass du schläfst. Wir treffen uns morgen im Coffeehouse um halb acht. Dann kannst du von da zur Arbeit gehen.« Er ging etwas in die Knie, bis er auf ihrer Augenhöhe war. »Na?«
Sie seufzte. »Okay.«
Sie sah Erleichterung in seinen grünen Augen. »Schön.« Er zögerte einen Moment, nahm dann sanft ihr Gesicht in die Hände und küsste sie auf die Stirn. »Gute Nacht. Und schließ die Tür hinter mir ab.«
»Mach ich.« Sie tat es und sank dann gegen die geschlossene Tür. Ihr Puls hämmerte. Was hatte sie getan? Sie hatte eingewilligt, ihn wiederzusehen. Das würde es nur noch schwerer machen, ihm Lebwohl zu sagen.
Aber was, wenn sie das gar nicht musste? Carolines Worte hallten in ihrem Kopf wider. Was, wenn sie Hanover House nicht mehr leiten musste? Hatte sie nicht auch ein Recht auf ein eigenes Leben?
Sie betrachtete den Boden ihres Wohnzimmers, den abgewetzten Teppich, der absichtlich schief lag. Dann blickte sie auf ihre Hände. Und erinnerte sich. Ethan fühlte sich noch nach zwei Jahren schuldig. Sie noch nach zwölf. Dies war ihr Leben. Und darin war kein Platz für Ethan Buchanan.
Sie wartete fünfzehn Minuten, dann verließ sie ihre Wohnung und verriegelte sie. Sie hasste es, in ihrer Wohnung zu schlafen, wo sie unweigerlich die falschen Träume plagten. Sie würde heute Nacht im Hanover House schlafen. Im Übrigen hatte sie eine neue Klientin, um die sie sich kümmern musste.
Chicago
Montag. 2. August, 7.25 Uhr
E than saß in einer Nische in Bettys Coffeehouse und versuchte damit fertig zu werden, dass er gleichzeitig müde und aufgekratzt war. Nachdem er Danas Wohnung verlassen hatte, war er erfrischt und arbeitswillig wieder zum Busbahnhof zurückgekehrt und hatte nach weiteren Stunden endloser Bändersichtung endlich einen kurzen Blick auf Alec erhascht.
Clay ging beim ersten Klingeln ans Telefon. »Hast du ihn auf dem Video gefunden?«
»Ja. Ich hatte gedacht, dass er am Donnerstag mit dem Nachtbus von Indianapolis gekommen sei, aber ich habe gesehen, wie er aus dem Freitagmorgen-Bus gestiegen ist.«
Clay stieß den Atem aus. »Gott sei Dank. Wir hatten hier eine verdammt lange Nacht. Randi will mit dir reden.«
»Ethan, du hast ihn gesehen?« Randis Stimme bebte. »Bitte sag mir, dass es ihm gut geht.«
Ethan stellte sich Randi vor, wie sie die ganze Nacht neben Clay gesessen und darauf gewartet hatte, dass sein Handy klingelte, und er empfand einen Moment lang den gleichen Schmerz wie sie. »Ich habe ihn nur ganz kurz gesehen, als er aus dem Bus ausstieg. Er sah groggy aus, war aber offenbar nicht verletzt.«
Sie schluchzte. »Ethan, versprich mir, dass du suchst, bis du ihn gefunden hast.«
Sie tat ihm so unendlich leid. »Schlaf ein bisschen,
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