Der Rache Suesser Klang
nächsten halben Stunde ändern. Aber er konnte ihr Dasein ein wenig sicherer machen. Und zwar, indem er dafür sorgte, dass sie eine Möglichkeit hatte, um Hilfe zu rufen, falls einer der Junkies in ihrem Hausflur ihr zu nah kam, bevor sie ihre drei Riegel vorschieben konnte.
Er hatte gerade noch genug Zeit, ihr ein Prepaid-Handy aus dem Eckladen gegenüber zu kaufen, bevor er sie zum Frühstück traf. Ethan schob den Laptop in die Tasche. Er würde ihn mitsamt der Pistole, die in seinem Hosenbund steckte, im Kofferraum verstauen. So würde sie, falls ihre Hände über seinen Körper wandern sollten, nur ihn berühren und nicht die Waffe, die er noch immer nicht so recht zu erklären bereit war.
Chicago
Dienstag, 3. August, 6.00 Uhr
E than wartete diesmal auf dem Gehweg auf sie. Es überraschte sie, ihn dort zu entdecken, und sie war einen Moment aus dem Konzept gebracht. Er trug noch immer die Kleider, die er auch gestern angehabt hatte.
Sie allerdings auch.
Er straffte sich, als sie sich näherte, und musterte ihr Gesicht. Er schien zu sehen, was sie so verzweifelt zu verbergen versuchte. Dass sie Angst hatte, wütend war und dass sie sich entsetzliche Vorwürfe machte.
Er breitete die Arme aus, und sie begab sich, ohne zu zögern, hinein und ließ zu, dass er sie an sich zog. Sie schob ihre Hände unter sein Jackett und strich über die festen Muskeln seines Rückens. Und empfand zum ersten Mal einen gewissen Frieden, seit … seit sie das letzte Mal in seinen Armen gelegen hatte.
»Was ist passiert?«, murmelte er. Legte seine Wange auf ihren Kopf. Hielt sie warm und sicher.
»Sie hat die ganze Nacht über Wehen gehabt.«
Ethan legte seine Lippen auf ihre Schläfe, und sie seufzte. »Wie viel zu früh würde das Baby kommen?«
»Sechs Wochen.«
»Nicht optimal, aber möglich.« Seine Stimme vibrierte und kitzelte sie an der Wange.
»Und du hast behauptet, du seist kein Arzt«, gab sie zurück und spürte sein stummes Lachen.
»Richard hat das einmal durchgemacht.« Er räusperte sich. »Mit seiner mittleren Tochter.«
Richard, der gestorben war, während er überlebt hatte. Sie hielt ihn ein wenig fester. »Und ging alles gut?«
»Zunächst sah es nicht so aus. Brendas Blutdruck spielte verrückt, und sie mussten das Baby sieben Wochen zu früh holen. Das Kind blieb einige Wochen im Brutkasten, dann konnten sie es mit nach Hause nehmen. Aber sie ist vollkommen in Ordnung. Sie ist gesund und … na ja, gesund eben.«
Seine Stimme war am Ende rauer geworden, was ihre ohnehin verwundete Seele noch stärker strapazierte. Sie lehnte sich zurück und sah zu ihm auf. »Wie viele Kinder hat Richard denn?«
»Drei. Alles Mädchen.« Abrupt wechselte er das Thema. »Du hast gar nicht geschlafen, oder?«
»Ein bisschen. Auf der Bank im Wartezimmer. Ich hole es nach, wenn ich im … zu Hause bin.« Dana brach ab und biss sich auf die Zunge. Beinahe hätte sie Hanover House gesagt. Sie war anscheinend noch erschöpfter, als sie geglaubt hatte. »Aber ich habe seit den Hotdogs gestern Abend nichts mehr gegessen. Gehen wir rein?« Sie versuchte, sich von ihm loszumachen, aber er hielt sie fest.
»Noch einen Moment.« Seine große Hand fuhr ihr durchs Haar und blieb an ihrem Hinterkopf liegen, während die andere sie noch fester an sich drückte, ihre Körper aneinanderpresste. Sie spürte ihn an ihrem Bauch, hart und pulsierend. Erregt. Er begehrte sie. Der Gedanke war berauschend. »Nur noch einen kleinen Moment.« Seine Stimme war sanfter, tiefer geworden, liebkosender. Ihr Herz überschlug sich, ihre Knie wurden weich. Sie hob die Hände zu seinem Gesicht. Seinem so schönen Gesicht. »Ich habe an dich gedacht«, murmelte er. »Die ganze Nacht.«
Ihr Inneres schien sich zu verflüssigen. »Ich auch. Und es war eine lange Nacht.«
Seine Lippen strichen über ihre, und sie hätte am liebsten gewimmert. »Ich habe daran gedacht, wie ich dich gestern Morgen an deinem Auto geküsst habe«, sagte er, und sie schauderte. »Wie du dich angefühlt hast. Und ich will dich noch einmal so spüren.«
Er verführte sie mit geflüsterten Worten, und prompt sehnte sie sich nach mehr, nach so viel mehr. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und stellte sich auf Zehenspitzen. Sie konnte ihn nun wieder spüren, groß und hart, aber nicht mehr an ihrem Bauch, sondern an der Stelle, wo es sich so sehr viel besser anfühlte. Entschlossen, ihre Frau zu stehen, fing sie seinen Blick ein und hielt ihn fest. »Dann tu
Weitere Kostenlose Bücher