Der Rächer von Antares
schwor mir bei Vox, daß es mit der Gemütlichkeit vorbei sein sollte, sobald Vallia angegriffen wurde. Dann sollten diese Menschen die Leiden des Krieges kennenlernen!
In der Villa erwarteten mich unangenehme Nachrichten.
Rees' Kammerherr kam mir am Eingang entgegen. Er war ebenfalls Löwenmensch und trug eine weiße Robe. An seinem Gürtel hing ein Schlüsselbund, daneben ein Thraxter. Dieser Mann, Rorgan der Schlüsselhalter, trug einen dermaßen niedergeschlagenen Ausdruck zur Schau, daß ich im ersten Augenblick annahm, Rees müsse gestorben sein.
»Nein, Notor. Er ist nicht tot. Aber Dr. Larghos fürchtet für sein Leben. Außer Lady Rashi darf niemand zu ihm.«
»Mögen Havil und Krun über ihn wachen«, sagte ich und faßte den Entschluß, gewisse Dinge für Zair zu tun, wenn sich der gute Gott dazu herabließ, meinem Freund zu helfen.
Chido war mit Vater und Schwester vor knapp einer Bur nach Eurys aufgebrochen. Sie waren geflogen. Der alte Vad hatte ausrichten lassen, daß er nicht ewig auf einen Freund warten könne, der ausgerechnet heute die ganze Nacht ausbleibe. Ich konnte mir seinen eisigen Tonfall vorstellen. Nun, das paßte zu diesem Mann – Temperament und Stolz in einer gefährlichen Mischung.
Niedergeschlagen verließ ich das Haus und wanderte ziellos im heiligen Viertel herum. Welch günstige Gelegenheit für das boshafte Schicksal, weiß Drig!
Der Tag ging irgendwie vorüber. Ich nahm das neunfache Bad, trieb mich unter den Kolonnaden herum und aß auf kregische Art – fünf- oder sechsmal am Tag. Gegen Mitte des Nachmittags hatte das Gedränge auf den Straßen spürbar nachgelassen, und das gespenstische Johlen und Kreischen aus dem großen Jikhorkdun und den anderen Arenen sagte mir, wohin die Menschen verschwunden waren.
Mißmutig wanderte ich über die Brücke der Schwerter, die vom Platz vor dem Großen Tempel Havils des Grünen über den Havilthytus führt. Unauffällig näherte ich mich den Quartieren der Soldaten. Die großen Blöcke der Baracken ragten in ödem Schachbrettmuster empor. Ich vermochte mich einem der äußeren Gebäude zu nähern und mich unbeobachtet ans Holztor zu schleichen. Der Wächter schlief mit meiner Hilfe im Stehen ein, und ich ließ ihn vorsichtig zu Boden sinken. Dann sammelte ich mehrere Arme voll trockenes Gras und Äste ein. Mit Feuerstein und Stahl erzeugte ich eine Flamme und steckte den Zunder in Brand. Ich wartete, bis die Flammen Nahrung fanden und plötzlich emporloderten, dann rannte ich davon.
Wenige Augenblicke später wanderte ich gemütlich die Straße herauf. Schon waren einige Passanten zusammengelaufen. Ich gesellte mich zu ihnen und sah interessiert zu, wie die Baracken niederbrannten.
Soldaten hasteten hin und her, Löschgeräte wurden gebracht, Quoffas zogen riesige Bottichwagen mit Wasser herbei, während Totrixe vor die Pumpen gespannt wurden. Aber die Flammen ließen sich nicht eindämmen. Eine Rauchsäule stieg empor, ein schwarzer Fleck vor dem leuchtenden Himmel.
Töricht? Natürlich! Ein großer Schlag gegen Hamal? Kaum. Ein Luftablassen, ein Abreagieren von Trotz und Frustration? Zweifellos. Drig findet für müßige Hände eben immer etwas zu tun.
Aus den Bergen des Nordens führte ein Aquädukt in die Stadt, und es führte ganz in der Nähe vorbei. Weiter südlich gabelte er sich; ein Zweig führte zum Großen Tempel, der andere zum Hanitchik auf seiner schmalen Insel. Ich betrachtete das hohe Gemäuer. Hmm, sagte ich mir. Das wäre ein Streich.
Wenn ich nur einige Fässer altes englisches Schießpulver gehabt hätte ... Ich seufzte und entfernte mich.
Unterwegs suchte ich den Schneider auf. Die grüne Jacke war fertig. Das weiße Fell fühlte sich herrlich an. Ich bezahlte mit Gold-Deldys und kehrte zur Villa zurück.
Dort wurde mir ein überraschender Empfang zuteil.
Rashi, Rees' charmante Frau, stürzte auf mich zu und umarmte mich schluchzend. Der junge Roban stand an der Tür zum Eßzimmer und weinte haltlos. Kammerherr Rorgan der Schlüsselhalter lag tot auf dem Boden; sein Blut versickerte zwischen den Dielen. Er hatte sich offenbar gewehrt. Die Spuren verrieten mir, daß er mehrere Männer mit in den Tod genommen haben mußte – doch sie waren verschwunden.
Im hinteren Teil des Flurs lagen zwei tote Sklavinnen; sie waren hinterrücks mit Stuxes niedergemacht worden.
Andere Sklaven starrten mit schreckensbleichen Gesichtern um Ecken und aus Türöffnungen. Niemand wagte es, sich dem Ort des
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