Der Rächer von Antares
schrecklichen Gemetzels zu nähern.
Ich hielt die zitternde Dame des Hauses in den Armen und sah mich um. »Rees!« brüllte ich. »In Zairs Namen! Was ist denn hier geschehen?«
Oben an der Treppe ertönte eine zitternde Stimme, die Stimme eines alten Mannes. Ich hob den Kopf und blickte über Rashis bebende Schultern in die Höhe.
»Hamun«, sagte Rees der Löwenmann von der obersten Stufe. Zwei Bedienstete stützten ihn. Sein Gesicht war von einem kränklichen Grüngelb. »Reesnik, meinen Sohn – sie haben ihn ... getötet ...«
Im nächsten Augenblick stürzte mein Freund Trylon Rees vom Goldenen Winde kopfüber die Treppe herab; die schwachen Hände der Diener hatten ihn nicht mehr halten können. Sanft schob ich Rashi zur Seite und eilte auf meinen Freund zu. Er war nicht tot. Ich hob den Kopf und ließ meinen Gefühlen freien Lauf.
»Dr. Larghos!« brüllte ich. »Her mit dir, Mann, wenn dir dein Leben lieb ist!«
Larghos hastete herbei. Blut entstellte seinen weißen Mantel. Er öffnete seinen Koffer und stolperte. Nadeln klirrten zu Boden. Ich packte ihn und zerrte ihn hoch. »Ich habe es gesehen ...«, sagte er atemlos. »Saffi ist fort – fort!«
»Kümmere dich um den Notor!« knurrte ich.
Der Arzt kam wieder einigermaßen zu sich. Es war nicht sein Blut, das auf seinem Mantel schimmerte, sondern das Blut von Wächtern, um die er sich gekümmert hatte. Er beugte sich über Rees und begann mit seiner Arbeit.
Ich sah mich um und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. In diesem Tollhaus mußte doch jemand sein, der mir sagen konnte, was geschehen war ... doch ich ahnte bereits, welche Teufelei hier stattgefunden hatte.
Vad Garnath hatte sich gerächt! Er hatte Rees' Sohn umgebracht und seine Tochter Saffi entführt, um sie zu schänden und dann in die Sklaverei zu verkaufen!
12
Rees stöhnte, ein langgezogener, zitternder Laut der Qual. Ich fuhr zusammen. Dr. Larghos hob bekümmert den Kopf.
»Er wird es überleben, Notor, aber nur knapp. Wir müssen ihn nach oben schaffen, aber vorsichtig, er hat innere Verletzungen. Bei Havil dem Gnädigen – aber er wird es überstehen.«
»Männer!« brüllte ich. Ich sah mich um, und ein halbes Dutzend Gesichter verschwand hinter Pfeilern und Türstöcken. Ich sprang über die nächste Schwelle und zerrte zwei Dienstboten an den Kragen auf den Flur. »Helft mir mit dem Herrn, oder ich breche euch die Knochen!« rief ich; die Worte waren ernst gemeint.
Vorsichtig trugen wir Rees wieder die Treppe hinauf und in das Zimmer, wo wir ihn behutsam hinbetteten. Er stöhnte, doch seine fiebrigen Augen blieben geöffnet und starrten mich an. Der Schimmer in diesen Augen verriet mir die Qual, die er durchlitt.
»Hamun – alter Freund ...«
Das stimmte genau genommen nicht, denn wir kannten uns noch nicht lange. Doch ich ahnte und erwiderte seine Gefühle.
»Nicht sprechen, Notor«, sagte Larghos.
»Ich muß aber! Es war Garnath, Hamun. Garnath! «
»Aye.« Ich zupfte an seiner Bettdecke herum. »Die hamalischen Gesetze ...«
»Mit dem Gesetz können wir nichts ausrichten, es gibt keine – keine Beweise. Sie haben alle Zeugen niedergemacht.« Das Sprechen war eine Qual für ihn, doch er zwang die Worte über die Lippen. »Ich weiß, daß es Garnath war. Doch alle, die ihn gesehen haben, sind tot – tot wie Reesnik!«
Dr. Larghos versuchte ihn zum Schweigen zu bringen, doch der Löwenmensch knurrte ihn an – es war ein leises, schwächliches Knurren – und sagte atemlos: »Ich würde zu gern vor ihn hintreten und Rache nehmen, Hamun. Aber ...« Seine glasigen Augen rollten herum, und er starrte an das Fußende des Bettes. »Ich – kann – es – nicht.«
Was konnte ich tun?
Was konnte ich sagen?
Es fällt mir nicht leicht, Freunde zu finden. Und wer mein Freund ist, muß sich auf mich verlassen können.
Sanft drückte ich ihn wieder in die Kissen und starrte in sein gepeinigtes Gesicht.
»Ich gehe für dich, Rees. Notfalls reiße ich den Rast für dich in Stücke.«
»Saffi.«
Ich mußte es aussprechen.
»Ich bringe Saffi zurück, Rees. Wenn sie noch am Leben ist, bringe ich sie wohlbehalten zurück.« Ich sah den Schmerz in seinen Augen und fügte hastig hinzu: »Sie lebt noch, das mußt du mir glauben, Rees!«
Er nickte. »Ich vertraue dir, alter Junge. Saffi ...« In diesem Augenblick stach Dr. Larghos entschlossen mit einer Nadel zu, die den Vorhang Notor Zans zuzog und ihn in einen tiefen Schlaf versetzte.
Ich wandte mich
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