Der Raecher
alles verloren und Washington Lee alles bekommen, wovon er nie zu träumen gewagt hätte. Dexter hatte, nachdem er ihn ausfindig gemacht hatte, seinen Besuch telefonisch angekündigt.
»Treten Sie ein, Mr. Dexter«, sagte der ehemalige Hacker.
Sie saßen in Gartenstühlen auf dem Rasen hinter dem Haus und tranken Limonade. Dexter reichte Lee einen Prospekt. Auf dem Umschlag war ein zweistrahliger Firmenjet abgebildet, der über einem blauen Meer eine Kurve flog.
»Den kann natürlich jeder bekommen. Ich muss eine Maschine dieses Typs finden. Eine ganz bestimmte. Ich muss wissen, wer sie gekauft hat und wann, wem sie heute gehört und vor allem, wo der Betreffende lebt.«
»Und Sie glauben, er will nicht, dass Sie es erfahren.«
»Wenn der Besitzer ganz offen unter seinem richtigen Namen lebt, habe ich mich geirrt. Dann bin ich einer Falschinformation aufgesessen. Aber wenn ich Recht habe, verkriecht er sich irgendwo unter falschem Namen, beschützt von bewaffneten Leibwächtern und zugriffsicheren Datenbanken.«
»Und die soll ich knacken?«
»Genau.«
»In den letzten dreizehn Jahren ist alles viel schwieriger geworden. Scheiße, ich war selbst einer von denen, die alles schwieriger gemacht haben, technisch gesehen. Und der Gesetzgeber hat das Gleiche getan, juristisch gesehen. Was Sie von mir verlangen, ist Einbruch. Streng verboten.«
»Ich weiß.«
Washington Lee sah sich um. Am anderen Ende des Rasens plantschten zwei kleine Mädchen kreischend in einem Kunststoffbecken. Seine Frau bereitete in der Küche das Mittagessen zu.
»Vor dreizehn Jahren drohte mir ein längerer Aufenthalt hinter Gittern«, sagte er. »Und hinterher hätte ich wieder auf einer Mietshaustreppe im Getto gesessen. Stattdessen bekam ich eine Chance. Vier Jahre war ich bei der Bank, neun Jahre mein eigener Chef. Ich habe, in aller Bescheidenheit, die besten Sicherheitssysteme in den USA entwickelt. Jetzt ist es an der Zeit, mich zu revanchieren. Alles klar, Mr. Dexter. Was wollen Sie?«
Zunächst sahen sie sich das Flugzeug an. Der Name Hawker war im britischen Flugzeugbau bereits seit dem Ersten Weltkrieg ein Begriff. Steve Edmond hatte 1940 eine Hawker Hurricane geflogen. Das letzte Kampfflugzeug war die überaus vielseitige Harrier. Ab den Siebzigerjahren konnten kleinere Firmen nicht mehr die nötigen Mittel für Forschung und Entwicklung aufbringen, um im Alleingang neue Kampfflugzeuge zu bauen. Das war nur den amerikanischen Branchenriesen möglich, und selbst die fusionierten. Hawker verlegte sich zunehmend auf den zivilen Flugzeugbau.
In den Neunzigerjahren waren nahezu alle britischen Flugzeugbauer unter dem Dach der British Aerospace oder BAe vereint. Dann beschloss der Vorstand, das Unternehmen zu verkleinern, und verkaufte die Tochtergesellschaft Hawker an die Raytheon Corporation in Wichita, Kansas. Der Konzern behielt nur ein kleines Verkaufsbüro in London und die Wartungseinrichtungen in Chester.
Die Firma Raytheon bekam für ihr Geld die erfolgreiche und populäre HS 125, ein zweistrahliges Geschäftsreiseflugzeug für Kurzstrecken, die Hawker 800 und die Hawker 1000 mit einer Reichweite bis fünftausend Kilometer.
Bei seinen Nachforschungen im Internet hatte Dexter allerdings herausgefunden, dass die Hawker 1000 seit 1996 nicht mehr produziert wurde. Wenn Zoran Zilić eine besaß, musste er sie also gebraucht gekauft haben. Zudem waren insgesamt nur zweiundfünfzig Maschinen gebaut worden, und dreißig davon standen im Dienst einer amerikanischen Charterflotte.
Er suchte also nach einer der zweiundzwanzig verbliebenen Maschinen, die in den letzten zwei, höchstens drei Jahren den Besitzer gewechselt hatten. Es gab eine Hand voll Firmen, die sich in der dünnen Luft des Handels mit diesen teuren Gebrauchtflugzeugen bewegten, doch die Chancen standen zehn zu eins, dass man die gesuchte Maschine beim Besitzerwechsel generalüberholt hatte, und das hieß, dass sie wahrscheinlich an die Raytheon-Tochter Hawker zurückgegangen war. Das wiederum legte die Vermutung nahe, dass der Verkauf dort abgewickelt wurde.
»Sonst noch was?«, fragte Lee.
»Die Registriernummer. P4-ZEM. Sie ist in keinem internationalen Luftfahrtregister aufgeführt. Die Nummer verweist auf die kleine Insel Aruba.«
»Nie gehört«, sagte Lee.
»Gehörte früher zu den Niederländischen Antillen wie Curaçao und Bonaier, die niederländisch geblieben sind. Aruba ist
seit 1986 selbstständig. Auf allen Inseln kann man geheime Bankkonten
Weitere Kostenlose Bücher