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Der raetselhafte Kunstraub

Der raetselhafte Kunstraub

Titel: Der raetselhafte Kunstraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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darauf saßen die Stadträte und Abgeordneten in Hemdsärmeln herum. Das Ganze machte jetzt ein wenig den Eindruck einer Betriebsversammlung in einem Ausflugslokal.
    „Was ich zu sagen hatte, ist im Grunde schon gesagt“, lächelte jetzt der zweite Bürgermeister. „Ich möchte also zunächst Herrn Studienrat Purzer das Wort erteilen.“
    Der Mann, der jetzt in einem dunkelgrauen Flanellanzug zum Rednerpult spazierte, hätte genausogut Generalvertreter einer Computerfabrik oder ein Arzt für Hals, Nase, Ohren sein können. Jedenfalls sah er nicht so aus, wie man sich üblicherweise einen Lehrer vorstellt, wenn man keine Phantasie hat. Er trug eine elegante Hornbrille und begrüßte zuerst die Honoratioren des Hauses, dann die Stadträte und die Abgeordneten.
    „... gleichzeitig begrüße ich die Presse“, sagte Studienrat Purzer schließlich mit einer kleinen Verbeugung zu Hauptschriftleiter Kubatz hinüber, „... und die anwesende Bürgerschaft.“ Er verneigte sich mit einer kleinen seitlichen Drehung in die Richtung zu den zehn oder zwölf voll besetzten Stuhlreihen. Vor allem Geschäftsleute waren erschienen. Sie erhofften sich von den Tausendjahrfeiern, die sich über eine volle Woche hinziehen sollten, eine ganze Serie von Extrazügen mit Besuchern. Man wollte wissen, welche Veranstaltungen geplant waren, damit man mit Würstchen, Andenken, Coca-Cola und Bier richtig disponieren konnte. Aber diese Veranstaltungen waren erst Programmpunkt Nummer zwei. Vorerst mußte man sich notgedrungen den Nachhilfeunterricht des Studienrats Dr. Purzer mit anhören.
    Der Schokoladenfabrikant Hugendubel war nur mit einem Ohr bei der Sache. Er wußte über die Geschichte von Bad Rittershude Bescheid. Jedenfalls wußte er das Wichtigste.
    Hauptschriftleiter Kubatz machte einen aufmerksamen Eindruck. Vielleicht malte er auch nur Männchen in seinen Notizblock. Aber jedenfalls sah es so aus, als wollte er sich kein Wort entgehen lassen.
    Studienrat Dr. Purzer gab Geschichtsunterricht wie im Prinz-Ludwig-Gymnasium. Nur mit dem Unterschied, daß er hier keine Fragen stellen durfte. „Es muß im gleichen Jahr gewesen sein, als Otto der Große nach den Kämpfen vor Paris auf dem Wege nach Unteritalien hier durch diese Lande kam, und dabei muß sich der Vorfall ereignet haben, der sich direkt vor den Augen des Kaisers abspielte.“ Allen Anwesenden war die Geschichte, die nun folgen mußte, selbstverständlich bekannt. Trotzdem dämpfte Studienrat Dr. Purzer seine Stimme wie jemand, der zum erstenmal eine irrsinnig spannende Kriminalgeschichte erzählt.
    „Es war wohl so, daß der Herrscher inmitten seines Hofstaates zu Pferde saß. Man durchquerte eine friedliche und unbewohnte Landschaft. Plötzlich sprang ein goldgelber Löwe aus einem Gebüsch!“ Studienrat Purzer nahm seine Brille ab. „Ich gebe zu, das klingt unwahrscheinlich. Wo soll in dieser Gegend auf einmal ein goldgelber Löwe herkommen? Aber genauso, wie ich Ihnen jetzt berichte, ist es in allen diesbezüglichen Schriften nachzulesen.“ Studienrat Purzer blickte drei Sekunden lang schweigend in den Saal, dann setzte er sich seine Brille wieder auf.
    „Das Pferd des Kaisers soll sich geweigert haben weiterzugehen, und der Herrscher selbst soll erstarrt sein. Ein Gleiches wird vom ganzen Hofstaat berichtet.“
    „Kein Wunder“, dachte der Schokoladenfabrikant Hugendubel. „Übrigens ein Jammer, daß man hier drin nicht rauchen darf.“
    „Und dann geschah es“, berichtete Studienrat Dr. Purzer weiter. „Bevor irgend jemand seine Waffe erheben konnte, sprang der Löwe. Das Ziel seines Sprunges war ein junges Mädchen oder eine junge Frau aus dem großen
    Gefolge des Kaisers. Das Tier riß das unglückliche Geschöpf zu Boden und stand mit geöffnetem Rachen über ihm. Jede Bewegung, jeder Versuch, das Tier zu töten, hätte das Ende des Mädchens bedeuten können.“ Studienrat Purzer nahm einen sehr kleinen Schluck aus dem Wasserglas, das auf dem Rednerpult bereitstand.
    „Der Kaiser war wie alle anderen zur Tatenlosigkeit verurteilt. Die Not der jungen Frau muß ihn aber tief gerührt haben. Jedenfalls legte er augenblicklich in aller Stille das Gelöbnis ab, an dieser Stelle eine Stadt zu erbauen, wenn das Leben des unglücklichen Menschenkindes erhalten bliebe.“ Studienrat Dr. Purzer hielt es für richtig, noch einmal eine kurze Pause zu machen.
    „Und das Wunder geschah“, gab er nach einer Weile bekannt. „Der goldgelbe Löwe, dessen todbringender

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