Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der raetselhafte Kunstraub

Der raetselhafte Kunstraub

Titel: Der raetselhafte Kunstraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
was uns die aufgerufenen Maler und Bildhauer abliefern. Jedes Werk bekommt eine Nummer, und dann sollen die Bürger unserer Stadt entscheiden, was ihnen am besten gefällt und was in Zukunft dort drüben diese Wand schmücken soll.“ Herr Hugendubel richtete sich ein wenig auf „Für den Fall, daß dieses hohe Haus meinen Vorschlag annimmt, stellt die Hugendubel-Schokoladenfabrik einen Betrag von zehntausend Mark für die Preise zur Verfügung.“
    Die Anwesenden applaudierten wieder einmal.
    Allerdings müßte dieser Betrag von der Steuer abzugsfähig sein“, fügte Ludwig Hugendubel noch hinzu, als er sich wieder auf seinen Stuhl setzte.
    Jetzt lachte der ganze Saal wie eine Schulklasse, wenn sich der Herr Direktor einen Witz erlaubt hat.
    „Meine Damen und Herren“, rief Studienrat Dr. Purzer so laut er konnte und sprang auf. Als Vorsitzender unseres städtischen Kunstvereins ist es mir ein Bedürfnis, Herrn Hugendubel für seinen Vorschlag und die großzügige Spende ganz herzlich zu danken. Wenn er sehr richtig gesagt hat, daß es mit der Kunst immer schwieriger wird, möchte ich hinzufügen, daß es gleichzeitig auch immer schwieriger wird, Mäzene zu finden, die selbstlosen Förderer aller Künste. Sie, sehr verehrter Herr Hugendubel, brachten uns aber soeben den Beweis dafür, daß dieses echte Mäzenatentum noch lebt und daß wir ...“
    „Das ist ja alles gut und schön“, rief jetzt Friseurmeister Treutlein aus den zwölf Stuhlreihen der Bürgerschaft. Sein Sohn ging ja nicht mehr in die Schule, so daß er es sich erlauben konnte, Studienrat Dr. Purzer zu unterbrechen.
    Der Vorsitzende schwang seine Glocke. Alles der Reihe nach, wenn ich bitten darf.“
    „Danke, ich wollte ohnehin gerade zum Schluß kommen.“ Studienrat Dr. Purzer schien ein wenig gekränkt und ging auf seinen Platz zurück.
    „Bitte, Herr Treutlein, fahren Sie fort „, sagte der Vorsitzende und stellte die Glocke wieder vor sich auf den Tisch.
    „Ich wollte nur sagen, daß ich so einen Kunst-Wettbewerb wirklich schön und gut fände“, erwiderte der Friseurmeister, der inzwischen aufgestanden war. Aber man müßte den Künstlern doch einen Hinweis geben. Ich meine, man müßte ihnen sagen, was sie malen oder modellieren sollen. Ich meine ...“
    „Selbstverständlich unser Wappentier“, riefen der Apotheker Pigge und Frau Polizeimeister Kalender beinahe gleichzeitig.
    Eine Weile war es ruhig im Saal. Der Vorsitzende drehte sich um, betrachtete die breite Wand des Rathaussaals und schien zu überlegen, wie sich an dieser Stelle wohl ein goldgelber Löwe ausnehmen würde.
    „Es gibt da auch noch eine andere Möglichkeit“, bemerkte in diesem Augenblick Hauptschriftleiter Kubatz.
    „Sehr richtig“, lächelte der Schokoladenfabrikant Hugendubel und nickte zum Herausgeber der Bad Rittershuder Nachrichten hinüber. „Vermutlich haben Sie jetzt genau den gleichen Gedanken wie ich ...“
    „Dann haben Sie den Vortritt“, meinte Herr Kubatz und verbeugte sich ein klein wenig.
    „Sehr freundlich“, antwortete Herr Hugendubel. Aber Sie hatten das Wort vor mir.“
    Es ging wirklich ganz außerordentlich höflich zu bei dieser Gemeindeversammlung.
    „Gut“, nickte Hauptschriftleiter Kubatz, „dann möchte ich jetzt noch einmal auf die Geschichte zurückkommen, die uns Herr Studienrat Dr. Purzer heute so plastisch ins Gedächtnis zurückgerufen hat. Wir alle haben diese Geschichte von der Gründung unserer Stadt natürlich gekannt. Spätestens an unserem ersten Schultag ist sie uns schon erzählt worden. Aber eigentlich erst heute ist mir klargeworden, daß jenes Mädchen oder jene junge Frau, die da vor tausend Jahren in Todesgefahr schwebte, zur Gründung unserer Stadt zumindest genausoviel beigetragen hat wie dieser goldgelbe Löwe, der mit aufgerissenem Rachen über ihr stand.“
    „Sehr richtig“, sagte Herr Hugendubel für alle hörbar nun schon zum zweitenmal.
    „Schön, der Löwe ist unser Wappentier und soll es auch bleiben“, fuhr Hauptschriftleiter Kubatz fort. „Aber dieser Kunst-Wettbewerb, wenn wir ihn durchführen, könnte vielleicht an die Maler und Bildhauer die Frage stellen: Wie hat wohl jenes Mädchen ausgesehen oder jene junge Frau, die vor vielen hundert Jahren das Herz des Kaisers Otto so gerührt hat, daß er ihretwegen ein Gelöbnis ablegte und schließlich unsere Stadt erbauen ließ?“
    Zuerst waren die Stadtväter, die Herren Abgeordneten und auch die anwesenden Bürger baff vor

Weitere Kostenlose Bücher