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Der raetselhafte Kunstraub

Der raetselhafte Kunstraub

Titel: Der raetselhafte Kunstraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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auf.
    „Einziger Punkt der heutigen Beratung ist die Ausschreibung der Bedingungen für den Kunst-Wettbewerb anläßlich der Tausendjahrfeier.“
    Am Anfang ging alles noch ziemlich glatt.
    Eine Stunde später hatte die Sitzung ihren toten Punkt.
    „Die ganze Sache ist Neuland für uns“, gab Studienrat Dr. Purzer schließlich zu bedenken. „Vielleicht könnten wir uns die Bedingungen von irgendeinem anderen Wettbewerb beschaffen.“
    „Nicht abschreiben!“ kicherte Theaterdirektor Friedebold. Er sah mit seinen schneeweißen Haaren aus wie Einstein.
    Um zweiundzwanzig Uhr hatte sich die Versammlung endgültig festgefahren.
    Beinahe fünf Minuten lang wurde geschwiegen. Man blickte durch die Fenster in die Nacht hinaus oder starrte an die Decke. Über dem Tisch lag eine dicke Rauchwolke von Zigarren und Zigaretten.
    „Dr. Semmelroth muß her!“ unterbrach der Schokoladenfabrikant Hugendubel plötzlich die Stille. Man hatte ihn eingeladen, obgleich er gar kein Mitglied im Kunstverein war. Aber der ganze Wettbewerb war ja seine Erfindung, und er gab das Geld für die Preise. Er stand jetzt auf und nahm den Telefonhörer ab. „Wir brauchen einen Juristen. Ich könnte mich ohrfeigen, daß mir das jetzt erst einfällt.“
    Der Rechtsanwalt und Notar Dr. Semmelroth wollte sich gerade aufs Ohr legen und war beim Zähneputzen. „Gut, ich komme“, sagte er trotzdem. „Es dauert allerdings ein paar Minuten. Ich bin schon ausgezogen.“
    „Sehr freundlich“, bedankte sich Herr Hugendubel und legte auf. Dann verlangte er von dem Fräulein in der Telefonzentrale eine Verbindung mit dem Ratskeller. Dort bestellte er belegte Brote und etwas zu trinken. „Das bringt uns wieder auf die Beine“, meinte er, als er den Hörer auflegte.
    „Wenn Sie gestatten“, bemerkte Hauptschriftleiter Kubatz, „müßte ich jetzt auch ein kurzes Gespräch führen.“ Dabei sprang er von der Dampfheizung herunter und ließ sich mit seiner Redaktion verbinden.
    „Hier Kubatz“, sagte er. „Passen Sie mal auf, Hildesheimer, hier dauert es noch. Macht mal schon die Zeitung fertig bis auf die erste Seite. Und verschieben Sie den Redaktionsschluß um eine Stunde. Ich komme dann, so schnell ich kann. Was Neues?“
    Es gab nichts Neues. Bis auf einen explodierenden Gasbadeofen in der Wielandstaße und einen Lohnstreik der Müllabfuhr in Frankfurt.
    „Kleine Fische“, entschied Herr Kubatz. „Die erste Seite bleibt frei, wie gesagt.“ Er legte wieder auf und ging auf seinen Beobachtungsposten zurück.
    Fünf Minuten später bremste ein Taxi vor dem Rathaus.
    Polizeimeister Kalender kam vom Portal her über die Treppe. Eigentlich hatte er schon Dienstschluß. Aber heute lag irgend etwas in der Luft. Dafür hatte er eine Nase. Es war durchaus möglich, daß er noch gebraucht wurde. Im Augenblick öffnete er die Tür am Taxi und sagte: „Guten Abend, Herr Doktor.“
    „Guten Abend, Kalender“, antwortete der Rechtsanwalt und Notar Dr. Semmelroth. Das Aussteigen machte ihm Schwierigkeiten. Er war nämlich verdammt dick.
    „Da oben brennt’s wohl“, bemerkte Polizeimeister Kalender. „Und jetzt müssen Sie noch mitten in der Nacht Feuerwehr spielen.“
    „Eine Viertelstunde später hätte ich mein Telefon abgestellt“, lachte Dr. Semmelroth. Er nahm seinen schmalen Aktenkoffer vom Sitz und sagte dabei zu dem Mann am Steuer: „Bitte schreiben Sie die Fahrt auf meine Monatsrechnung, Herr Lohmeier. Und nochmals schönen Dank!“
    Er nickte höflich mit dem Kopf und ging dann über die breite Treppe zum Portal.
    Währenddessen stieg der Mann namens Lohmeier aus seinem Taxi und angelte in seiner Tasche nach einem Päckchen Zigaretten. „Rauchst du eine?“ fragte er den Polizeimeister. Die beiden kannten sich schon eine halbe Ewigkeit. Jedenfalls seitdem sie nebeneinander die Schulbank gedrückt hatten.
    Jetzt standen sie zusammen auf dem leeren Rathausplatz, einer gab dem anderen Feuer, und dann pusteten sie ihren Zigarettenrauch in die Luft. Dabei guckten sie hinauf zu den zwei Fenstern, hinter denen noch Licht brannte. Das übrige Rathaus war leer und dunkel.
    „Man erwartet mehr als zehntausend Besucher“, meinte Polizeimeister Kalender nach einer Weile.
    „Hoffentlich kommen sie auch“, sagte Herr Lohmeier, „ich könnte es brauchen. Seit Weihnachten ist das Geschäft wie abgeschnitten. Ich hab’ mir schon überlegt, ob ich einen oder zwei Wagen verkaufe.“ Von den acht Taxis in Bad Rittershude gehörten nämlich fünf

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