Der raetselhafte Kunstraub
es darauf an, möglichst schnell eine möglichst leserliche Fünf auf den Boden zu malen.
Die übrigen Jungen, die dabei nicht gebraucht wurden, nahmen sich die Bad Rittershuder Briefkästen vor. Sie verteilten die Zettel, die sie am Nachmittag auf den Schreibmaschinen ihrer Eltern mit Werbetexten für die Büste Nummer 5 vollgetippt hatten.
Der Rest der Schüler war mit den ausgeschnittenen Fünfen unterwegs. Das Mädchen-Gymnasium hatte noch bis zum letzten Augenblick laufend geliefert. Sie waren jeweils zu zweit oder zu dritt, damit einer immer genau aufpassen konnte, ob die Luft auch sauber war.
Im Augenblick linste der kleine Sputnik um die Ecke beim Papierwarengeschäft Schlotterbeck. Er pfiff ganz leise, und das bedeutete, daß die Straße leer war.
Jetzt sprangen Hans Pigge und ein Junge aus der Maximilianschule zu den Autos, die hintereinander am Gehsteig parkten, und stopften in alle Auspuffrohre die ausgeschnittenen Fünfen. Anschließend spazierten sie zur Hauptstraße und arbeiteten dort weiter.
Andere Gruppen kümmerten sich um die Autos, die rund um den Karlsplatz parkten oder in der Herderstraße. Ulli Buchholz und Emil Langhans wagten sich sogar bis zum Rathausplatz.
Sie achteten dabei allerdings auf das Licht, das noch im Erdgeschoß hinter den Fenstern des Polizeireviers brannte. Aber dort bewegte sich nichts.
Während alte Sofas durch die Stadt wanderten, Werbezettel für die Büste mit dem Gesicht von Cornelia Treutlein durch die Schlitze der Briefkästen fielen und ausgeschnittene Fünfen in Auspuffrohre gestopft wurden, radelte Karlchen Kubatz zur Redaktion der Bad Rittershuder Nachrichten.
Gleich nachdem er in der Nachtigallschen Wohnung den Telefonhörer wieder aufgelegt hatte, war er nach Hause gerast. Dort hatte er sich hinter die Schreibmaschine seines Vaters gesetzt und seinen Artikel auf das Papier getippt, das in der Schublade lag. Vor einer Stunde würden seine Eltern nicht von der Versammlung zurück sein.
Etwa zur gleichen Zeit, als Studienrat Dr. Purzer klatschnaß vor dem Rathaus eingetroffen war, hatte Karlchen die letzten zwei Sätze des Manuskripts getippt: „...und so stehen auch Kunstkenner und Fachleute tief beeindruckt vor der Einfachheit und Schlichtheit dieser Bronzebüste. Es wäre keine Überraschung mehr, wenn sich auch die Bürger unserer Stadt am Sonntag für die Nummer 5 entscheiden würden.“
Es fiel in der Redaktion der Bad Rittershuder Nachrichten gar nicht besonders auf, daß der Sohn des Hauptschriftleiters noch so spät durch die Tür schneite. Einerseits hatte man kurz vor dem Anlaufen der Rotationsmaschine alle Hände voll zu tun, und dann passierte es ja auch nicht zum erstenmal, daß Herr Kubatz seinen Jungen schickte. Wenn er selbst gerade etwas Wichtiges zu erledigen hatte, kam das schon einmal vor.
Karlchen rannte direkt in die Setzerei.
Der Redakteur vom Dienst war nicht gerade begeistert. Die Zeitung war nämlich schon so gut wie fertig.
Aber da Herr Hildesheimer immer wieder ganz gerne zeigen wollte, wie flink und wie gewitzt er war, feuerte er einfach einen Bericht über die Wasserverschmutzung in der Nordsee aus der zweiten Seite heraus und setzte dafür den Artikel ein, den Karlchen Kubatz gerade gebracht hatte.
Aber sag deinem Vater auch, daß es auf den letzten Drücker ging“, meinte Redakteur Hildesheimer.
„Ich werde es ausrichten“, versicherte Karlchen Kubatz. „Und die Fünf bei der Überschrift soll ziemlich groß sein!“
„Ich hau’ ihm eine Fünf rein, die spricht alle Sprachen“, lachte Herr Hildesheimer. „Der Chef wird sich wundern.“
„Solche Geschichten sollte man sich nicht im Sommer einbrocken“, überlegte Karlchen Kubatz, während er wieder nach Hause radelte. „Im Winter sind die Hosenstoffe dicker.“ Übrigens hatte inzwischen der Wind alle Wolken vom Himmel gefegt, und die Sterne funkelten und blitzten, als sei nichts gewesen.
Herr Kubatz rast in Hausschuhen los
Die erste Bombe platzte am nächsten Morgen genau zehn Minuten vor sieben Uhr.
Polizeimeister Kalender hatte im Badezimmer seiner Wohnung gerade den Kopf über dem Waschbecken und seifte sich ein, da klingelte das Diensttelefon.
„Geh schon mal ran“, sagte der Polizeimeister zu seiner Frau und tauchte sein Gesicht ins Wasser.
Reviervorsteher Nielsen war am Apparat.
„Guten Morgen, mein Mann kommt gleich, ich habe ihn leider zu spät geweckt“, entschuldigte sich Frau Kalender. Aber ich bin bis Mitternacht an meinem neuen
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