Der raetselhafte Kunstraub
nicht machen“, schimpfte Signore Rinaldi gerade durch den Telefonhörer. „Sie lassen sich auf der einen Seite meine Anzeigen für die Nummer 27 teuer bezahlen, und dann bringen Sie einen derartigen Artikel für die Nummer 5. Das ist ...das ist...“, der Italiener pumpte nach Luft. „Betrug ist das!“
„Ich hatte von diesem Artikel keine blasse Ahnung, das müssen Sie mir glauben“, entgegnete der Hauptschriftleiter. „Bevor ich nicht festgestellt habe, was da überhaupt passiert ist, kann ich Ihnen nichts sagen. Aber Sie hören wieder von mir. Guten Morgen, Herr Rinaldi.“ Er legte den Hörer auf, ohne eine Antwort abzuwarten. „Dieser hirnverbrannte Idiot!“ schimpfte er dabei.
„Wen meinst du?“ fragte Frau Kubatz neugierig.
„Natürlich Hildesheimer“, knurrte der
Hauptschriftleiter, „der hatte doch heute nacht Dienst in der Redaktion.“ Er war durchs Zimmer gerannt und riß die Tür auf. Es ist nicht zu fassen!“
„Du hast ja noch die Hausschuhe an“, rief Frau Kubatz hinter ihm her. Aber da sprang der Hauptschriftleiter der Bad Rittershuder Nachrichten bereits in sein knallrotes Auto. Er startete mit Vollgas. Dabei flog eine ganze Wolke von Fünfen, die aus Papier geschnitten waren, aus seinem Auspuffrohr. Aber das merkte er gar nicht. Er brauchte im Augenblick seine ganze Aufmerksamkeit für das Überholen eines Milchwagens und einer Straßenbahn.
Die Sache mit den ausgeschnittenen Fünfen wiederholte sich übrigens kaum zwei Minuten später direkt auf dem Rathausplatz.
Dort kam Polizeimeister Kalender gerade mit seinem Reviervorsteher Nielsen und zwei Beamten von einer Inspektion der Straßen zurück. Auf der Treppe zum Rathaus begegnete er dem ersten Bürgermeister, der von Rechtsanwalt Dr. Semmelroth und ein paar anderen Herren begleitet wurde.
„Die ganze Stadt soll mit roten und blauen Fünfen vollgemalt sein?“ fragte das Stadtoberhaupt. „Stimmt denn das überhaupt?“
„Nicht gerade die ganze Stadt“, antwortete der Polizeimeister. Aber es reicht.“
„Und haben Sie schon einen Verdacht?“
„Leider noch nicht“, gab Herr Kalender zu.
Aber wir haben von der Ölfarbe, die verwendet wurde, Proben entnommen.“
Ein Glück, daß unsere Polizei so enorm tüchtig ist“, bemerkte Rechtsanwalt Dr. Semmelroth. Er blickte dem Polizeimeister und seinen Beamten vergnügt in ihre Gesichter.
^Jedenfalls wird uns das weiterbringen“, stellte Herr Kalender fest.
„Was dringend zu wünschen wäre“, bemerkte der erste Bürgermeister. Er ging jetzt weiter die letzten Stufen über die Treppe zu seinem Wagen.
Herr Kalender eilte höflich ein paar Schritte voraus und öffnete dem Stadtoberhaupt die Tür.
„Wir holen den Herrn vom Kultusministerium am Bahnhof ab“, erklärte der erste Bürgermeister beim Einsteigen. „Ich bin in einer halben Stunde wieder zurück, wenn es etwas Neues gibt.“
„Sehr wohl“, der Polizeimeister nahm die Hand an seine Mütze.
Und jetzt wiederholte sich, was beinahe gleichzeitig auch vor dem Haus des Hauptschriftleiters Kubatz passiert war.
Als sich der Wagen des ersten Bürgermeisters in Bewegung setzte, kam eine ganze Wolke von Fünfen aus dem Auspuffrohr. Sie wirbelten durch die Luft und über die ganze Straße.
Der Polizeimeister und seine Beamten griffen nach den Fünfen und wollten sie wie Maikäfer fangen.
„Mit einer Schere aus Papier ausgeschnitten“, stellte Herr Kalender fest, als er endlich eines von den Dingern aus der Luft geschnappt hatte.
„Na warte“, knurrte er. „Wer zuletzt lacht, lacht am besten.“ Er blickte noch einmal finster zu den Fünfen, die vom Wind wie Schmetterlinge durch die Luft gewirbelt wurden. Dann drehte er sich plötzlich ruckartig um und stapfte über die Treppe ins Rathaus.
Ein Extrablatt wird fällig
Alles war wieder genauso, wie es am Sonntag bei der Eröffnungsfeier gewesen war. Nur mit dem Unterschied, daß heute im Rathaus, in den Korridoren und auf den Treppen überall dicke Kabel herumlagen. Sie sahen aus wie Gartenschläuche, und das Fernsehen brauchte sie für seine Kameras und Scheinwerfer.
Die Dekorateure des Stadttheaters hatten noch einmal den riesigen Vorhang aus weißem Nessel quer durch den großen Sitzungssaal gespannt, das städtische Kammerorchester saß wieder hinter seinen Notenpulten, und die Leute drängten sich wie beim Sommerschlußverkauf.
Auf die Minute pünktlich stellte sich um vierzehn Uhr ein jüngerer Mann mit einem sehr bunten Hemd neben das Rednerpult
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