Der raetselhafte Kunstraub
blieb, und blickte sich um.
Paul Nachtigall und die übrigen Jungen waren jetzt genauso aufgeregt. Sie lauerten wieder hinter der Betonmischmaschine oder drückten sich in den Schatten der Plakatsäule.
Im ersten Stock lag der Junge mit dem fehlenden Vorderzahn im offenen Fenster und guckte in die Nacht hinaus.
Eine Turmuhr schlug.
Irgendwo bellte ein Hund, und irgendwo fuhr ein Auto.
In einer Wohnung im vierten Stock wurde eine Wasserspülung gezogen, und aus einer anderen Wohnung war Radiomusik zu hören.
Und dann kam der Zwilling mit dem Fahrrad aus der Schillerstraße geschossen. Ihre Haare flogen, und sie war ganz außer Atem. Trotzdem gelang es ihr noch, den River-Kwai-Marsch zu pfeifen. Dazu schepperte das hintere Schutzblech von ihrem Fahrrad.
Paul Nachtigall sprang wie elektrisiert aus seinem Versteck an die Haus wand und stellte sich bereit.
Emil Langhans kletterte schnell wieder auf seine Oberschenkel und dann auf seine Schultern. Jetzt pfiff er den River-Kwai-Marsch zu dem offenen kleinen Fenster hin. Allerdings nur ganz leise.
Aber das hörte Karlchen Kubatz nicht. Einerseits, weil er gerade auf dem Boden lag und unter das Bett leuchtete, und andererseits, weil der Fernseher ja immer noch lief. Man übertrug gerade einen Boxkampf, und dabei wurde ziemlich viel und laut geschrien. „Der hat Watte in den Ohren“, zischte Emil Langhans, und dann pfiff er noch einmal den River-Kwai-Marsch. Dieses Mal aber bedeutend lauter.
In der Schillerstaße tauchte jetzt schon der Südamerikaner auf. Etwa dreißig Meter hinter ihm kam der zweite Zwilling und auf der anderen Straßenseite Ulli Buchholz mit seinem Langhaardackel.
Salvatore Ambrosi schien wütend zu sein. Deshalb hatte er ein ziemliches Tempo am Leib. Und er fluchte wie ein betrunkener Matrose.
Glücklicherweise lag die Haustür an der Vorderfront. Aber es konnte jetzt nur noch Sekunden dauern, bis der Südamerikaner wieder in seiner Wohnung war.
„Karlchen“, rief Emil Langhans leise. Er machte sich auf Paul Nachtigall Schultern so groß wie möglich und pfiff noch einmal zu dem schmalen kleinen Fenster hin.
„Ich halte ihn auf, flüsterte der Junge mit dem fehlenden Vorderzahn aufgeregt aus seinem Fenster im ersten Stock und verschwand.
Karlchen Kubatz durchsuchte inzwischen den Kleiderschrank von Salvatore Ambrosi. Er leuchtete den Boden ab, und dann schob er die aufgehängten Hosen und Jacketts auseinander wie einen Vorhang, der vielleicht etwas zu verbergen hatte.
„Nichts“, stöhnte er. „Aber auch gar nichts.“ Er machte den Kleiderschrank wieder zu.
Im Treppenhaus kam etwa im gleichen Augenblick der Junge aus der Maximilianschule mit seinem fehlenden Vorderzahn die Treppe heruntergerannt. Kurz bevor er das Erdgeschoß erreicht hatte, ließ er sich fallen und kugelte dem Südamerikaner direkt vor die Beine.
„Au!“ rief er, blieb liegen und krümmte sich. „Ich glaube, Sie müssen mir helfen“, stöhnte der Junge.
Aber Herr Ambrosi war anderer Meinung. Er ging einfach weiter und schloß die Tür zu seiner Wohnung auf.
Au!“ rief der Junge mit dem fehlenden Vorderzahn noch einmal, so laut er konnte. Da war der Südamerikaner aber bereits in seiner Wohnung verschwunden.
Karlchen Kubatz hörte das Rufen und das Schließen der Tür beinahe gleichzeitig. Mit einem Hechtsprung war er unter der Couch. Er knipste seine Taschenlampe aus und drückte sich, so dicht es ging, an den Boden und mit dem Rücken an die Wand.
Paul Nachtigall war mit den übrigen Jungen wieder in Deckung gegangen. Sie blickten jetzt alle zu den Fenstern hinüber, hinter denen gerade wieder das Licht aufgeleuchtet war.
jetzt ist es aus“, stöhnte Emil Langhans und machte unwillkürlich die Augen zu.
Drüben in der Wohnung des Südamerikaners hielt Karlchen Kubatz inzwischen schon eine halbe Minute lang die Luft an. Er hatte das Gefühl, daß sein Kopf immer größer wurde. Jetzt wanderten die Füße von Herrn Ambrosi dicht an der Couch vorbei. Gleich darauf wurde der Fernsehapparat abgeschaltet. Dann kamen die Füße zurück und gingen wieder zur Tür. Karlchen konnte sehen, wie die Hand des Südamerikaners einen Hut nahm, der auf einem Stuhl lag, und dann wurde das Licht ausgeknipst. Kurz darauf erschien Salvatore Ambrosi wieder auf der Straße.
„Es ist nicht zu fassen“, seufzte Emil Langhans hinter den aufgestapelten Ziegelsteinen.
„Wir haben mehr Glück als Verstand“, piepste der kleine Sputnik. Die Zwillinge verfolgten den
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