Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
Licht sich in die Dunkelheit ergab, als vertraute es ihr ausnahmsweise. Und als die Sonne wieder zurückkehrte, sah er auch, wie dieses Vertrauen belohnt wurde. Wie sie heller zu strahlen schien als zuvor.
Er schämte sich in diesem Moment, weil er Gott und dessen Zeichen nicht getraut hatte, obwohl das, was getan werden musste, so böse war, dass Gott den Teufel geschickt hatte, um es zu bewirken.
Als Nat Turner endlich den Mund öffnete, um seine Predigt fortzusetzen, schimmerte ein dunkles Licht in seinen Augen.
Er betraute seine Anhänger mit ihrer Mission. Er sagte, er wüsste, wie schrecklich dies alles sei, doch es müsse getan werden. Es gab für alles eine rechte Zeit, selbst für das Töten.
Sie lauschten, und sie glaubten ihm. So, wie sie ihm immer geglaubt hatten.
Es machte ihm Angst, wie inbrünstig ihr Glaube war. Als wären sie halb im Schlaf, oder als würde ein Teil von ihnen fehlen. Offen gestanden fühlte er sich fast genauso. Halb im Schlaf, oder nur halb in der Wirklichkeit.
Sie kamen überein, wann sie sich wieder treffen und seine Worte verbreiten wollten. Als sie nach Sonnenuntergang nach Hause gingen, schärften sie ihre Äxte und machten die Pferde bereit.
***
Als die Zeit gekommen war, hinauszureiten und zu töten, waren es hauptsächlich andere, die töteten. Kommandos ritten hierhin und dorthin, hackten auf alles ein und brannten alles nieder, und Nat ritt hinter ihnen, mit grimmigem, versteinertem Gesicht. Manchmal fand er sich mitten im Geschehen wieder. Wenn das der Fall war, tat er seine Pflicht. Er verschloss sein Herz und kämpfte. Er ignorierte die Schreie. Er verschloss ganze Räume in sich selbst und brandschatzte und mordete, bis er seiner Taten überdrüssig war.
Das Zeichen auf seiner Stirn war nun eine Axt.
Er betrachtete sich im Schlafzimmerspiegel eines toten Farmers und sah, wie das Zeichen zu einem Gelb verblasste, wie ein Hämatom.
Als er wieder nach draußen trat, war ein neuer Reiter zu seinem Kommando hinzugekommen. Jemand in einem sauberen Leinenhemd, noch nicht getragen, mit einer Haut, so schwarz wie der Grund der Ozeane.
Nat stieg auf sein Pferd und ritt wortlos zu dem Fremden.
»Teufel«, sagte er.
Der Teufel nickte. Sein Pferd schnaubte.
»Wie ich höre, haben sie die Army in Bewegung gesetzt«, sagte Nat.
Der Teufel zuckte die Schultern.
»Das klingt nicht nach einem Feind, der Angst hat«, sagte Nat. »Es klingt auch nicht nach einem Feind, der bereit ist, seinen Sklaven die Freiheit zu geben.«
»Nach dieser Sache …«, sagte der Teufel mit leiser, gleichmütiger Stimme, »müssen sie mit offenen Augen schlafen.«
»Ich denke, sie bekommen lediglich genügend Angst, um jeden Schwarzen auf der Stelle zu töten, der sie auch nur falsch ansieht. Frei oder nicht, es spielt keine Rolle«, sagte Nat.
»Bedauerst du dein Handeln?«, fragte der Teufel.
Nat zuckte die Schultern. »Manchmal macht ein Mann das Richtige. Manchmal tut er auch nur das, was getan werden muss. Ich hoffe, dass Gutes daraus entsteht.«
Nächtliche Geräusche. Waldige Geräusche. Die Straße hinunter, neue Schreie, abgewürgt.
»Dann los«, sagte Nat. »Komm mit!« Er gab seinem Pferd die Sporen. »Du hast uns den Hass gebracht, jetzt sei ein Mann und hasse mit uns.«
»Ihr braucht den Hass«, sagte der Teufel. »Du weißt, was diese Welt mit den Sanftmütigen macht.«
Nat warf dem Teufel eine Axt zu.
»Also schön«, sagte der Teufel.
Er ging in das Farmhaus hinter der Scheune, wo eine weiße Familie im Kreis kniete, heulend und in Nachthemden um ihr Leben flehend. Ein großer, gebräunter, bulliger Mann, eine fette Frau mit schwarzen Haaren und vier Jungen, der kleinste davon vielleicht drei Jahre alt.
Einer der Jungs blickte trotzig drein und spuckte den Teufel an.
Also nahm der Teufel ihn zuerst.
Es war schließlich nur der Tod.
***
Er schleuderte die Axt über den halben Hof, und Nat musste sich ducken, um nicht zweigeteilt zu werden. Blutspritzer besudelten sein Hemd. Nats harter Blick wich für ein oder zwei Sekunden einer Maske nackten Entsetzens.
»Der Tod ist nur eine Tür«, sagte der Teufel.
»Wohin ist es mit uns nur gekommen?«, flüsterte Nat.
»Hast du etwa Zweifel?«, fragte der Teufel. »Daran ist nichts verkehrt. Auch Jesus hatte Zweifel. Aber was du getan hast zählt. Du hast deine Hand erhoben und dich geweigert, wertlos zu sein, das zu sein, was andere von dir denken. Du hast dich verhalten wie ein richtiger Mann.«
Nat bedachte den
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