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Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)

Titel: Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Poore
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Teufel mit einem leeren Blick. Dann überraschte er sich selbst und den Teufel damit, dass er sein Pferd ganz nah herandrängte. Seine Augen funkelten im Mondlicht, und seine Stimme klang rau, beinahe erstickt. Ein Messer blitzte in seiner Hand, und die Klinge lag an der Kehle des Teufels.
    »Was weißt du denn schon darüber, wie sich ein richtiger Mann verhält?«, knurrte er.
    Der Teufel blieb ganz ruhig. Er erwiderte Nats Blick mit Augen, die voller Verlangen waren nach dieser Welt, die so viel sein konnte und doch so wenig begriff und die alles war, was er noch hatte. Es waren Augen, die wollten, dass man ihnen vertraute, zugleich waren sie wütend und boshaft.
    »Du bist ein Kind, mehr nicht!«, brüllte der Prediger. »Was hast du jemals für einen anderen getan, nicht nur für dich alleine?«
    Sie erstarrten und funkelten sich gegenseitig an. Doch es war der Teufel, der den Bann zuerst brach, seinem Pferd mit einem furchterregenden, wilden Schrei die Sporen gab und in den Wald galoppierte.
    ***
    Nicht lange danach kam die Miliz von Virginia mit Musketen und Jagdhunden hinter ihnen her. Einige der schwarzen Männer, die Nat Turner gefolgt waren, trugen Zeichen auf der Stirn, die so blass waren, dass man sie nicht sehen konnte. Sie starben mit dem dumpfen Schlag einer Kugel, die auf Fleisch und Knochen prallte – einem Geräusch, als würde jemand mit einem schweren Löffel geschlagen. Die anderen rannten in alle Richtungen davon.
    Nat versteckte sich in einem Reisighaufen und betete. Er tastete in seinem Innern nach dem Frieden und den Winden und dem Wissen, das immer dort gewesen war – und es war alles noch da, doch es hatte die Augen geschlossen wie jemand, der getan hatte, wofür er erschaffen worden war.
    Schritte näherten sich. »Wer ist da?«, rief ein Soldat.
    »Ich und der Teufel«, antwortete Nat.
    Dann blickte er sich um, Reisig im Haar, und lachte.
    »Nein«, rief er erneut. »Nur ich allein.«
    ***
    Der Teufel erschien, als Nat im Gefängnis saß und darauf wartete, gehängt zu werden.
    Er saß beim Prediger im Stroh und begann zu beten.
    »Du passt nicht in deine Zeit, Nat Turner, genauso wenig, wie ein Traum zum Tageslicht passt. Aber dieser Kampf musste ausgefochten werden. Selbst wenn das Ende absehbar war. Die Menschen werden über diesen Kampf reden, und sie werden über die Gründe für diesen Kampf reden. Es wird eine Geschichte.«
    Blitzschnell packte Nat den Teufel bei den Handgelenken.
    »Schau mich an«, sagte er zu ihm. »Was siehst du?«
    Der Teufel blickte dem Prediger in die Augen und sah – nichts.
    Nat war innen ganz hohl.
    Auf diese Weise wollte er ins Grab gehen. Schweigend. Hohl. Nichts passierte niemandem.
    Doch in der letzten Minute, mit der Schlinge um den Hals, den nackten Füßen über der Falltür, rief ihn jemand an. »Welche Farbe hat Gott, was meinst du, Turner?«
    Er würde es bald erfahren, in den Jahren danach. Und die Leute würden erwarten, dass die Geschichte von Nat Turner in eine bestimmte Richtung verlief. Also kratzte er die wenige Freude zusammen, die noch in ihm war, und antwortete mit berstender Stimme: »Das weiß ich genauso wenig wie du, du weißer Depp. Aber vielleicht willst du ja mit mir kommen und selbst nachsehen?«

19
O Pioniere!
Chicago, 1974
    »Ich fühle mich aber nicht reich!«, beschwerte sich Fish beim Teufel.
    Der Teufel zuckte die Schultern. Eine Handvoll reinstes Kokain zirkulierte in seinem Kreislauf, und er war beseelt von einem unheiligen Frieden.
    »Vielleicht wirst du dich niemals reich fühlen«, sagte er zu Fish. »Ich habe davon gehört, dass Leute, die ihr Geld zu schnell oder auf merkwürdige Weise verdienen, immer von dem Gefühl geplagt werden, sie könnten alles wieder verlieren.«
    Sie saßen in Fishs Gold Coast Apartment und tranken zur Feier des Tages zwölf Jahre alten Scotch. An diesem Nachmittag war ein Versicherungsnehmer namens Charlie P. Scott im Alter von zweiundneunzig Jahren gestorben. Die Lebensversicherung hatte zehntausend Dollar ausgezahlt. Im Verlauf der dreißig Jahre seit Abschluss der Police hatten sie an dem guten alten Charlie eine Viertelmillion Dollar verdient.
    »Auf Charlie!«, sagte Fish, der am Küchentresen lehnte, und hob sein Glas.
    Er trug einen goldenen Ring, einen dünnen schwarzen Rollkragenpulli und Linien im Gesicht, die die meisten Männer im Alter von sechsundzwanzig Jahren noch nicht hatten.
    »Und?«, wollte der Teufel von Fish wissen. »Langweilst du dich?«
    Fish schüttelte

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