Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
Zankes?« legte sich Miß Sally ins Mittel, indem sie die Hand des Zwerges auffing. »Ich habe Ihnen gezeigt, daß ich ihn kenne, und damit basta!«
    »Sie trifft immer den Nagel auf den Kopf«, sagte der Zwerg, indem er sie auf den Rücken klopfte und Sampson verächtlich ansah. »Ich kann diesen Kit nicht leiden.«
    »Ich auch nicht«, versetzte Miß Braß.
    »Und ich nicht«, echote Sampson.
    »Nun, das laß ich mir gefallen!« rief Quilp. »Dann ist unsere Arbeit bereits halb getan. Dieser Kit ist einer von den ehrlichen Leuten, ein umherlungernder Spürhund, ein Heuchler, ein falscher, feiger, gemeiner Spion, eine kriechende Bestie gegen alle diejenigen, die ihn füttern und ihm schmeicheln, und ein bellender, bissiger Köter gegen alle andern.«
    »Furchtbare Beredsamkeit«, rief Braß mit einem Niesen; »ganz erstaunlich!«
    »Kommen Sie zur Sache«, sagte Miß Sally, »und schwatzen Sie nicht so viel!«
    »Wieder recht!« rief Quilp mit einem abermaligen Blick der Verachtung auf Sampson. »Immer den Nagel auf den Kopf! Ich sage Ihnen, Sally, er ist ein belfernder, unverschämter Köter gegen alle andern, am meisten aber gegen mich. Mit einem Wort: ich habe einen Groll auf ihn.«
    »Das genügt, Sir«, sagte Sampson.
    »Nein, das genügt nicht, Sir«, höhnte Quilp. »Wollen Sie mich ausreden lassen? Abgesehen davon, daß ich ihn hasse, steht er mir momentan im Wege und stellt sich zwischen mich und ein Ziel, das sich sonst als ein goldenes für uns alle erweisen könnte. Abgesehen davon, wiederhole ich, er verstimmt mich, und ich hasse ihn! Nun, Sie kennen den Jungen und können das übrige erraten. Entwerfen Sie einen Plan, ihn aus dem Wege zu schaffen, und führen Sie ihn aus! Soll es geschehen?«
    »Ja, Sir«, antwortete Sampson.
    »Dann geben Sie mir Ihre Hand«, versetzte Quilp. »Sally, Mädchen, die Ihrige. Ich verlasse mich ebensoviel oder noch mehr auf Sie als auf ihn. Tom Scott kommt zurück. Laternen, Pfeifen, mehr Grog, und nun einen lustigen Abend!«
    Kein Wort mehr wurde gesprochen, kein Blick weiter gewechselt, der nur im entferntesten Bezug hatte auf ihren Plan, die wahre Ursache ihrer Zusammenkunft. Das Kleeblatt war gewöhnt, gemeinschaftlich zu operieren, und hing durch die Bande eines gegenseitigen Interesses und Vorteils zusammen, weshalb es keiner Ausführlichkeiten bedurfte.
    Sein lärmendes Wesen mit derselben Leichtigkeit wieder aufnehmend, mit der er es abgelegt hatte, war Quilp in einem Nu wieder derselbe krakeelende, rücksichtslose kleine Wilde,
der er vor wenigen Augenblicken gewesen. Es schlug zehn Uhr, als die liebenswürdige Sally ihren geliebten und liebevollen Bruder von der ›Wildnis‹ nach Hause geleitete, der um diese Zeit die kräftigste Hilfe in Anspruch nahm, die ihre zarte Gestalt leisten konnte; denn sein Gang war aus irgendeinem unbekannten Grunde alles eher als sicher, und seine Beine verfingen sich ohne Unterlaß, wenn man am wenigsten darauf vorbereitet war.
    Trotz des erst vor kurzem so ausgiebig genossenen Schlafes fühlte sich der Zwerg durch die Anstrengungen der letzten Tage so mitgenommen, daß er keine Zeit verlor, in sein köstliches Häuschen zu kriechen, in dem er bald nachher in seiner Hängematte träumte. Wir überlassen ihn seinen Traumbildern, zu denen vielleicht auch die ruhigen Gestalten gehören, die wir zum letztenmal an dem alten Kirchenportal gesehen haben, und machen es uns zur Aufgabe, die dort Harrenden wieder aufzusuchen.

Zweiundfünfzigstes Kapitel
    Nach einer geraumen Weile erschien endlich der Schulmeister an dem Pförtchen des Kirchhofes und eilte auf die beiden zu, indem er im Gehen mit einem rostigen Schlüsselbunde klingelte, den er in der Hand hatte. Ganz atemlos vor Hast und Freude langte er bei dem Portale an und konnte anfangs nur mit dem Finger auf das alte Gebäude deuten, welches das Kind so angelegentlich betrachtet hatte.
    »Du siehst jene zwei alten Häuser«, sagte er endlich.
    »Ja, gewiß«, versetzte Nell, »ich habe während der ganzen Zeit Ihrer Abwesenheit fast für nichts anderes Augen gehabt.«
    »Und wie würdest du sie erst betrachtet haben, wenn du
hättest erraten können, was ich dir zu sagen habe«, entgegnete ihr Freund; »eins dieser Häuser gehört mir.«
    Ohne ein weiteres Wort, ja nicht einmal der Kleinen Zeit lassend, etwas zu erwidern, nahm der Schulmeister ihre Hand, und mit freudestrahlendem Gesicht führte er sie zu dem Hause, von dem er eben gesprochen hatte.
    Vor der niederen Bogentür

Weitere Kostenlose Bücher