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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Spiele trotz der ungeheuren Summen, die dabei in Betracht kamen, sehr still verliefen, begann Herr Swiveller an Abenden, an denen Herr und Miß Braß ausgingen – was sehr
oft geschah –, sich einzubilden, er höre eine Art schnarchender oder schwer atmender Töne in der Richtung der Tür. Nachdem er eine Zeitlang nachgegrübelt hatte, fiel ihm ein, sie müßten von der kleinen Dienstmagd herrühren, die infolge ihres feuchten Zimmers einen ewigen Schnupfen hatte. Eines Abends, als er genau die Tür im Auge behielt, konnte er deutlich an dem Schlüsselloch ein glänzendes Auge unterscheiden, und da er jetzt nicht mehr an der Richtigkeit seiner Vermutung zweifelte, schlich er sich sachte zur Tür und stürzte über das Kind her, ehe es eine Ahnung von seiner Annäherung hatte.
    »Oh! ich habe wirklich nichts Böses im Sinne gehabt. Gewiß, Sie dürfen mirs glauben«, rief die kleine Magd, die sich wie eine viel größere Person wehrte. »Es ist gar so langweilig unten, aber seien Sie so gut, mich nicht zu verklagen; ich bitte, tun Sie's nicht.«
    »Dich verklagen!« versetzte Dick. »Willst du behaupten, daß du nur durch das Schlüsselloch schautest, um Gesellschaft zu haben?«
    »Ja, auf mein Wort, das will ich«, entgegnete die kleine Dienstmagd.
    »Wie lange hast du schon da dein Auge gehabt?« fragte Dick.
    »Oh, immer seit Sie Karten zu spielen anfingen, und auch schon früher.«
    Unbestimmte Erinnerungen an verschiedene phantastische Exerzitien, mit denen er sich selbst nach den Mühen des Geschäfts erfrischt und denen ohne Zweifel die Magd zugesehen hatte, brachten Herrn Swiveller einigermaßen aus der Fassung; da er aber in solchen Punkten nicht sehr empfindlich war, erholte er sich schnell wieder.
    »Nun, komm herein«, sagte er nach kurzer Überlegung. »Da, setz dich nieder! Ich will dich spielen lehren.«
    »Oh! das getrau ich mich nicht zu tun«, versetzte die kleine Magd. »Miß Sally würde mich umbringen, wenn sie wüßte, daß ich heraufkäme.«
    »Hast du ein Feuer drunten?« fragte Dick.
    »Nur ein sehr kleines«, versetzte die kleine Magd.
    »Da mich Miß Sally nicht umbringen kann, wenn sie erfährt, daß ich hinuntergehe, so will ich kommen«, sagte Richard, die Karten in seine Tasche steckend. »Ei, wie mager du bist! Was soll das heißen?«
    »Es ist nicht meine Schuld.«
    »Könntest du nicht etwas Brot und Fleisch vertragen?« fragte Dick, indem er seinen Hut herunternahm. »Ja? Aha! Das dachte ich mir. Weißt du, wie Bier schmeckt?«
    »Ich habe einmal ein Schlückchen erhalten«, entgegnete die kleine Magd.
    »Ah! Das sind Zustände!« rief Swiveller, die Augen zur Decke erhebend. »Sie hat es nie gekostet; man kann nichts kosten mit einem Schlückchen! Wie alt bist du denn?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Herr Swiveller riß seine Augen weit auf und schien einen Moment über etwas nachzudenken. Dann befahl er der Kleinen, auf die Tür achtzuhaben, bis er wieder zurückkäme, und verschwand.
    Er kehrte schnell wieder zurück, hinter ihm der Junge aus dem Wirtshause, der in der einen Hand einen Teller mit Brot und Rindfleisch und in der andern einen großen Krug hatte, aus dem ein sehr würziges Gemisch seine lieblichen Düfte entsandte. Es war auch in der Tat ein auserlesenes Wermutbier und nach einem besondern Rezepte gebraut, das Herr Swiveller dem Wirte zu einer Zeit verraten hatte, da er bei ihm stark angekreidet war und auf jeden Fall die Freundschaft erhalten wollte. Er nahm dem Knaben die Bürde an der Tür ab, beauftragte
seine kleine Gefährtin, die letztere zu schließen, um einer Überraschung vorzubeugen, und folgte ihr dann in die Küche.
    »Da«, sagte Richard, indem er den Teller vor sie hinstellte, »vor allem mache hier reine Arbeit, und wenn du fertig bist, wirst du sehen, was weiter kommt.«
    Die kleine Magd ließ sich das nicht zweimal sagen, und der Teller war bald geleert.
    »So«, sagte Dick, indem er ihr das Bier hinüberreichte, »jetzt nimm einen Schluck von diesem. Aber mäßige dein Entzücken, denn du weißt, daß du nicht daran gewöhnt bist. Nun, ist es gut?«
    »Oh, ob es gut ist!« antwortete die kleine Magd.
    Herr Swiveller schien bei dieser Antwort über alle Beschreibung erfreut zu sein, nahm selbst einen tiefen Schluck und schaute während des Trinkens unverwandt seine Gefährtin an. Sobald diese Einleitungen getroffen waren, schickte er sich an, sie spielen zu lehren, was sie bald leidlich gut erfaßte, da sie sowohl aufgeweckt als verschmitzt

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