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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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auf, näherte sich demütig dem Schließer und fragte, ob es ihm nicht gefällig sei, sie eine Minute anzuhören. Der Schließer, der gerade zur Pointe eines Witzes gekommen war, winkte ihr mit der Hand, noch eine Minute zu schweigen, wenn ihr das Leben lieb sei. Auch zog er seine Hand nicht in ihre frühere Lage zurück, sondern
hielt sie warnend ausgestreckt, bis er seinen Abschnitt beendigt hatte, worauf er ein paar Sekunden lächelnd vor sich hinschaute, als wollte er sagen: ›Dieser Zeitungsschreiber ist ein schnurriger Kauz, ein spaßhafter Kerl‹, und dann fragte er sie, was sie wünsche.
    »Ich habe ihm ein bißchen Essen gebracht«, sagte die gute Frau. »Erlauben Sie wohl, Sir, daß er es nehmen darf?«
    »Ja, das kann er. Es besteht kein Verbot dagegen. Ihr könnt es mir geben, wenn Ihr geht; ich will dann dafür sorgen, daß er es erhält.«
    »Nein, ich bitte um Verzeihung, Sir, aber nehmen Sie's nicht übel, Sir, ich bin seine Mutter, und Sie hatten auch einmal eine Mutter; wenn ich ihn nur ein bißchen davon essen sehen könnte – ich würde viel beruhigter fortgehen und wüßte dann doch, daß es ihm leidlich gutgeht.«
    Und abermals strömten die Tränen von Kits Mutter, von Barbaras Mutter und dem kleinen Jakob. Was das Bübchen betraf, so krähte und lachte es aus Leibeskräften, augenscheinlich weil es meinte, die ganze Szene sei zu seiner persönlichen Belustigung ersonnen und aufgeführt.
    Der Gefängniswärter machte ein Gesicht, als käme ihm das Gesuch etwas sonderbar und ungewöhnlich vor; trotzdem legte er die Zeitung nieder, kam auf Kits Mutter zu, nahm ihr den Korb ab, händigte ihn, nachdem er dessen Inhalt geprüft hatte, Kit ein und verfügte sich wieder an seinen früheren Platz.
    Man kann sich leicht vorstellen, daß der Gefangene keinen besondern Appetit hatte; er setzte sich jedoch auf den Boden und aß, so gut er konnte, während seine Mutter bei jedem Bissen, den er in den Mund steckte, aufs neue schluchzte und weinte, obgleich die Freude über diesen Anblick ihren Kummer sehr beschwichtigte.
    Während dieser Beschäftigung stellte Kit einige ängstliche Fragen über seine Dienstherrschaft, und ob sie sich über ihn geäußert hätte. Aber alles, was er erfahren konnte, bestand darin, daß Herr Abel gestern abend persönlich seiner Mutter die Nachricht mit großer Schonung und Zartheit beigebracht habe, ohne jedoch ein Wort verlauten zu lassen, wie er über Kits Schuld oder Unschuld dachte. Kit war eben im Begriff, seinen ganzen Mut zusammenzunehmen und Barbaras Mutter nach Barbara zu fragen, als der Gefangenenwärter, der ihn hergebracht hatte, wieder erschien, ein zweiter Schließer hinter Kits Angehörigen auftauchte und der dritte Gefangenenwärter mit der Zeitung rief: »Die Zeit ist um!«, indem er zugleich hinzusetzte: »Nächste Partei vor!«, um gleich darauf wieder hinter seinem Blatt zu verschwinden. Kit wurde sogleich fortgeschafft, und ein Segenswunsch von seiner Mutter und ein Schrei des kleinen Jakob hallten in seinen Ohren nach. Als er im Geleite seines früheren Führers, das Körbchen in der Hand, über den nächsten Hof ging, hieß ihn ein anderer Gerichtsdiener stehenbleiben und kam mit einem halben Maßkrug Porter in der Hand heran.
    »Das ist Christoph Nubbles, der gestern abend wegen Veruntreuung hereinkam, nicht wahr?« fragte der Mann.
    Sein Kamerad versetzte, daß dies allerdings der in Frage stehende Zeisig sei.
    »Dann ist hier sein Bier«, sagte der andere Mann zu Christoph. »Warum sieht Er es so an? Es ist kein Freispruch drin.«
    »Ich bitte um Verzeihung«, entgegnete Kit, »wer schickt es mir?«
    »Ei, ein Freund von Ihm«, antwortete der Mann. »Er soll es jeden Tag haben, sagte er. Und so solls auch geschehen, wenn dafür bezahlt wird.«
    »Ein Freund von mir?« wiederholte Kit.
    »Er ist, scheints, ein bißchen aus dem Häuschen«, erwiderte der Mann. »Da ist ein Brief von ihm. Nehm Er.«
    Kit nahm ihn, und als er wieder eingeschlossen war, las er folgendes:
    »Trink aus diesem Becher. Du wirst finden, daß in jedem seiner Tropfen ein Zauber liegt gegen die Gebrechen der Sterblichkeit. Da schwatzt man von dem Labetrunk, der für Helena funkelte! Ihr Becher war ein Traum, aber dieser ist Wirklichkeit (Barclay und Kompanie). Wenn man ihn Dir in einem schalen Zustande schickt, so beklage Dich bei dem Aufseher. Dein R. S.«
    »R. S.?« sagte Kit nach einiger Überlegung. »Das muß Herr Richard Swiveller sein. Nun, es ist sehr freundlich

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