Der Raritätenladen
wiederholt phantasiert habe. Als er zufällig inmitten dieser Betrachtungen die Hand hob, wunderte er sich,
wie schwer sie ihm erschien, obgleich sie in Wirklichkeit doch so abgezehrt und leicht war. Er machte sich jedoch nicht viel daraus und fühlte sich glücklich; und da er gar keine Neugier verspürte, die Sache weiter zu verfolgen, verharrte er in demselben Halbschlummer, bis seine Aufmerksamkeit durch ein Husten geweckt wurde. Dies erregte in ihm Zweifel, ob er auch nachts zuvor seine Tür geschlossen habe, und er war etwas überrascht, daß jemand bei ihm in seiner Kammer sein sollte. Es fehlte ihm jedoch noch immer an Kraft, diesem Gedankenzuge zu folgen, und unwillkürlich begann er, in dem wohltuenden Gefühl der Ruhe schwelgend, einige grüne Streifen auf den Bettvorhängen anzustarren, die er mit grünen Rasenflecken in Verbindung brachte, während ihm der gelbe Grund dazwischen wie Kieswege vorkam, so daß ihm das Ganze zu einer langen Perspektive von zierlich eingesäumten Gärten half.
Seine Phantasie führte ihn auf diesen Wegen umher, und er hatte sich bereits ganz in ihnen verloren, als er abermals husten hörte.
Bei diesem Geräusch wurden die Pfade wieder zu Streifen, und indem er sich im Bett ein wenig aufrichtete und den Vorhang mit einer Hand lüftete, schaute er heraus.
Es war ganz gewiß dasselbe Gemach, und auch die Kerze brannte noch; aber wie groß war das Erstaunen, mit dem sein Blick all diese Flaschen und Becken, das viele Linnen, das am Feuer trocknete, und noch so manche Krankenzimmerartikel umfaßte – alles war sehr rein und nett, aber doch so ganz anders, als es bei seinem Zubettgehen gewesen war! Auch die Luft war von einem erfrischenden Kräuter- und Essiggeruch erfüllt; der Boden mußte eben erst besprengt worden sein; und dort die – was? – die Marquise?
Ja, sie spielte am Tische mit sich Cribbage. Da saß sie, nur auf ihr Spiel achtend, hin und wieder unterdrückt hustend, als
fürchte sie ihn zu stören – Karten mischend, abhebend, ausgebend, spielend, zählend, markierend, kurz, sie vergaß keins der vielen Geheimnisse des Cribbagespieles, als hätte sie von ihrer Wiege an nichts anderes getrieben!
Herr Swiveller betrachtete diese Dinge eine kurze Zeit, ließ dann den Vorhang wieder in seine frühere Lage fallen und legte seinen Kopf auf das Kissen zurück.
»Es ist klar, daß ich träume«, dachte Richard. »Als ich zu Bette ging, waren meine Hände nicht aus Eierschalen gemacht, und jetzt kann ich fast durch sie hindurchsehen. Wenn dies kein Traum ist, so bin ich durch irgendein Mißverständnis statt in einer Londoner in Tausendundeiner Nacht aufgewacht. Aber ich zweifle nicht, daß ich schlafe, nicht im geringsten.«
Hier hustete die kleine Magd abermals.
»Sehr merkwürdig«, dachte Herr Swiveller. »Ich habe doch früher nie im Traum ein so natürliches Husten gehört. In der Tat, ich kann mich nicht erinnern, daß ich je von Husten oder Niesen träumte. Vielleicht gehört es mit zur Theorie der Träume, daß man es nie tut. Jetzt wieder – und noch einmal – wahrlich, ich muß sagen, daß ich etwas lebhaft träume!«
Um sich von der wahren Sachlage zu überzeugen, kniff sich Herr Swiveller nach einiger Überlegung in den Arm.
»Noch sonderbarer!« dachte er. »Ich legte mich doch ziemlich wohlgenährt zu Bett, und jetzt ist gar nichts vorhanden, was ich anfassen könnte. Ich muß doch noch einmal zusehen.«
Das Resultat dieser weiteren Inspektion sollte Herrn Swiveller die Gewißheit bringen, daß die Gegenstände, die ihn umgaben, wirklich wären und daß er sie ohne alle Frage mit wachen Augen sehe.
»Ich sagte es ja«, meditierte Richard weiter, »es ist Tausendundeine Nacht. Ich bin in Damaskus oder Groß-Kairo. Die Marquise ist ein Geist, und da sie mit einem andern Geiste ge
wettet hat, wer der schönste lebende junge Mann und am würdigsten sei, sich mit der Prinzessin von China zu vermählen, hat sie mich samt meinem Zimmer und allen Möbeln entführt, um uns miteinander zu vergleichen. Vielleicht«, sagte Herr Swiveller, indem er sich matt auf seinem Kissen umdrehte und auf die Seite seines Bettes schaute, die der Wand am nächsten war, »ist die Prinzessin immer noch – nein, sie ist fort.«
Nicht ganz zufrieden mit dieser Erklärung, da sie, selbst wenn sie richtig war, jedenfalls noch ein kleines Geheimnis und einen Zweifel in sich schloß, hob Herr Swiveller abermals den Vorhang, fest entschlossen, die erste günstige Gelegenheit
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