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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Tee den Garaus gemacht, als ihm vorsichtigerweise in diesem Stadium der Wiedergenesung gestattet werden konnte. Aber die Sorgfalt der Marquise hatte hiermit noch kein Ende, denn sie verschwand auf einen Augenblick und kehrte alsbald mit einem Becken frischen Wassers zurück, wusch ihm Gesicht und Hände, bürstete sein Haar, kurz, putzte ihn so fein und nett heraus, wie es unter solchen Umständen überhaupt möglich war. Und alles dies geschah so rasch und geschäftsmäßig, als ob er ein ganz kleiner Knabe und sie seine erwachsene Wärterin sei. Diesen verschiedenen Dienstleistungen unterwarf sich
Herr Swiveller mit einer Art dankbarem Erstaunen, für das es keine Worte gibt. Als die Marquise endlich fertig war und sich in eine Ecke zurückgezogen hatte, um ihr eigenes, armseliges Frühstück einzunehmen, das inzwischen kalt genug geworden war, wandte er sein Gesicht einige Augenblicke ab und schüttelte der Luft herzlich die Hand.
    »Meine Herren«, sagte Dick, indem er sich wieder aufraffte und den Kopf umwandte, »Sie werden mich entschuldigen. Wenn man so weit heruntergekommen ist wie ich, so wird man leicht erschöpft. Jetzt bin ich wieder frisch und zum Sprechen bereit. Es geht, wie mit so manchem anderen hier, auch mit den Stühlen knapp her, aber wenn Sie so gut sein wollen, auf dem Bett Platz zu nehmen …«
    »Was können wir für Sie tun?« fragte Herr Garland gütig.
    »Wenn Sie jene Marquise zu einer echten, wirklichen Marquise machen könnten«, entgegnete Dick, »so würde ich Ihnen Dank wissen, wenn Sie es auf der Stelle täten. Da dies aber nicht der Fall ist und es sich nicht darum handelt, was für mich geschehen kann, sondern was Sie für jemand andern tun wollen, der bessere Ansprüche an Sie hat, so bitte ich Sie, mich Ihre Pläne wissen zu lassen.«
    »Wir sind hauptsächlich deshalb hergekommen«, sagte der ledige Herr, »denn Sie werden demnächst auch noch einen andern Besuch erhalten. Wir fürchteten, Sie würden besorgt sein, wenn Sie nicht von uns selbst erführen, welche Schritte wir einzuschlagen gedenken, und kamen deshalb her, ehe noch überhaupt etwas geschehen ist.«
    »Meine Herren«, erwiderte Dick, »ich danke Ihnen. Wenn man in einer so hilflosen Lage ist wie ich, dann wird man natürlich besorgt und ängstlich. Doch lassen Sie sich nicht stören, Sir.«
    »Wohlan denn, Sie sehen, mein lieber Freund«, fuhr der le
dige Herr fort; »wir zweifeln nicht im mindesten an der Wahrheit dieser Enthüllung, die durch die Vorsehung ans Licht gekommen ist.«
    »Sie meinen die Wahrheit ihrer Erzählung?« sagte Dick, auf die Marquise deutend.
    »Natürlich. Wir zweifeln nicht im geringsten an ihr und ebensowenig, daß eine zweckmäßige Ausnutzung derselben die augenblickliche Befreiung und Entlassung des armen Jungen bewirken würde. Trotzdem aber steht es sehr in Frage, ob sie allein genügt, daß wir Quilp als den Haupthebel dieser Schurkerei packen können. Ich muß Ihnen sagen, daß dieses Bedenken durch die Meinungen der besten Autoritäten, die wir in diesem Augenblick zu Rate ziehen konnten, fast zur Gewißheit geworden ist. Sie werden mit uns gleicher Ansicht sein, daß es eine Schmach wäre, ihm nur die entfernteste Möglichkeit des Entkommens zu lassen, wenn wir es verhindern können. Sie werden zweifellos auch sagen, wenn schon irgend jemand entfliehen muß, dann lieber jeder andere, nur nicht er.«
    »Ja«, entgegnete Dick, »gewiß. Das heißt, wenn jemand muß – aber auf mein Wort, ich möchte nicht, daß ein einziger entwischt. Da die Gesetze doch für alle gemacht wurden, um die Laster in mir wie in den andern zu zügeln – und so weiter, Sie wissen ja –, erscheint es Ihnen nicht auch in diesem Lichte?«
    Der ledige Herr lächelte, als ob das Licht, in dem Herr Swiveller die Frage erscheinen ließ, nicht das klarste von der Welt wäre, und schickte sich sofort an, ihm auseinanderzusetzen, daß sie in erster Instanz zur List ihre Zuflucht nehmen müßten und daß es ihre Absicht sei, zu versuchen, ob sich nicht von der zarten Sara ein Geständnis erpressen lasse.
    »Wenn sie sieht, wieviel wir wissen«, fügte er hinzu, »und
wie wir zu dieser Kunde gelangt sind, und daß sie bereits deutlich bloßgestellt ist, dürfen wir ziemlich sicher darauf rechnen, daß es uns mit ihrer Hilfe gelingen wird, die beiden andern einer wirksamen Strafe zuzuführen. Wenn wir das erreichen könnten, dürfte sie meinetwegen frei ausgehen.«
    Dick hörte diesen Vorschlag keineswegs sehr

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