Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
mein Wort und meine Ehre. Aber, bitte, fahren Sie doch weiter – rasch, bitte! Ich bin schon so lange fort, daß er glauben wird, es sei mir etwas geschehen.«
    Herr Abel trieb mechanisch das Pony an. Das Pony, durch irgendeine geheime Sympathie oder durch eine neue Kaprice veranlaßt, ging in einen raschen Galopp über und ließ von ihm, all seiner exzentrischen Leistungen vergessend, nicht eher ab, bis sie an der Tür von Herrn Swivellers Wohnung anlangten, vor der, so unglaublich es klingt, es sich wirklich herabließ, stehenzubleiben, als Herr Abel die Zügel anzog.
    »Sehen Sie, es ist dort oben in jenem Zimmer«, sagte die
Marquise, auf ein Fenster deutend, hinter dem ein mattes Licht brannte. »Kommen Sie!«
    Herr Abel, der einer der einfachsten und schüchternsten Menschen auf Gottes Erde und obendrein von Natur aus sehr furchtsam war, zauderte; denn er hatte von Leuten gehört, die unter Umständen wie diese hier und von Geschöpfen, die der Marquise wohl ähnlich sein mochten – soviel er davon gehört hatte –, in fremde Gegenden gelockt und dort beraubt und ermordet worden waren. Seine Sympathie für Kit jedoch trug den Sieg über alle Bedenken davon. Er vertraute daher das Pony der Obhut eines Mannes, der in der Nähe auf einen derartigen Verdienst wartete, überließ der kleinen Magd seine Hand und gestattete ihr, ihn die dunkeln und engen Treppen hinaufzuführen.
    Er war nicht wenig überrascht, als er fand, daß man ihn in eine düster beleuchtete Krankenkammer wies, in der ein Mensch ruhig in einem Bett schlief.
    »Ist es nicht eine Freude, ihn so ruhig hier liegen zu sehen?« sagte seine Führerin ernst flüsternd. »Oh, gewiß! Sie würden das gleiche sagen, wenn Sie ihn vor zwei oder drei Tagen gesehen hätten.«
    Herr Abel antwortete nicht, sondern hielt sich, aufrichtig gesprochen, in ziemlicher Entfernung von dem Bett und in unmittelbarer Nähe der Tür. Seine Führerin, die sein Widerstreben zu verstehen schien, schneuzte die Kerze und trat, den Leuchter in der Hand, an das Krankenlager. Während sie dies tat, fuhr der Schläfer auf, und Herr Abel erkannte in dem abgemagerten Gesicht die Züge des Herrn Swiveller.
    »Ei, wie kommt das?« sagte Herr Abel freundlich, indem er auf ihn zueilte. »Sind Sie krank gewesen?«
    »Sehr«, versetzte Dick, »auf den Tod. Sie hätten vielleicht von Ihrem Richard gehört, daß er auf der Totenbahre liege,
wenn nicht die Freundin gewesen wäre, die ich ausgeschickt habe, um Sie zu holen. Noch einen Händedruck, Marquise, wenn ich bitten darf. Setzen Sie sich, Sir.«
    Herr Abel schien etwas erstaunt, als er den Rang seiner Führerin erfuhr, und setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett.
    »Ich habe nach Ihnen geschickt, Sir«, sagte Dick. »Ist Ihnen auch bereits mitgeteilt, weswegen?«
    »Ja, und ich bin von alledem so verwirrt, daß ich in der Tat nicht weiß, was ich sagen oder denken soll«, versetzte Herr Abel.
    »Sie werden darüber bald ins klare kommen«, entgegnete Dick. »Marquise, setze dich aufs Bett, ja? Jetzt sage diesem Herrn alles, was du mir erzählt hast, und zwar ganz ausführlich. Ich bitte, sie ja nicht zu unterbrechen, Sir.«
    Die Geschichte wurde wiederholt; sie war in der Tat genau dieselbe wie früher, ohne irgendeine Abweichung oder Lücke. Richard Swiveller verwandte während des Berichts kein Auge von seinem Besucher, und sobald die Marquise zu Ende gekommen war, ergriff er wieder das Wort.
    »Sie haben jetzt alles gehört und werden es nicht wieder vergessen. Es ist mir noch so schwindlig und wunderlich zumute, daß ich keinen Rat erteilen kann; aber Sie und Ihre Freunde werden wissen, was zu tun ist. Nach so langer Zögerung zählt jede Minute für Kit ein Menschenalter. Wenn Sie je in Ihrem Leben schnell nach Hause gefahren sind, so beeilen Sie sich diesen Abend! Halten Sie sich nicht mit weiteren Erwiderungen auf, sondern gehen Sie! Sie ist hier zu finden, sobald man ihrer bedarf; und was mich anbelangt, so darf man mit ziemlicher Sicherheit darauf rechnen, daß man mich die nächsten paar Wochen zu Hause treffen wird. Es gibt dafür mehr als einen Grund. Marquise, nimm das Licht! Wenn Sie noch eine
Minute damit verlieren, daß Sie mich ansehen, Sir, so werde ich es Ihnen nie vergeben!«
    Herr Abel bedurfte keiner weiteren Vorstellung und Überredung. In einem Nu war er fort; und als die Marquise mit dem Licht zurückkam, berichtete sie, daß das Pony ohne irgendwelchen Widerstand in vollem Galopp weitergeeilt sei.
    »So

Weitere Kostenlose Bücher