Der Rat der Planeten - Erweiterte und ueberarbeitete Gesamtausgabe der Space Opera
muss.‹ Der Ikonier schwebte hinter dem Mädchen. Seine Gedanken waren klar und deutlich. ›Ich werde dabei sein müssen, wenn es geschieht.‹
›Wenn was geschieht?‹
›Was geschehen wird, weißt du wohl am besten.‹
»Was tut Ihr da, Kaiserin?« Das Thronario Jovinus umkreiste Anna.
Die Kaiserin des Reiches Altoria hatte den Schleier samt Krone abgesetzt und lag regungslos im Himmelbett ihres Gemaches.
»Ich weine, Jovinus.« Anna blickte kurz auf. »Und ... ich habe vielleicht ein Novum gesehen. Einen Ikonier mit synusischen Fähigkeiten.« Das Mädchen gähnte. »Vielleicht aber habe ich ihn mir nur eingebildet.«
Das Thronario landete unmittelbar neben ihrem Kopf. »Welche Bedeutung hat dieses Weinen, Kaiserin?«
»Ich weiß nicht, Jovinus, ich kann es dir nicht sagen.« Sie schluchzte. »Vielleicht ist das Weinen ein Anfangsstadium der Ohnmacht. Ich weiß nicht warum.«
»Ihr tut es. Doch Ihr wisst nicht, warum Ihr es tut? Dann betrachte ich es als höchst fragwürdig, dass Ihr es tut, Kaiserin.« Das grüne Leuchten des Thronarios schwächte sich ab.
»Ich hatte starken Kontakt mit dem Synus«, flüsterte Anna. »Bisher habe ich mir eingebildet, meine Mutter und mein Vater hätten keine Gefühle mehr, da sie doch tot sind und dem Synus angehören.«
»Und nun?«
»Meine Mutter Gladiola schien mir Abscheu entgegenzubringen. Und bei meinem Vater Adam spürte ich rasenden Hass.« Die Kaiserin stützte ihren Kopf mit einer Hand und blickte das Thronario an. »Jovinus! Glaubst du, dass Tote hassen können?«
Das Thronario zögerte einen Moment die Antwort hinaus. »Der Zustand des Synus ist wissenschaftlich kaum beschrieben und keinesfalls bewiesen. Ich wage daher keine Prognose, ob die im Synus vereinten ehemaligen Menschen überhaupt tot sind. Ich meine, tot im Sinne der Definition des Wortes. Der Tod ist der unwiderrufliche Verlust der für ein Lebewesen charakteristischen und essenziellen Lebensfunktionen. Das besagt die Definition. Entschuldigt, dass ich Eure Frage nicht beantworten kann, Kaiserin.« Jovinus schwebte wenige Zentimeter aufwärts und plumpste wieder neben Annas Kopf auf die weiche Liegefläche. »Jedoch frage ich mich: Worauf könnten Abscheu und Hass beruhen, da sie Euch doch von Wesen entgegengebracht werden, die Euch eher wohlgesinnt waren?«, fragte das Thronario plötzlich. »Vielleicht beantwortet das Eure Frage von allein, Kaiserin?«
Anna erhob sich und wischte sich grüne Tränen von ihren Wangen. Sie bewegte sich durch den Raum und nahm einen Holostick zur Hand. Gleich einem zahmen Tier folgte Jovinus der Kaiserin auf Schritt und Tritt.
»Ist der Raum gesichert?«, flüsterte Anna.
Für den Bruchteil einer Sekunde leuchtete das Thronario grellgrün auf. »Ja, Kaiserin. Der Raum ist komplett gesichert.«
Vorsichtig hielt Anna den Stick in ihrer rechten Handfläche. »Er enthält Aufzeichnungen, die ich meinem Gehirn entnehmen ließ. Sie zeigen die bisher wahrscheinlich einzige Begegnung eines Menschen mit den Heiden. – Spiel die Informationen ab! Jetzt!«
Jovinus holte sich die Aufzeichnungen aus dem Stick, ein Hologramm baute sich auf.
Mit viel Fantasie ließen sich zwei unförmige Wesen erkennen. Interessanter für das Thronario waren jedoch die auditiven Signale der Wesen. Das Erfassen der fremden Gedanken durch Annas Gehirn musste ihnen vorausgegangen sein, so dass die Gedanken schließlich hörbar wurden. So lauschte Jovinus dem Dialog der fremden Wesen mit seiner Kaiserin.
Wesen 1: »Es scheint uns zu begreifen.«
Wesen 2: »Verständnis und Erleuchtung sind unterschiedliche Dinge. Ich weiß nicht, ob es begreift.«
Anna: » Es ist die Kaiserin der Menschen und des Reiches Altoria. Es ist eine Frau. Es hat einen Namen und heißt Anna! – Was aber seid ihr?«
Wesen 1: »Anna ist argwöhnisch. – Ihr nennt uns die Heiden. Muutaapa aber erzählt, wir sind das gespiegelte Sein der anderen Welt.«
Anna: »Was wollt ihr von mir? Warum bin ich hier?«
Wesen 2: »Ich entdeckte dich im Übergang, Anna. Du bist die Erste der anderen , mit der wir spielen können. Viel Arbeit steckt in unserem Versuch, dich zu finden.«
Wesen 1: »Oh ja, unser Spiel. Wir sehen die einen und die anderen. Wir sehen die unbarmherzigen Auseinandersetzungen. Muutaapa sagt, alles ist nicht gut.«
Anna: »Was, bitte, wollt ihr von mir? Was ist nicht gut?«
Wesen 1: »Du bist die Erste der anderen . Und wir wollen wissen, wer von uns beiden die Weitsicht hat. Ein Spiel, Anna,
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