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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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der beiden anderen vollenden würde.
    Sein Verstand speicherte diese Bilder zwischen den Atemzügen und lieferte den Grad an Panik, den er brauchte. Drew stieß sich mit einem Aufschrei vom Schandeck ab und hinterließ Fleischfetzen und Blutspritzer. Der Schmerz war so unglaublich, daß er nichts weiter spürte als seine Finger, wie sie schließlich den Griff des Messers umfaßten, um es dem Toten aus dem Gürtel zu ziehen.
    Sein Blick eilte den Lauf der Harpune entlang, als der erste Taucher begann, den Abzugshebel zu ziehen. Mit einem weiteren Ruck schleuderte Drew das Messer.
    Diese letzte Bewegung war nicht wirklich gesteuert, sondern entsprang der äußersten Verzweiflung. Die Klinge durchschnitt die Luft, als der Finger des Mannes am schweren Hebel der Harpune ruckte. Drew schloß die Augen, weil er glaubte, das Ziel hoffnungslos weit verfehlt zu haben, während der Speer weiterhin auf seine Körpermitte zielte.
    Er öffnete die Augen wieder, als ein Keuchen an sein Ohr drang. Der Mann saß zusammengekrümmt vor ihm und lehnte sich gegen die Kabinenwand. Aus dem Hals ragte der Griff des Messers. Blut strömte heraus. Die Hände flatterten durch die Gegend, als wollten sie etwas greifen. Dann verkrümmten sie, als dem Mann Blut aus Mund und Nase schoß. Die Augen wurden starr.
    Ich habe es geschafft! Doch Erschöpfung und Schmerz verhinderten jedes Gefühl der Freude, das Drew sonst vielleicht empfunden hätte. Vielmehr überkam ihn ein Gefühl der Müdigkeit. Seine Schwimmweste fühlte sich wie ein Kopfkissen an, der Kopf sank zurück, wobei das Kinn einigermaßen bequem zu liegen kam. Er fror am ganzen Leibe, außer dort, wo ihm immer noch Blut über den Rücken und das Bein sickerte. Die beiden aus seinem Körper ragenden Speerspitzen sahen beängstigend aus, aber er hatte sich schon fast daran gewöhnt. Drew hatte gerade angefangen zu glauben, daß er dies trotz allem durchleben könnte, als sich der dritte Taucher an Deck schwang.
    Elliana schritt behutsam durch die dunklen Gänge des Schlosses, wobei sie ihren Weg nur dann mit einer Taschenlampe ausleuchtete, wenn sie Orientierungsprobleme hatte. Da der Rat der Zehn unterirdisch residierte, hatte sie erwartungsgemäß freien Durchgang durch die Hallen, solange sie vorsichtig war und sorgfältig die verschiedenen Stolperdrähte und Lichtschranken mied, die sie verraten hätten.
    Ellie wußte nicht, in welchem Stockwerk sie sich befand – im dritten oder vierten vermutlich, aber das war nicht so wichtig. Dank ihrer Schulung wußte sie, wie Sprengstoff anzubringen ist, um ein Gebäude von jedem Stockwerk aus zum Einsturz zu bringen. Der Trick bestand darin, die Ladungen an Schlüsselstellen des Bauwerks und besonderen Belastungspunkten anzubringen. In diesem Falle mußte vor allen Dingen sichergestellt werden, daß bei einer Sprengung auch und vor allem die unterirdischen Bereiche vernichtet wurden, wo der Rat der Zehn zweifellos sein Hauptquartier hatte. Sechs Packungen ihres Sprengmaterials müßten für diesen Zweck eigentlich reichen, so daß ihr noch zwei Päckchen übrigblieben, falls sie später noch Bedarf dafür haben sollte.
    In jedes der Sprengstoffpäckchen steckte Ellie eine Miniaturantenne, die etwa fünf Zentimeter hervorragte. Eingestellt war die Antenne auf das Signal eines Fernzünders in einigen hundert Metern Entfernung. Den Zünder hatte sie in ihrer Taschenuhr installiert.
    Am sichersten wäre es, die Sprengladungen anzubringen und sie aus sicherer Entfernung außerhalb des Schloßbereichs zu zünden. Dann würde sie aber nicht wirklich sicher sein können, daß es die Ratsmitglieder auch wirklich erwischt hätte. Sie mußte sicher sein, daß sie hier waren, und hierzu bedurfte es des Eindringens in die unterirdischen Gewölbe des Schlosses. Außerdem wollte sie – nach so langwieriger Verfolgung, nach soviel Blutvergießen und Tränen – Davids Mörder von Angesicht zu Angesicht umbringen.
    Ellie brachte die letzte Ladung an und ging langsam auf eine riesige Steintreppe zu, welche die einzelnen Stockwerke miteinander verband. Der erste Stock war dunkler als alle anderen, und beim Durchqueren der Halle war sie doppelt vorsichtig. Das Problem war jetzt, einen Eingang zu den unterirdischen Räumen zu finden, die dem Rat der Zehn als Zentrale dienten.
    Der staubige, mit Spinnengeweben überzogene Fußboden bebte leicht unter ihren Schritten. Zusammen mit dem Nachtwind, der unheimlich durch die seit langem verlassenen Gemächer und

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