Der Rat der Zehn
war.
Demgemäß trug er weiter sein schwarzes, welliges Haar überlang, den unvermeidlichen Tag fürchtend, an dem sich die ersten Anzeichen eines zurückweichenden Haaransatzes zeigen würden. Er trainierte im ›Nautilus‹ und ging regelmäßig joggen, um seinem Körper die jugendliche Spannkraft zu erhalten. Erst kürzlich hatte er die ersten Falten um die Augen herum entdeckt, ein Ereignis, das von keinem geringen Anteil von Paranoia begleitet wurde.
Glücklicherweise gab es die Clyde-Mannschaft, um ihn aufzumuntern und ihn mit einem neuen, willkommenen Betätigungsfeld zu versorgen. Die meisten waren etwa in einem Alter, eine Gruppe von Rechtsanwälten und von Leuten, die in der Politik tätig waren. Leute, die sich regelmäßig versammelten, um sich die Abendstunden zu vertreiben. Viele kamen direkt von der Arbeit, ohne in ihre Wohnungen oder Studios, die sie ihr Zuhause nannten, aber ewig zu meiden schienen, auch nur hereinzuschauen. Was Drew anging, so liebte er sein Studio Ecke 33ste und O-Straße, ein Backsteinhaus, mit Garage. Es störte ihn nicht, daß es etwa fünfzig identische Bauten in einem Umkreis von drei Blocks gab. Im Gegenteil, es gefiel ihm sogar. Für Drew war Clyde ein Lokal, in das er gehen und sicher sein konnte, daß dort eine Menge Leute waren, die er kannte. Er nahm an, daß der Erfolg von Jabbas Hofstaat darin begründet lag, daß er Leuten einen sicheren Platz bot, an dem sie herumlungern konnten, während sie auf andere warteten.
Natürlich gab es da noch Pam. Sie trafen sich nun schon seit sechs Monaten, Drews längste Partnerschaft bisher, und ihre Beziehung war bemerkenswert ungezwungen und angenehm. Das war etwas ganz Neues für Drew, der sich für Beziehungen bislang wenig geeignet gehalten hatte, weil seine bisherigen Partnerinnen entweder zuviel oder zu wenig von ihm verlangt hatten. Mit Pam hatte er die goldene Mitte gefunden. Sie studierte Biochemie auf der anderen Seite der Stadt an der George-Washington-Universität. Sie hatte ihr eigenes Apartment, und selbst als ihre Beziehung ernst wurde, bestand sie darauf, nicht zu ihm zu ziehen. Sie übernachtete regelmäßig bei ihm, meistens am Wochenende. Aber sie hatte ihr eigenes Leben und ließ Drew das seine. Pam meinte, Leute kämen um so besser miteinander aus, je wohler sie sich mit sich selbst fühlten, und Drew hätte ihr nicht stärker beipflichten können.
Sie hatten sich ironischerweise bei Clyde durch einen Freund von Drew kennengelernt, der mit seiner neuen Freundin bei der Bande angeben wollte. Offensichtlich hatte er zu sehr mit ihr angegeben. Drew hatte vielleicht einen Freund verloren, aber Pam war es allemal wert. Ihr war es zu verdanken, daß er sich wohlfühlte und es verwunden hatte, nicht mehr am College zu sein. Die M-Straße war als Krücke nicht mehr so bitter nötig wie früher, obwohl Drew noch nicht ganz ohne Entzugserscheinungen war.
Er fuhr seinen 325 E in die Zufahrt seines Hauses und bemerkte Pams am Straßenrand geparkten Escort. Sie hatte gesagt, daß sie vielleicht kommen würde, um einiges Material durch seinen Computer zu schicken, und Drew war nur zu gern bereit, ihr diesen Gefallen zu tun. Er benötigte den Computer lediglich für die Zusammenstellung der Materialien für sein Buch, das gegenwärtig an einem akuten Fall von Verschleppung litt.
Beim Eintreten bemerkte er, daß nur ein absolutes Minimum an Licht brannte. Pam war eine unermüdliche Verfechterin von Maßnahmen zur Energie-Einsparung. Das Haus bestand aus zwei Etagen mit einer voll eingerichteten Küche, Eß- und Wohnzimmer unten und zwei Schlafzimmern oben. Drew hatte eigentlich das zweite Schlafzimmer in ein Arbeitszimmer verwandeln wollen, aber in der ersten Etage zu arbeiten deprimierte ihn, also verlegte er sein Arbeitszimmer ins Wohnzimmer.
Sein Apple IIe hatte einen Ehrenplatz in der Ecke, und er sah, daß Pam über ihn gebeugt war. Zuerst glaubte er, sie arbeite intensiv. Dann merkte er, daß sie eingedöst war. Er ging hinüber und berührte sanft ihre Schulter.
»Ah«, seufzte sie und öffnete die Augen, »mein Hauswirt kommt zurück. Eine teuflische Maschine hast du da, Boß.«
»Die Arbeit muß ja reichlich langweilig gewesen sein.«
»Nur ermüdend. Wie spät ist es?« Sie reckte ihre Arme.
»Nach eins.«
»Spät.«
»Ich habe mich mit Jabba unterhalten.«
Sie sah ihn genauer an. »Dein Gesicht hat schon besser ausgesehen.«
»Weißt du, da waren diese zwei Typen, und einer von ihnen muß in einen
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