Der Rat der Zehn
Jahren. Aber ich denke immer noch an ihn.«
Sie fielen in Schweigen, und Jabba schlürfte seinen Brandy.
»Weißt du, Jabba, wenn ich daran zurückdenke, dann hab' ich mich nie lebendiger gefühlt als in dem Moment, in dem Mace mich tötete.«
Der dicke Mann rollte mit den Augen. »Deine Worte, mein Junge, reichen aus, um einen Mann dazu zu bringen, sein Trinken noch mal zu überdenken.«
»Nein, laß mich ausreden. Ich war zweiter. All die Profis und Söldnerveteranen – und ich war zweiter. Alles in allem habe ich nie deutlicher ein solches Gefühl der Erfüllung in meinem Leben verspürt.«
»Entschuldige, daß ich solch ein Didaktum nicht begrüße, aber ich erinnere mich an ein zerrissenes Land, an Jungen, nicht viel älter als du, an etwas, Vietnam genannt oder Krieg im allgemeinen …« Jabba zuckte die Achseln. »Aber ich denke, ich sollte dankbar sein für deine Fähigkeiten, die mich auf alle Fälle vor den furchtbaren Rykers gerettet haben. Und wenn ich es mit dir nicht mit renumikalischem Dank vergelten kann, dann laß es mich mit einem Handel ausgleichen. Es muß etwas geben …«
»Eine Frage«, sagte Drew.
»Ah«, holte Jabba Luft und lehnte sich vor. »Das Universum, Georgetown, Politik – für dich, alles.«
»Wer sind die Rykerbrüder wirklich?«
Jabba klopfte Drew mit seiner großen, schlaffen Hand auf die Schulter. »Was du über sie weißt, ist alles, was du wissen mußt. Bezahlte Killer, Vertragsmörder, Männer, die in einer Welt fruchtlosen Tauschhandels herumstümpern …«
»Ich meine die Wahrheit«, unterbrach Drew.
»Weil das alles ist, was du weißt, mußt du es als die Wahrheit betrachten. Der Mensch ist eine außergewöhnliche Kreatur. Ungemein viel von dem, was er verkündet, besteht aus unabsichtlichen und eventualistischen Lügen, weil sein Wissen nicht ausreicht, die absolute Wahrheit zu sagen. Aber lügt er deswegen? Nicht absichtlich, also überhaupt nicht.«
»Aber du gehst meiner Frage absichtlich aus dem Weg, nicht? Komm, Jabba, es gibt keinen Mann und keine Frau, die hier regelmäßig verkehren, die du nicht genau beobachtet hast. Erzähl mir jetzt von den Rykers.«
Jabbas Augenbrauen zuckten. »Du machst dir Sorgen über Racheakte, nicht wahr? Hüte dich. Sie könnten dir das große Formular zum Ausfüllen 1993 geben. Sie arbeiten für die Volkszählung.« Als Drews Gesichtszüge entgleisten, fügte er hinzu: »Ich nehme an, das mindert deine Bewertung von dem, was du getan hast.«
»Es macht mich nicht gerade zum Schwergewichts-Champion.«
»Eine Verkleinerung des heroischen Selbstbildes.« Jabba nippte an seinem Hennessy, das letzte Glas für die Nacht auskostend. »Wären die Rykerbrüder professionelle Killer, könntest du dich fühlen, wie du dich gerne sehen würdest: als wahrhafter Held. Aber es ist nicht so sehr die tatsächliche Bedeutung der Handlung, die zählt, sondern vielmehr deine Bewertung der Dinge. Als du mir zur Hilfe kamst, basierte deine Vorstellung von den Rykers auf den Mythen, die ich genährt habe. Deshalb, in diesem Zusammenhang, war es auch wahr.«
»Hör auf, Worte zu verdrehen.«
»Sie erscheinen meinem brandygetränkten Hirn ganz klar. Ich sage dir, es ist zu Brei geworden, mein Junge. Wenn ich sterbe, werden sie es herausnehmen und darin lauter winzige Hennessy-Etiketten eingraviert vorfinden.«
»Du wechselst das Thema.«
»Was – ich?«
»Wie immer. Wir sprachen über Helden.«
»Ich dachte, wir sprechen über dich?«
»Komm, Jabba, dafür hatten wir zuviele Drinks.«
Der Hutt lächelte ihn an. »Es gibt zwei Dinge, von denen ein Mann niemals genug bekommen kann.« Er klopfte auf seinen Bauch. »Meine ziemlich prodinale Ausstattung macht mich untauglich für das erste, zumal es einen willigen Partner erfordert. Aber das zweite ist Trinken, und das erfordert einfach eine Flasche und ein Glas.«
»Du brauchst lange, um deine Ansicht an den Mann zu bringen.«
»Ansichten entstehen in den Köpfen der Zuhörer, nicht der Sprechenden. Eine wichtige Lektion, mein Junge. Merke sie dir.«
»Deine Antwort auf meine erste Frage war nicht zufriedenstellend.«
»Dann stelle eine andere.«
»Sie betrifft dich.«
Jabba versuchte zu lachen. »Ein so unwürdiges Subjekt …«
»Was hast du wirklich gemacht, bevor du dich hier an dem Tisch bei Clyde niedergelassen hast?«
»Offensichtlich haben dich meine Geschichten von Jahren an einer gar nicht so unangenehmen Universität nicht befriedigt?«
»Nein, haben sie
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