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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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verdecken. Ellie wußte nicht genau, warum sie sich wie ein Mann kleidete. Sie hatte all die Geschichten gehört: Transvestit, lesbisch, sadistisch, pervers. Aber selbst wenn es stimmte: keine von ihnen zählte. Anatoly war im Grunde eine sanfte Seele, die sich im allgemeinen Strom nie wohlgefühlt hatte. Das Anderssein wurde für sie zu einer Lebensweise, die vielen Fetische waren eher Ablenkung als alles andere. »Ich suche uns einen Tisch«, fuhr sie fort.
    »Hier draußen?« wandte Ellie ein.
    »Möchtest du Aufsehen vermeiden oder erregen? Wenn ich dich mit in mein Büro nehme, werden uns Augen folgen. So werden die Leute denken, ich würde nur eine weitere, mögliche … Hosteß interviewen.« Annie musterte sie, die Spitzen ihres falschen Schnurrbarts hoben sich. »Was eigentlich gar keine schlechte Idee wäre …«
    Ellie folgte ihr zu einem großen freigewordenen Tisch neben der Wand in der Nähe der Eingangstür. Ein halbvoller Krug enthielt warmes Bier. An den leeren Gläsern lief noch Schaum herunter.
    »Laß uns Englisch sprechen«, sagte Anatoly, nachdem sie sich gesetzt hatte. »Es wird unser Gespräch erheblich privater machen.«
    »Gerne«, sagte Ellie und fuhr auf englisch fort: »Ich konnte eure Spracheigentümlichkeiten und Eigenarten sowieso noch nie verstehen.«
    Annie fuhr mit zwei Fingern den Hutrand entlang. »Eigenart hat wenig mit Sprache zu tun.«
    »Das meinte ich nicht …«
    Annie lächelte. »Entspanne dich. Mein Sinn für Humor ist nur wieder durchgekommen. Ich bin gerne anders. Es hält die Leute davon ab zu merken, wer ich wirklich bin. Du solltest alles darüber wissen.«
    »Das tue ich wohl auch.«
    »Aber du bist nicht für Vergleiche hergekommen. Du bist hinter Informationen her, und ich glaube, ich habe welche für dich.« Anatoly lehnte sich vor, nahe genug, daß Ellie die Spitzen ihres kurzgeschorenen dunklen Haars unter ihrem Schlapphut sehen konnte. »Ich habe Informationen über einen Mann bekommen, der auf dem Markt ungewöhnliche Ware sucht.«
    »Ich höre.«
    »Er ist Franzose, aber er wohnt in einer spanischen Stadt namens Getaria. Das ist an der baskischen Küste, in der Provinz Vizcaya. Der Mann ist hinter Transportflugzeugen her.«
    »Transportflugzeuge?«
    Annie nickte. »Ja. Riesige. Je größer, desto besser. Der Preis spielt keine Rolle.«
    »Der Preis spielt immer eine Rolle.«
    »Für diesen Mann offensichtlich nicht. Die Beschaffung ist viel wichtiger. Nach meiner Schätzung hat er schon hundert oder mehr Flugzeuge gekauft, mit denen man Tausende von einem Kontinent zum anderen befördern könnte.«
    »So etwas habe ich noch nie gehört«, erwiderte Ellie, während es in ihrem Rücken leicht kribbelte. »Aber was hat der Rat damit zu tun?«
    Anatoly lächelte. »Wie ein Kunde von meinen Mädchen – du siehst nur die Oberfläche. Blick darunter, Liebes.«
    »Gut, wo werden diese Flugzeuge, wenn sie erst einmal geliefert werden, gelagert?«
    »Nicht in einer bestimmten Stadt oder einem bestimmten Land. Spanien, Italien, Westdeutschland, im Mittleren Osten, Südafrika. Die Auswahl ist offensichtlich eher strategischer Natur als zufällig.«
    »Mit welchem Zweck?«
    »Benutze deine Phantasie.«
    Ellie überlegte kurz. »Eine Art bewaffnete Invasion, würde ich sagen – aber wo?«
    Anatoly zögerte. »Die Transporter mußten einen weiten Flugradius haben.«
    Ellie fröstelte. »Amerika? Jemand hat vor, Amerika anzugreifen?«
    »Nicht einfach irgend jemand, Liebes.«
    »Der Rat! Du hast Beweise für seine Existenz, nicht, Annie?«
    »Nichts Konkretes, Liebes, nur die paar Fäden, die ich dir gegeben habe. Die gesamte Operation wurde mit so großer Geheimhaltung durchgeführt, wie ich es noch nie erlebt habe. Weitere Informationen scheint es nicht zu geben. Lauter lose Enden.«
    Ellie nickte. »Das würde passen. So hat der Rat immer operiert. Selbst diese eine Spur ist schon ein Wunder.« Dann kam ihr ein Gedanke. »Aber das kann nur eins bedeuten.«
    »Was?«
    »Ein Paradoxon, Annie. Die Transportflugzeuge bedeuten – falls der Rat dahintersteckt – sein Auftauchen aus der Anonymität. Ich war mir immer sicher, daß sie nicht an die Oberfläche kommen würden, bis sie die Mittel haben, ihren Meisterplan auszuführen.«
    »Die Transporter?«
    »Sicherlich ein Teil des Planes. Der Rat ist wie eine Hydra: Viele Köpfe arbeiten als einer, aber in verschiedene Richtungen gleichzeitig. Die Transportflugzeuge sind immerhin etwas, um anzufangen. Dieser

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