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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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nehmen. Ellie intervenierte. Die Mörder wurden vor ein höheres Gericht gestellt; ihre Körper wurden, soweit Ellie wußte, nie wiedergefunden.
    Elliana hielt Beziehungen zu einer Reihe von Leuten wie Anatoly, die ihr solche Gefallen schuldeten, in der ganzen Welt aufrecht. Meistens wurden sie erwidert, durch wichtige Informationen etwa, sobald es welche gab. Annie war eine der verschiedenen Personen, die Ellie speziell auf den Rat der Zehn angesetzt hatte, indem sie ihnen gesagt hatte, worauf sie achten sollten. Anatolys Nachricht, sie habe etwas herausgefunden, hatte Elliana kurz vor Moshes Rückruf erreicht.
    Als der Wind erneut aufpeitschte, hielt Ellie ihren Mantelkragen zusammen, um ihren Hals vor der Kälte zu schützen. Glücklicherweise war Annies Bar nur noch einen Block weit entfernt, und Ellie ging von der Hoysterstraße in eine schmale Gasse, in der ›Freunde und Mehr‹ lag. Die kommunistischen Restriktionen verboten selbst Anatoly eine große Aufschrift oder Markise, aber die sanfte Musik und die gemischten Wortfetzen sagten Ellie, daß ihr Orientierungsvermögen in Ordnung war. Der Eingang bestand aus solidem Holz, war fensterlos und stellte eine Tür zu einer völlig anderen Welt dar.
    Es gab keinen Portier, und Ellie konnte ungehindert und unbemerkt hineinschlüpfen. Der Raum war kleiner, als sie ihn in Erinnerung hatte. Die meisten der Gäste drängten sich in kleinen Gruppen um runde Tische. Andere standen zusammengedrängt in den Durchgängen, Männer, mit Frauen unlustig sich unterhaltend, um vielleicht ins Geschäft zu kommen, während diese eher an Drinks an der Bar interessiert waren. Die Beleuchtung war typisch sanft. Rauchwolken stiegen zur Decke. Das alles hatte viel von einer amerikanischen oder israelischen Bar, ausgenommen die gedämpften Stimmen und die gesenkten Blicke. Viele Gäste wollten auf ihre Anwesenheit offensichtlich nicht unnötig hinweisen.
    Elliana bahnte sich ihren Weg durch die Menge, lächelte höflich und bat in Tschechisch, wenn nötig, um Entschuldigung. Sie spürte die Blicke zahlreicher Männer, die sie taxierten, als schätzten sie ihren Preis, aber sie sah keinem in die Augen, während sie sich vorwärts zur Bar drängte. Es war wärmer hier hinten, und sie schlüpfte aus einem der Ärmel ihres Mantels, als sie schließlich die Aufmerksamkeit des Barmannes erlangte.
    »Einen dreifachen Wodka ohne Eis«, sagte sie ihm.
    Der Mann musterte sie schnell und nickte. Das war das Zeichen, das sie nach den Anweisungen von Anatoly benutzen sollte. Der Barmann machte die Drinks fertig, an denen er gerade gearbeitet hatte, und goß dann ihren ein. Ellie konnte nicht sehen, wie er den hinter den Glasreihen versteckten Knopf drückte.
    Eine Minute nachdem ihr Drink vor sie hingestellt worden war, erblickte sie die Gestalt in Weiß, die um die Bartheke auf sie zuglitt.
    »Ellie, meine Liebe, wie schön, dich zu sehen!«
    Anatoly hatte sich nicht verändert, wenigstens nicht sehr. Sie trug einen locker sitzenden weißen Männeranzug mit einem schwarz eingefaßten Hut, der tief in das Gesicht gezogen war. Ein falscher Schnurrbart war über ihre Oberlippe angeklebt, in der rechten Hand trug sie eine Zigarette in einer goldenen Zigarettenspitze. Ihre gesamte Ausstattung war bis hin zum Hemd und der gestreiften Seidenkrawatte perfekt aufeinander abgestimmt.
    Elliana löste sich von der Bar und bekämpfte ihr Unbehagen, als die kleinere Annie sie in eine enge Umarmung zog.
    »Es ist auch schön, dich zu sehen, Annie.«
    Anatoly löste sich und hielt Ellie an den Schultern auf Armeslänge. »Sag mir, Liebes, wie sehe ich aus?«
    »Sensationell.«
    »Älter?«
    »Kein bißchen.«
    Anatoly umarmte sie noch mal. »Du bist eine Wohltat, Ellie. Wenn es nur mehr wie dich hier gäbe …«
    Ellies Augen schweiften durch den Raum. »Du scheinst Erfolg zu haben.«
    »Nur geschäftlich, Liebes. Freunde sind ein seltener Preis. Vertrauen, verstehst du, existiert in diesem Teil der Welt nicht. Aber es ist die einzige Welt, die ich kenne.« Ihre Augen verdunkelten sich. »Nicht älter, du bist sicher?«
    Anatoly lächelte, und für einen Moment fürchtete Ellie, ihre dicke Make-up-Maske könnte zerbröckeln.
    »Dann laß uns reden«, sagte Annie. Sie gingen unter eine der Lampen. Erst jetzt fiel Ellie auf, wie sehr die Augen ihrer Freundin eingesunken waren. Anatoly mußte jetzt etwa fünfzig sein, mit all den Falten, die das mit sich bringt. Mehr und immer mehr Make-up wurde notwendig, sie zu

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