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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Gebirgsrinnen. Vor dem Unterholz hielten die beiden Frauen kurz inne.
    »Ich werde mit meiner Mutter reden«, sagte Terry und ging auf die Hütte zu.
    Elliana verschränkte die Arme. Die Bergluft war kalt, und es wehte ein frischer Wind. Sie trug nur eine dünne Jacke, die kaum schützte. Um sich abzulenken, konzentrierte sie sich auf die Hütte. Sie war aus Stein und Holz gebaut und offensichtlich sehr alt. Aber sie war solide konstruiert, mit einem Schornstein, der aus dem Dach herausragte und Rauchwolken ausstieß, so grau wie die Nacht vor einer Stunde.
    Terry trat langsam aus der Tür heraus. Das Gewehr, das sie an einem Gurt über der Schulter getragen hatte, hatte sie abgelegt.
    »Meine Mutter will Sie sehen«, sagte sie. »Aber sie ist müde und alt und spricht einen spanischen Dialekt, den Sie vielleicht nicht verstehen. Wenn Sie möchten, kann ich übersetzen oder wiederholen, was Sie nicht mitbekommen. Sie hat ihre Gedanken nicht beisammen, und wir müssen die Dinge, die sie sagt, so gut es geht zusammenfügen. Kommen Sie.«
    Elliana folgte Terry in die Hütte. Zuerst bemerkte sie die Hunde; offensichtlich Bulldoggen, riesige Tiere mit Gebissen, die wahrscheinlich Stahl trennen konnten. Es waren zwei Hunde, an jeder Türseite einer, und beide hefteten ihre wachsamen Blicke auf sie, als sie hinter Terry eintrat. Maria Carvera saß auf einem Holzstuhl nahe beim wärmenden Feuer in der Ecke. Ihre Gestalt war welk und zerbrechlich, ihre dünnen Arme umklammerten den Stuhl, als ob es für den Rest des Lebens wäre. Sie hatte dünnes weißes Haar, das mit einem adretten Knoten oben auf dem Kopf zusammengebunden war.
    Elliana trat näher und wich dann erschrocken zurück. Die Augenlider der alten Frau waren dick vernarbt und tief eingesunken. Sie versuchte gar nicht erst zu erraten, was man ihr angetan hatte, und wollte es auch gar nicht wissen. Die alte Frau hob den Kopf, als wollte sie zu ihr aufsehen.
    »Bring sie hierher«, bat Maria ihre Tochter in kehligem Spanisch, das Ellie gut verstehen konnte. »Ich möchte der Person nahe sein, die noch nicht lange auf diesem Fleckchen Erde ist.«
    Terry nickte, und Elliana näherte sich der alten Frau bis auf Armlänge.
    »Sie sind wegen des Labors gekommen«, sagte die alte Frau. »Ich wußte es, schon bevor Teresa davon erzählte.«
    »Wieso?«
    »Weil es nur eine Frage der Zeit war, bis jemand kommen mußte.« Die alte Frau hob ihren Kopf, als wollte sie mit ihren leeren Augenhöhlen in Ellies Augen sehen. »Das wird Ihren Tod bedeuten, wissen Sie.«
    Ellie wich dem nicht existierenden Blick aus. »Das Labor hinter der Fabrik … Sie haben dort gearbeitet?«
    Die alte Frau nickte. »Zwei Jahre lang während des sechsjährigen Betriebes, die letzten zwei Jahre. Die Bezahlung war sehr gut, die beste in der Gegend, und ich war eine der wenigen mit Empfehlungsschreiben.«
    »Empfehlungsschreiben?«
    »Als Krankenschwester. Ich verstand etwas von Chemikalien, von Sterilisationsverfahren.«
    »Sie haben mit Chemikalien gearbeitet?«
    »Wir alle. Es gab mehrere Abteilungen. In den zwei Jahren habe ich drei kennengelernt. Warum interessiert Sie das?«
    »Weil ich herausfinden muß, was dort hergestellt wurde.«
    Plötzlich stieß Maria Carvera ihren Arm hervor und umklammerte mit knochigem Griff Ellies Handgelenk. »Sie sind stark, das fühle ich. Aber ich fühle auch Ihre Angst.«
    »Und ich fühle Ihre.«
    »Das ist das Alter, Mädchen. Lahme Knochen, die nicht mehr wollen. Allerdings waren sie bis vor vier Monaten, als man mir dies antat, noch nicht lahm.«
    »Wer hat Ihnen dies angetan?«
    »Eine Macht, stärker als alles, was wir kennen. Ich hatte etwas gesehen, ich wußte etwas. Deshalb mußten sie mir das Augenlicht nehmen. Ich schwor ihnen Rache. Ich kam hierher und betete zu Gott, er möge mir einen Rächer schicken.« Die alte Frau umschloß Ellies Handgelenk noch fester. »Vielleicht sind Sie dieser Rächer?«
    »Erzählen Sie mir mehr über diese Macht?«
    Die alte Frau verkniff ihr graues Gesicht. »Stellen Sie zu viele Fragen, und es erwartet Sie das gleiche Schicksal. Oder ein schlimmeres. Verstehen Sie – sie wollten mich töten. Das war zwei Wochen nach Schließung der Fabrik, zwei Wochen, nachdem ich ihn wiedersah. Ich arbeitete wieder in einem Krankenhaus nahe Barcelona. Zwei Männer überfielen mich eines Nachts. Der eine hielt mich fest, während der andere eine Spritze hervorholte. Ich strauchelte und wäre fast entkommen. Einer von ihnen griff

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