Der Rat der Zehn
Schoß gehalten hatte. Darin befand sich das Päckchen mit weißem Pulver, das er aus dem Apartment in Nassau mitgenommen hatte.
In den letzten Minuten vor der Landung lief vor seinem inneren Auge noch einmal wie ein Film ab, was sich erreignet hatte, seit er von der Paradise-Island-Brücke gesprungen und fröstelnd nach Cable Beach geschwommen war. Er erreichte den kalten, ungemütlichen Strand und zitterte vor Angst und vor Kälte. Zunächst hatten die Einheimischen ihn umbringen wollen, dann der Riese mit dem Enterhaken als Hand. Beide Male war er nur knapp dem Tod entronnen. Er war auf sein Hotel zugelaufen, wünschte sich nichts sehnlicher als eine heiße Dusche und daß die tiefen Wunden auf seinem Rücken und der Brust, die der Haken aufgerissen hatte, nicht mehr schmerzten. Dann arbeitete sein Verstand wieder, und er war sofort wieder Herr der Lage.
Am Potters Cay hatte ihm der gelbäugige Mann von der Tasche mit dem weißen Pulver erzählt, die sich in der Küche seines Apartments unter den gelockerten Fußbodenbrettern befand.
Morgen würde man das Apartment sicher schon überwachen. Er mußte handeln, solange der Gegner noch unvorbereitet war, wenn er das geheimnisvolle Pulver in seinen Besitz bringen wollte. Und das Pulver mußte der Schlüssel sein, der Schlüssel zu dem, was er und Trelana suchten. Es handelte sich hier um mehr als nur um Drogen – es hatte sich immer um mehr gehandelt.
Er gab sich einen Ruck und kehrte in das Viertel von Nassau zurück, in dem das Apartment lag. Für einen kurzen Augenblick war seine Erinnerung weg, war aber rechtzeitig wieder da, bevor Panik einsetzte. Er fand den kleinen Laden, der dem Apartmenthaus vorgebaut war, wartete aber mehrere Minuten, bevor er hineinging. Er fürchtete, daß weitere dieser Einheimischen, etwa der große Kahlköpfige, im Haus sein könnten. Schließlich trat er mit angehaltenem Atem ein. Das Apartment war verlassen. Es dauerte nicht lange, bis er die beschriebenen Bodenbretter und die darunter liegende Tasche mit Pulver fand.
Anschließend war es ein Problem, von der Insel wegzukommen. Der Gegner kannte ihn und wußte, wo er sich aufhielt. Man würde ihn beobachten und abwarten, bis er einen Fehler machte, um dann zuzupacken. Er brauchte einen Plan für eine sichere Flucht.
Überraschend schnell hatte er eine Antwort gefunden. Der Gegner konnte ihn nur wieder aufspüren, wenn er auf seine Rückkehr ins Hotel wartete, also würde er einfach nicht zurückgehen. Er fand in der Innenstadt von Nassau einen Laden, der nachts geöffnet hatte, und kaufte sich ein Hemd zum Wechseln, ein Paar Sandalen als Ersatz für seine Schuhe, von denen er einen verloren hatte, Verbandszeug und Salbe für seine Wunden sowie eine Tasche, um das weiße Pulver zu verstauen. Dann stieg er in einem kleinen Motel ab und bat um einen Weckruf für sieben Uhr morgens.
Bevor er sich hinlegte, rief er Trelana an, um ihm mitzuteilen, daß er am nächsten Tag kommen würde. Die Anweisungen lauteten, nach der Ankunft in Miami wieder anzurufen. Pläne würden ausgearbeitet, um ihn in Sicherheit zu bringen. Das weiße Pulver, was immer es auch sein mochte, wurde nicht erwähnt.
Einige Zeit später kam Drew zu der Überzeugung, daß der Gegner den Flughafen streng beobachten würde. Deshalb kamen Flugzeuge für die Flucht nicht in Frage – zumindest keine Flüge ab Nassau. Freeport war eine andere Möglichkeit. Am nächsten Morgen setzte ihn ein Taxi am Hauptpier von Nassau ab, wo Boote gemietet werden konnten. Noch vor halb neun hatte er es sich unter der heißen Sonne auf einer Vergnügungsyacht gemütlich gemacht, die mit neun anderen Passagieren nach Freeport unterwegs war.
Es war eine lange, aber sichere Reise. In Freeport angekommen, begab sich Drew sofort zum Flughafen und bestieg die nächste Maschine nach Miami. Sie hob kurz vor acht Uhr abends ab. Endlich war er unterwegs. Seine Koffer waren im Cable-Beach-Hotel zurückgeblieben, da keine Möglichkeit bestanden hatte, sie abzuholen oder überbringen zu lassen. Er hatte kaum noch etwas von dem Geld übrig, mit dem Trelana ihn versorgt hatte, und hoffte nur, daß ihm das nicht noch zusätzliche Probleme bescheren würde.
Er würde den Flughafen von Miami zu einer Zeit erreichen, zu der genug Betrieb herrschte, um sich in der Masse der vielen anderen Reisenden zu verbergen. Jedenfalls konnte der Gegner nicht jeden ankommenden Flug an jedem Flugsteig überwachen. Aus der erstbesten Telefonzelle würde er
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