Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
Vom Netzwerk:
dort beherbergten gleichzeitig Schmuckgeschäfte, das wusste Hawkwood. Clerkenwell war das Einkaufsviertel der Armen, der Strand das der Reichen.
    »Und wann sind Sie dort angekommen?«
    »Etwa eine halbe Stunde später.«
    »War noch jemand in der Werkstatt?«
    »Nur Mr. Knibbs. Ach ja, und der junge Quigley.«
    »Wer sind die beiden?«
    »Mr. Knibbs ist Master Woodburns Geselle und vertritt ihn während seiner Abwesenheit. Manchmal wird in der Werkstatt länger gearbeitet, dann schließt Mr. Knibbs ab.«
    »Und dieser Quigley? Was macht er?«
    »Alles Mögliche, wie Nachrichten überbringen, aufräumen, kehren und andere Handlangerdienste. Nachts bewacht er auch die Werkstatt und schläft auf einer Matratze in einem der Lagerräume.«
    »Ist er ein Lehrling?«
    Hobb schien diese Frage zu überraschen. »Du meine Güte, nein, Sir. Er ist Mr. Knibbs’ Neffe«, und fügte dann mit einem bedauernden Lächeln hinzu: »Wissen Sie … na ja, der Junge ist ein bisschen langsam. Es ist nur der Güte des Masters zu verdanken, dass er sich nicht auf der Straße rumtreiben muss. Oh, verstehen Sie mich nicht falsch, Mr. Hawkwood«, erläuterte Hobb hastig. »Er hat nie etwas angestellt, er ist ein braver Junge. Aber zum Lehrling taugt er leider nicht.«
    Hawkwood dachte kurz über diese Information nach, ehe er weiterfragte: »Ich nehme an, Sie haben sich bei Mr. Knibbs erkundigt, wo Master Woodburn stecken könnte?«
    »Ja, natürlich. Er hat mir gesagt, der Master habe zur gewohnten Stunde die Werkstatt verlassen. Kurz nach halb sechs, wie immer.«
    »Ist er allein weggegangen?«
    »Mr. Knibbs hat mir versichert, er sei nicht in Begleitung gewesen.«
    »Und wie kommt er gewöhnlich nach Hause? Mit der Kutsche?«
    »Nein. Wenn es das Wetter zulässt, geht er zu Fuß. Der Master war … ist … sehr rüstig für sein Alter«, sagte der Diener und errötete wegen seines verbalen Ausrutschers.
    Hawkwood ging nicht darauf ein, sondern fragte weiter: »Als Master Woodburn an jenem Morgen das Haus verließ, hat er da Ihnen gegenüber angedeutet, dass er sich mit jemandem treffen wolle?«
    Der Diener versteifte sich. »Es gehört nicht zu den Gewohnheiten des Masters, mit den Mitgliedern des Haushalts über seine Verabredungen zu sprechen, Sir.«
    Die gereizte Reaktion des Dieners erinnerte Hawkwood daran, dass trotz der Sorge um ihren Arbeitgeber und die offensichtliche Zuneigung für dessen Enkelin die Hobbs letztendlich nicht zur Familie gehörten, sondern nur Diener waren. Und Dienstboten kannten mehr als andere ihren Platz.
    »Trotzdem könnten Sie zufällig etwas gehört haben.«
    Mr. Hobbs Gesichtsausdruck machte Hawkwood klar, dass ihm nochmals ein unverzeihlicher Fehler unterlaufen war. Genauso gut hätte er einen Priester bitten können, das Beichtgeheimnis zu verletzen. Aber Hawkwood wusste, dass Dienstboten kaum etwas verborgen blieb, was im Umfeld ihrer Herrschaft vor sich ging, und sie Gesprächsfetzen und Gerüchte aufschnappten, die wertvolle Hinweise enthalten konnten. Von den Hobbs hingegen waren offensichtlich keine Enthüllungen zu erwarten. Sie zeigten sich nur zutiefst besorgt über das Verschwinden ihres Dienstherrn.
    Von der Werkstatt aus war Luther Hobb direkt nach Hause gegangen und hatte gehofft, seinen Herrn dort anzutreffen. Da dies nicht der Fall gewesen war, hatte er sich sofort auf den Weg zur Bow Street gemacht und Woodburn bei Officer Warlock als vermisst gemeldet. Der Runner hatte den Diener in das Wohnhaus am Strand begleitet. Mittlerweile war es acht Uhr abends geworden, und der gesamte Haushalt war wegen der verständlichen Besorgnis um den Verbleib des Hausherrn ziemlich in Aufruhr gewesen.
    »Als Officer Warlock wieder gegangen ist, hat er Ihnen da mitgeteilt, welche Schritte er zu unternehmen gedachte?«
    »Er hat uns nur gesagt, dass er selbst in der Werkstatt nachfragen werde.«
    »Aber da war es doch schon spät und die Werkstatt geschlossen.«
    »Ich dachte, er würde am nächsten Morgen hingehen.«
    »Und da haben Sie Officer Warlock das letzte Mal gesehen?«
    Der Diener nickte nur.
    »Kam es Ihnen nicht merkwürdig vor, dass Sie seitdem von Officer Warlock nichts mehr gehört haben?«
    »Um ehrlich zu sein, Mr. Hawkwood, wir haben uns schon gewundert«, murmelte Luther Hobb sichtlich verlegen.
    »Und Sie haben nichts unternommen?«
    »Wir dachten, das stehe uns nicht zu.«
    Hawkwood fluchte zwar stumm, konnte aber die Zurückhaltung der Hobbs verstehen. Es gehörte sich für

Weitere Kostenlose Bücher