Der Rauchsalon
zu
spät, und ich hoffe inständig, daß es Ihnen gelingen wird, Professor Ormsby
davon abzuhalten, die Möbel anzuknabbern.«
Als sie in die Küche kam, war Mariposa
in ihrem neuen purpurroten Kleid mit der Fuchsienborte gerade dabei, die Gläser
auszuspülen, und sie war außer sich.
»Warum haben Sie mir nicht gesagt, daß
die ganzen Leute heute mittag hierherkommen würden? Ich hätte doch hierbleiben
können.«
»Das habe ich doch selbst nicht gewußt«,
log Sarah. »Miss Hartler hat sie eingeladen, ohne mich zu fragen.«
»Die hat ja Nerven! Wo ist die alte
Hexe überhaupt? Ich habe große Lust, der mal ganz gehörig den Marsch zu
blasen.«
»Lassen Sie nur, Mariposa, sie ist weg
und wird nicht wiederkommen. Sind Sie so nett und decken bitte den Tisch für
sechs Personen? Wir haben heute eine Menge Vorspeisen und kaum etwas für das
Abendessen.«
Sarah verwandelte schnell die Reste des
Beerdigungsempfangs in ein beeindruckendes Arrangement von Cocktailhäppchen und
füllte die Karaffe mit der letzten Flasche Sherry, die sie noch hatte. Sie
öffnete einige Dosen Erbsen- und Tomatensuppe für ein Purée mongole, erforschte kurz ihren Kühlschrank und leerte alles, was sie finden konnte, in
eine große Kasserolle, streute Käse darüber und schob die Mischung in den
Backofen. Sie teilte einen Salatkopf in Portionen und goß etwas von ihrer
bereits fertigen Vinaigrette darüber. Mariposa konnte ihren Notvorrat an
Vanilleeis aus der Truhe holen und auf Parfaitgläser verteilen, Crème de menthe
darübergießen und ein paar kleingehackte Nüsse darübergeben. Es war das
schnellste Essen, das sie je zubereitet hatte, und — so Gott wollte — war es
sogar eßbar.
Sie lief heimlich über die Hintertreppe
nach oben, duschte sich rasch, band ihr hellbraunes Haar zu einem Knoten
zusammen und zog sich das hübsche graue Satinkleid an, das sie von Tante Emma
bekommen hatte. Da sie reichlich spät war, überraschte es sie kaum, daß ihre
kleine Gruppe bereits auf sie wartete, als sie zurück zur Bibliothek kam.
Charles fungierte als Gastgeber, und Mariposa, so hoffte sie wenigstens, war
wieder in der Küche, rührte die Suppe und bereitete den Nachtisch vor. Mr.
Porter-Smith trug einen Smoking und einen düsteren Kummerbund, dem traurigen
Anlaß entsprechend, der, wie er offensichtlich angenommen hatte, den heutigen
Abend überschatten würde. Er schaute daher Mrs. Sorpende völlig sprachlos an,
als sie mit ihrer leuchtenden Mohnblüte erschien.
Doch Sarah brachte das schnell wieder
in Ordnung. »Oh, wie nett von Ihnen, daß Sie die Blume angesteckt haben! Ich
hatte Mrs. Sorpende nämlich gesagt, daß ich heute abend unbedingt ein wenig
Farbe brauche«, erklärte sie den Anwesenden. »Sie werden bestimmt nicht
glauben, was heute in diesem Zimmer alles passiert ist. Mr. Bittersohn, würden
Sie bitte-« Doch seine Augen verdunkelten sich, und sie konnte sich unter
seinem intensiven stahlgrauen Blick gerade noch rechtzeitig fangen. »Oh, Sie
haben schon alle Ihren Sherry. Bitte verzeihen Sie mir, daß ich so nervös
scheine. Aber ich bin wirklich aufgeregt. Charles, sagen Sie bitte Mariposa,
sie soll das Gas unter der Suppe kleinstellen und schnell herkommen, dann
brauche ich die ganze Geschichte nicht noch einmal erzählen. Professor Ormsby,
warum nehmen Sie sich nicht noch ein paar von diesen Häppchen mit Pâté? Ich
befürchte, daß unser Abendessen heute etwas später als sonst stattfindet,
obwohl wir wirklich versuchen, so schnell wie möglich fertigzuwerden.«
»Keine Eile«, sagte Professor Ormsby
mit vollem Mund, wortreich wie immer. »Muß heute abend nirgends mehr hin. Wo
ist denn unsere Niobe? Ihre Tür steht offen.«
»Da haben Sie recht. Ich fürchte, ich
habe vergessen, sie zu schließen. Das Zimmer war früher unser Salon, wie ich
vielleicht schon erwähnt habe, und wir haben den Raum heute gebraucht, weil
nach der Beerdigung so viele Menschen hergekommen sind. Deswegen haben wir uns
auch so verspätet. Es war Miss Hartlers Idee, die Leute alle einzuladen, ohne
mir vorher Bescheid zu sagen. Offenbar hatte sie eine Menge Ideen.«
Sarah nippte an ihrem eigenen Sherry,
bis Mariposa sich mit flatternden Häubchenbändern und großen Augen zu ihnen
gesellt hatte. Dann begann sie zu erzählen. Durch zahlreiche Einwürfe wie »Das
ist ja schrecklich!« von Miss LaValliere und präzise Fragen von Mr. Porter-Smith
dauerte es sehr lange. Sie hatten bereits die Vorspeisen und die Suppe gegessen
und waren dabei,
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